Kriege

ISAF-Todeslisten gefährden Unbeteiligte

Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.

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Bei der  Suche nach Talibanführern sind am Mittwoch bis zu 30 Zivilisten getötet worden

Von THOMAS WAGNER, 06. August 2010 –

Das gezielte Liquidieren von Menschen außerhalb von Kampfhandlungen, wie es die von Spezialeinheiten der internationalen Truppen geführten und unter anderem mit Informationen der  Bundeswehr aufgefüllten Fahndungslisten vorsehen, ist nach normalen menschlichen Maßstäben nicht nur eine verbrecherische Form der Kriegsführung, sondern bedroht darüber hinaus auch das Leben von zahlreichen Zivilisten.

Das betrifft zum einen diejenigen, die „unschuldig“ auf die geheimen Listen geraten, weil sie ein missgünstiger Informant der internationalen Truppen aus dem Weg geräumt sehen will. Auf diese Weise, so berichten Afghanistan-Kenner, werde schon mal ein Nachbarschaftskonflikt um Grund und Boden auf eine ganz spezielle Art und Weise gelöst.

Die Fahndung nach Aufständischen gefährdet aber vor allem jene Unbeteiligten, die den Killerkommandos der ISAF dabei in die Quere kommen.  Das hat eine am Mittwoch in der Provinz Nangarhar im Osten Afghanistans durchgeführte Suchoperation ausländischer und afghanischer Truppen deutlich gezeigt. Dabei sind  bis zu 30  Zivilisten getötet worden. Über die Zahl der Verletzten ist zurzeit nichts bekannt.

Die ISAF gab bekannt, die Soldaten seien auf der Suche nach Taliban-Anführern gewesen, als sie von mehreren Stellen aus beschossen worden seien. Bei dem anschließenden Gefecht seien 15 bis 20 Aufständische getötet worden, darunter zwei Taliban-Anführer. Auch bei ihrem Rückzug seien die Truppen beschossen worden; sie seien daher aus der Luft unterstützt worden.

Die ISAF gab die Zahl von mindestens vier, möglicherweise aber auch über zwölf getöteten Zivilisten zu. Nach Informationen der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua könnte die wirkliche Zahl der zivilen Opfer aber noch sehr viel höher sein. Die Agentur zitierte einen Beamten aus der Provinzhauptstadt Jalalabad, der von  20 bis 30 getöteten Zivilisten sprach, namentlich aber nicht genannt werden wollte. (1) Nach Angaben des Präsidentenpalastes starben die Zivilisten, als eine Rakete ihr Haus traf.

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Präsident Hamid Karzai ordnete  eine Untersuchung des Vorfalls an.  Zivile Opfer bei Einsätzen ausländischer Streitkräfte sorgen für wachsende Kritik der afghanischen Regierung und in der  Bevölkerung.

(1) http://news.xinhuanet.com/english2010/world/2010-08/05/c_13432073.htm

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