Der deutsche Todestrieb
Das Land setzt den Fortbestand seiner Kultur, ja sogar seine physische Existenz aufs Spiel — Ursache könnte ein unbewusstes Bußbemühen sein.
Der Mensch versucht, Glück herbeizuführen und Leid zu vermeiden. Man findet diese einfache Philosophie im Utilitarismus, im Buddhismus wie auch ansatzweise im Amtseid des Bundeskanzlers. Es scheint sich dabei um die natürlichste Form der Lebenskunst zu handeln — individuell wie kollektiv. Anders, wenn es sich bei diesen Menschen um Deutsche handelt. Wieder und wieder scheinen „wir“ uns selbst ein Bein zu stellen, setzen unsere Interessen nicht selbstbewusst gegen den plumpen Egoismus anderer durch, lassen uns überrollen, demütigen, an den Rand drängen, verbinden uns mit den destruktiven Projekten wild gewordener Nationen, hadern mit uns bis zum Selbsthass. Dergleichen auch nur kritisch anzumerken, gilt in korrekten Kreisen bereits als „rechts“. Dabei hat die Besinnung auf eigene Interessen nichts mit der Ablehnung anderer Kulturen zu tun. Es ist leicht, in diesem selbstschädigenden Verhalten einen Reflex auf die Schuld vieler unserer Vorfahren in der Zeit des Nationalsozialismus zu erkennen. Vielleicht reichen die Ursachen der deutschen Neurose aber noch tiefer. Es wird Zeit, sich solche inneren Prozesse bewusst zu machen und die kollektiven Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Denn inzwischen besteht die Gefahr, dass uns Politiker, denen sich viele aus einem dumpfen Selbstzerstörungsimpuls heraus anvertraut haben, in den Abgrund reißen. Es droht eine Dystopie der Massenarmut und Unfreiheit, vielleicht sogar ein großer Krieg, der dann „endlich“ beenden würde, was wir schon lange nicht mehr mit vollem Herzen bejahen konnten: unsere Existenz als Deutsche.