Ausschuss: Zweitniedrigste Übersterblichkeit in Sachsen trotz geringer Corona-Impfquote
Datenanalyst wertet Übersterblichkeit und Corona-Impfquoten im bundesweiten und europäischen Vergleich aus / „Einzigartig“ hohe Sterbezahlen in Bergamo im März 2020 äußerst erklärungsbedürftig / Start der Impfkampagne hat Sterbesituation in Europa nicht verbessert
(Diese Meldung ist eine Übernahme von Multipolar)
Das Bundesland Sachsen weist sowohl die geringste Corona-Impfquote als auch die zweitgeringste Übersterblichkeit aller Bundesländer auf. Dies erläuterte der Datenanalyst Tom Lausen in einem Vortrag vor dem Corona-Untersuchungsausschuss im sächsischen Landtag im August. Lausen referierte über die Zahlen zur Übersterblichkeit während der Corona-Jahre im bundesweiten und europäischen Vergleich und setzte sie in Beziehung zu den Impfquoten. Sachsen sei damals zu Unrecht öffentlich kritisiert worden, betonte er. Die Übersterblichkeit habe in dem Bundesland in diesem Zeitraum 8,7 Prozent betragen, in Deutschland insgesamt jedoch 10,4 Prozent. Im europäischen Vergleich lande Deutschland im Zeitraum 2021 bis 2024 auf Platz 21 und Schweden auf Platz 1 mit einer Übersterblichkeit von 0,3 Prozent.
Betrachte man die Bilanz der Jahre 2020 bis 2025 landet Sachsen in Lausens Übersterblichkeits-Rangfolge auf Platz zehn. Bremen schneide im Fünf-Jahres-Vergleich am Besten ab. Das Saarland sei in der Darstellung ausgenommen, weil es ihm keine Daten geliefert habe, erklärte Lausen. Im europäischen Vergleich befinde sich Deutschland auf Platz 17. Schweden erreiche für diesen Zeitraum eine Übersterblichkeit von zwei Prozent – auch hier der beste Wert. Gemessen an den Sterbefällen sei Schwedens Pandemiebewältigung Lausen zufolge „offensichtlich überragend“.
Auf das Gesamtjahr 2020 gerechnet, sei Sachsen in Bezug auf die Übersterblichkeit auf dem letzten Platz gelandet, mit rund 16 Prozent Übersterblichkeit. Das habe Sachsen „in Verruf gebracht“. Lausen weist allerdings darauf hin, dass die Altersstruktur zum Sterbegeschehen beigetragen haben könnte – die östlichen Bundesländer hätten „einen etwas älteren Altersdurchschnitt“. Betrachte man ganz Europa, seien rund 668.000 Menschen mehr gestorben als erwartet. (13 Prozent) Man gehe in Europa von rund fünf Millionen Sterbefällen pro Jahr aus. 2020 sei somit „durchaus schon ein sehr heftiges Sterbejahr in ganz Europa gewesen“.
Besonders hob Lausen die Erklärungsbedürftigkeit des Sterbegeschehens in Bergamo im März 2020 hervor. Dieses Ereignis sei im weiteren Verlauf der Corona-Jahre „einzigartig“ geblieben. Es müsse „viel genauer“ untersucht werden, warum es dort so viele Tote gegeben habe. Eine solche Übersterblichkeit sei in ganz Europa in der Folgezeit nicht mehr beobachtet worden. Auffällig sei zudem, dass das Virus es geschafft habe, „innerhalb von sechs Wochen 6000 Menschen sterben zu lassen“, dieses Sonderereignis sich jedoch nur auf einen kurzfristigen Gipfel beschränke. Derartige „Peaks“ habe es auch in Madrid, im Elsass, in Paris und zeitversetzt in Stockholm gegeben, wobei Bergamo und Madrid zeitgleich deutlich herausstechen würden. Die „Schärfe von Bergamo und Madrid“ sei „niemals“ in irgendeinem anderen Land erreicht worden. Lausen hebt zudem ausdrücklich hervor, dass es sich stets nur um „Sterbe-Peaks“ gehandelt habe, die sich in dieser Form niemals wiederholt hätten.
Für das Jahr 2021 – also nach Beginn der Impfkampagne – hielt Lausen fest, dass in Deutschland fast 90.000 Menschen mehr gestorben seien als erwartet. Es sehe nicht so aus, als ob sich für Deutschland eine „großartige Verbesserung“ ergeben habe. Auch Europa habe „keinen großen Fortschritt gemacht in Richtung der Normalsterblichkeit“. Das erste Impfjahr habe „für ganz Europa nicht so viel gebracht“. Im Jahr 2022, in denen Booster-Impfungen durchgeführt wurden, landet Sachsen im Übersterblichkeits-Ranking Lausens Berechnungen zufolge auf Platz eins – wies also die geringste Übersterblichkeit aller Bundesländer auf. Das habe ihn selbst überrascht, betonte Lausen. Eine weitere Auffälligkeit sei die Übersterblichkeit im Winterhalbjahr. Deutschland sei das einzige Land, das in diesem Zeitraum „diese massive Übersterblichkeit“ aufweise. Länder wie Rumänien, Bulgarien und Spanien seien hingegen jetzt „im grüneren Bereich“. Lausen schlussfolgerte, es gebe somit „keine konsistente Verteilung“ im Sinne von „Impfquote gleich weniger Tote“.
Andere Medien, die über die Sitzung des Ausschusses berichteten, gingen nicht auf die Aussagen von Tom Lausen ein, sondern erwähnten nur die Äußerungen des dort ebenfalls vortragenden Virologen Christian Drosten. Dies gilt sowohl für die Beiträge der Fachzeitschrift „Deutsches Ärzteblatt“ als auch der „Sächsisches Zeitung“. Der Datenanalyst Tom Lausen wurde neben dem Finanzwissenschaftler Stefan Homburg und dem Medizinwissenschaftler Michael Nehls von der AfD-Fraktion als Sachverständiger in der Enquete-Kommission „Corona“ des Bundestages benannt, die im September startete.