Kriege

Deutsche Soldaten wählen Bombenziele in Libyen aus. Beteiligung an Massaker möglich

Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.

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Von REDAKTION, 19. August 2011 –

Wie das Verteidigungsministerium auf eine parlamentarische Anfrage mitteilte, ist die Bundeswehr mit insgesamt elf Soldaten in den zuständigen NATO-Hauptquartieren in Norditalien unter anderem bei der Auswahl von Zielen für die Luftangriffe auf Libyen im Einsatz beteiligt. Sie würden in den Stützpunkten in Neapel und in Poggio Renatico allerdings keine Entscheidungsfunktionen wahrnehmen. Aus den Reihen der Grünen wurde die Rechtmäßigkeit des Einsatzes infrage gestellt.

Deutschland hatte sich im UN-Sicherheitsrat bei der Abstimmung über den Libyeneinsatz enthalten und ist nicht mit Einsatzkräften daran beteiligt. Aus Awacs-Aufklärungsflugzeugen der NATO wurden deutsche Soldaten sogar abgezogen. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele nannte den Einsatz der deutschen Soldaten am Donnerstag „verfassungsrechtlich sehr bedenklich“. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigte den Einsatz dagegen. „Die Auffassung von Herrn Ströbele ist rechtsirrig“, sagte er am Rande eines Festakts zum zehnjährigen Bestehen des Einsatzführungskommandos in Geltow bei Potsdam. „Andernfalls können wir aus der NATO austreten.“ Die Mitarbeit in NATO-Stäben, die Bereitstellung von Infrastruktur für den Einsatz sei „selbstverständlich“. Dafür bedürfe es keines Bundestagsmandats. „Das ist auch durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gesichert.“

Ströbele argumentiert dagegen, dass die Soldaten nicht einfach in den Stäben belassen wurden, sondern eigens für den Libyeneinsatz nach Italien geschickt wurden. Er sprach von einem „Ad-hoc-Einsatz der Bundeswehr zu konkreten Kriegszwecken“. Nun erwägt er einen Gang vor das Bundesverfassungsgericht, um die Rechtslage zu klären.

Die SPD hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die deutsche Beteiligung an der Libyen-Einsatzführung der NATO. Nach Ansicht des verteidigungspolitischen Fraktionssprechers Rainer Arnold wäre es darüber hinaus richtig gewesen, auch Besatzungen von Awacs-Aufklärungsflugzeugen und deutsche Schiffe für den Einsatz zur Verfügung zu stellen. Das wäre eine echte Einsatzbeteiligung gewesen, die der Bundestag hätte beschließen müssen.

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Für den Libyeneinsatz hatte die NATO laut Bundesverteidigungsministerium insgesamt 250 Soldaten zur Verstärkung an, von denen 11 von der Bundeswehr gestellt werden. Nun stellt sich die Frage, ob deutsche Soldaten auch für das Massaker an 85 Zivilisten mit verantwortlich sind, dass die NATO Beobachtern zufolge an den Bewohnern des Dorfes Majer begangen haben soll. Dabei könnte es sich um ein Kriegsverbrechen handeln. Der Vorgang verlange wenigstens ein internationales juristisches Verfahren forderte der Publizist Franklin Lamblin in einem Bericht für das US-Magazin Counterpunch, der in deutscher Sprache von der Tageszeitung junge Welt öffentlich gemacht wurde.
(mit dpa)


(1) www.counterpunch.org/lamb08122011.html
(2) http://www.jungewelt.de/2011/08-18/050.php

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