Kriege

Kriegslügen und tote Zivilisten: Geheimdienst-Kommandos unterstützen westlichen Bombenterror in Libyen

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Von REDAKTION, 1. April 2011 –

Je länger der vom Westen geführte Krieg in Libyen anhält, desto deutlicher wird, wie sehr die daran beteiligten Regierungen die Öffentlichkeit von Anfang an über die tatsächlichen Vorgänge getäuscht haben. Auf der einen Seite wird ständig beteuert, der von der UNO nicht gedeckte Einsatz von Bodentruppen und auch die Belieferung der Aufständischen mit Waffen kämen nicht in Frage, auf der anderen Seite kommt nun heraus, dass zahlreiche Spezialeinheiten der Geheimdienste aus den USA und Großbritannien schon seit Wochen vor Ort operieren und US-Präsident Barack Obama bereits vor einiger Zeit eine Geheimorder unterzeichnete, die seinem Auslandsgeheimdienst grundsätzlich Grünes Licht für Waffen- oder Geldlieferungen an die kämpfenden Gaddafi-Gegner gibt. Das berichteten übereinstimmend verschiedene US-Zeitungen am Donnerstag.

Nach Informationen der New York Times besteht die Aufgabe der US-Agenten in Libyen darin, mögliche Ziele für Luftschläge auszukundschaften und Kontakte zu den Aufständischen zu knüpfen. Nach Angaben britischer Regierungsbeamter arbeiteten außerdem „Dutzende“ Agenten des Geheimdienstes MI6 und Mitglieder von Spezialkommandos in Libyen. Die versorgten die britischen Streitkräfte mit Informationen über Ziele für Luftschläge, Stellungen und Bewegungen von Gaddafis Militär.

Kleine Teams der US-Geheimdienstler sollen zudem herausfinden, mit wem man es bei den Aufständischen überhaupt zu tun hat, ob sie verlässliche Partner wären im Fall von Waffenlieferungen. „Die Bemühungen der CIA sind ein verspäteter Versuch, Basisinformationen über Rebellen zu sammeln, die vor den Aufständen in Nordafrika auf den Radarschirmen der Geheimdienste kaum aufgetaucht waren“, schreibt die Washington Post.„Wir wissen, wogegen sie sind“, meinte der Vorsitzende des Geheimdienst-Ausschusses im Repräsentantenhaus, Mike Rogers. „Aber wir wissen nicht wirklich, für was sie sind.“

Während das, was sich an der Basis der Aufständischen genau abspielt, den Westmächten zum Teil noch unbekannt sein mag, unterstützen sie an der Spitze eine Reihe von Personen, die seit Jahren enge Verbindungen zu den USA pflegen und deren wirtschaftlichen Ambitionen in der Region sehr aufgeschlossen gegenüberstehen. Beim Premierminister der „Übergangsregierung“, Mahmoud Dschibril, handelt es sich um einen Politikwissenschaftler der in Pittsburgh, Pennsylvania studierte. „Anschließend unterrichtete er lange an derselben Universität und war maßgeblich an amerikanisch beeinflussten Trainingsprogrammen für leitende Manager in Ägypten, Saudi-Arabien, Libyen, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Kuwait, Jordanien, Bahrain, Marokko und Tunesien beteiligt. Erst 2005, nach Einleitung der ‚Normalisierung’ zwischen der Regierung in Tripolis und dem Westen, kehrte er wieder nach Libyen zurück und stieg sofort in wirtschaftspolitische Führungspositionen auf. Er verdankte das, wie viele andere ‚Reformer’, von denen etliche jetzt bei der Opposition engagiert sind, der Protektion von Saif Al-Islam, einem Sohn Ghaddafis. Dschibrils Aufmerksamkeit galt hauptsächlich der Reprivatisierung der Wirtschaft und der Öffnung der Erdöl- und Erdgasressourcen für westliche Konzerne“, schreibt Knut Mellenthin dazu in der jungen Welt. (1)

Ali Tarhouni wiederum, der in der „Übergangsregierung“ das Amt des Finanzministers hat, verbrachte den größten Teil seines Lebens in den USA . „Er promovierte an der Michigan State Universität in Wirtschaft und Finanzwesen und arbeitete jahrelang an der University of Washington als Dozent. Erst im März dieses Jahres kehrte er nach Libyen zurück. Er ist verheiratet mit einer amerikanischen Anwältin, die im Justizministerium der USA arbeitet“, so Mellenthin. (2)

Unterdessen beklagte sich der Apostolische Nuntius in Tripolis, Bischof Giovanni Innocenzo Martinelli, am Donnerstag gegenüber dem Nachrichtendienst der Päpstlichen Missionswerke Fides darüber, dass Dutzende Menschen bei den Luftangriffen der westlichen Truppen allein in Tripolis ums Leben gekommen seien. „Insbesondere im Stadtteil Buslim wurde bei Luftangriffen ein Wohnhaus getroffen, in dem allein 40 Zivilisten ums Leben kamen. Bereits gestern hatte ich berichtet, dass bei Bombenangriffen auch Krankenhäuser beschädigt wurden. Eines dieser Krankenhäuser befindet sich in Misda.“ (3) Der Bischof tritt für eine diplomatische Lösung ein, „damit das Blutvergessen ein Ende nimmt und damit es für Gaddafi einen würdigen Ausweg gibt.“ (4)


Quellen

(1) http://www.jungewelt.de/2011/04-01/024.php

(2) http://www.jungewelt.de/2011/04-01/024.php

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(3) http://www.fides.org/aree/news/newsdet.php?idnews=27606&lan=deu

(4) http://www.fides.org/aree/news/newsdet.php?idnews=27606&lan=deu

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