Nachforderung

Apple soll 13 Milliarden Euro Steuern nachzahlen

(30.08.2016/dpa)

Die EU-Kommission greift in ihrem Verfahren um Apple-Steuern so hart durch wie noch nie. Mit der Forderung nach einer außergewöhnlich hohen Nachzahlung von 13 Milliarden Euro legt sie sich nicht nur mit dem reichsten Unternehmen der Welt an, sondern auch mit der US-Regierung. Washington hatte die Europäer erst vergangene Woche vor einem solchen Schritt gewarnt und vage mit Gegenmaßnahmen gedroht.

Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager wird mit ihrer unbeugsamen Haltung zur Galionsfigur für das Selbstbewusstsein der zuletzt von Brexit-Hickhack und Flüchtlingskrise zermürbten Kommission. Den Milliarden-Nackenschlag servierte sie nicht nur mit Metall in der Stimme, sondern auch garnierte die Nachforderung mit trockenem Humor: „Wenn mein Steuersatz auf 0,005 Prozent sinken würde, hätte ich das Gefühl, dass ich einen zweiten Blick auf meine Steuerrechnung werfen sollte.“ Schließlich habe Apple damit auf eine Million Euro Gewinn nur 50 Euro Steuern bezahlt.

Die neue Entschlossenheit der Kommission passt gut zum allgemeinen Gefühl in der europäischen Politik, den US-Internetriesen mit ihrer Marktmacht und Milliardengewinnen, müsse schließlich Einhalt geboten werden. Es ist einer dieser seltenen Fälle, in denen einhelliger Applaus aus nahezu allen politischen Lagern kommt.

„Die EU-Entscheidung zu Apples Steuerabmachungen sind ein willkommener Schritt in Richtung Steuergerechtigkeit“, twitterten etwa die Grünen im Europaparlament. „Frau Vestager hat Mut bewiesen“, kommentierte der konservative Europaabgeordnete Werner Langen (CDU). „Ein entscheidender Meilenstein für ehrliche Steuerzahler“, twitterte die Fraktion der Sozialisten im Europaparlament – und Fabio De Masi, Europaparlamentarier der Linken, teilte mit: „Die Entscheidung der Kommission ist überfällig.“

Die Apple-Führung im kalifornischen Cupertino zeigte sich hingegen erzürnt. Diese 0,005-Prozent-Quote sei „komplett aus der Luft gegriffen“, grummelte Finanzchef Luca Maestri in einer Telefonkonferenz. „Wir sind der größte Steuerzahler in Irland, in den Vereinigten Staaten und in der Welt.“ Die Verteidigungslinie von Apple ist, das viele Geld in Irland solle gar nicht unversteuert bleiben – sondern wäre eigentlich zuhause in den USA zu versteuern. Solange dort aber bis zu einer möglichen Steuerreform drakonische Sätze von bis zu 40 Prozent gelten, wolle man das Geld lieber im Ausland parken.

Die Kommission präsentierte die interne Umschichtung der Geldströme bei Apple zwar als eine Ursache für den monumentalen Nachzahlungs-Bescheid, aber betonte zugleich, das sei nicht Gegenstand der Untersuchung gewesen. Wirtschafts-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz hatte schon vor einiger Zeit die gesamte Strategie, große Teile des Gewinns über kleine Auslandstöchter fließen zu lassen, schlicht als „Betrug“ bezeichnet. Zugleich räumte er bei Bloomberg TV ein, das aktuelle Steuersystem der USA, das von Auslandsgewinnen 35 bis 40 Prozent abzweigen will, verleite die Unternehmen auch dazu, Cash gar nicht erst nach Hause zu bringen.

Apple-Chef Tim Cook konterte in einem Interview mit der Washington Post, der Konzern sei grundsätzlich bereit, die in Irland lagernden Geldreserven in die Heimat zu überweisen. Aber: „Wir haben gesagt, bei 40 Prozent bringen wir es nicht ins Land, bis es einen fairen Steuersatz gibt. Darüber gibt es keine Debatte“, hakte er ab. Das sei auch keine Frage von Patriotismus: „Es läuft nicht so, dass je mehr man bezahlt, desto patriotischer ist man.“

Immerhin scheint die interne Verteilung der Geldströme bei Apple durch die Abgabe von geistigem Eigentum an irische Tochterfirmen zumindest aus Sicht der pingeligen US-Steuerbehörden korrekt geregelt zu sein. Bei Facebook ist es anders. Die Steueraufsicht IRS ist der Ansicht, dass der Wert von Facebook-Teilen wie die „Online-Plattform“ bei ihrer Verlagerung ins steuerlich günstige Irland im Jahr 2010 falsch berechnet worden sei. Facebook informierte die Investoren Ende Juli, dass am Ende Nachzahlungen von mehr als fünf Milliarden Dollar ins Haus stehen könnten.

Für Apple ist auch die Last eines 13-Milliarden-Bescheids überschaubar. Nicht nur, dass der Konzern auf einem Geldpolster von gut 230 Milliarden Dollar sitzt, auch das laufende Geschäft bringt solche Beträge locker wieder rein. 13 Milliarden Euro – das entspricht dem Preis von rund 17,5 Millionen der günstigsten iPhone-6-Geräte. Und Apple verkaufte allein im vergangenen Quartal auch nach einem Absatzrückgang noch gut 40 Millionen iPhones.

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