Corona-Aufarbeitung

Berliner Corona-Schwarzbuch will politische Aufarbeitung vorantreiben

BSW-Abgeordneter stellt seine Anfragen und die Antworten des Senats zur Berliner Corona-Politik online / Jurist: Berliner „Phantomklinik“ war „offensichtliche Verschwendung staatlicher Mittel“ / Berliner Senatsverwaltung will Erfahrungen in neuem Pandemieplan berücksichtigen

(Diese Meldung ist eine Übernahme von Multipolar)

Alexander King, Berliner Abgeordneter des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW), dokumentiert in einem „Corona-Schwarzbuch“ „politische Versäumnisse“ während der Corona-Krise in der Bundeshauptstadt. Die Website basiert auf 46 schriftlichen Anfragen Kings an den Berliner Senat sowie Anfragen weiterer Abgeordneter. Einen Schwerpunkt legt King auf das Corona-Behandlungszentrum auf dem Berliner Messegelände, das er als „Phantomklinik“ bezeichnet. Die Einrichtung und der Betrieb dieses nie von einem Patienten aufgesuchten Krankenhauses kostete 90 Millionen Euro.

Laut dem Münchner Juristen Bernd Schünemann handelt es sich bei der „Phantomklinik“ auf Basis der von King zusammengetragenen Informationen „um eine offensichtliche Verschwendung staatlicher Mittel”. Wie der emeritierte Ordinarius für Straf- und Strafprozessrecht auf Anfrage von Multipolar mitteilt, komme nach seiner Einschätzung hierfür die Untreue in Form der sogenannten Amtsuntreue nach Paragraph 266 als Straftatbestand in Betracht. Allerdings setze sie in subjektiver Hinsicht den Vorsatz voraus, das Vermögen der öffentlichen Hand zu schädigen. „Die in der Corona-Krise sehr früh um sich greifende Hysterie hat zu einer enormen Verschwendung öffentlicher Mittel geführt, für deren strafrechtliche Aufarbeitung der Untreuetatbestand zentral ist“, erklärt Schünemann. Dafür komme es entscheidend auf die Gut- oder Bösgläubigkeit der Handelnden an.

King selbst macht gegenüber Multipolar auf einen „eklatanten Widerspruch“ aufmerksam: Im Nachtragshaushalt 2025 beschloss der Berliner Senat eine Kürzung der Klinikinvestitionen in Höhe von 29 Millionen Euro. Einen direkten Zusammenhang zwischen den 90 Millionen Euro für die „Phantomklinik“ und der Kürzung der Investitionszuschüsse sieht King zwar nicht, er hält aber fest: „Wenn man so sehr in Sorge ist, dass eine Pandemie die Krankenhäuser überfordern könnte, müssten man doch mehr investieren, um die Krankenhäuser pandemiefest zu machen“.

Auf sein „Schwarzbuch“ erhalte er zahlreiche positive Rückmeldungen, berichtet King weiter. Viele Bürger seien froh über die aufgelisteten Fakten, die nun den „Erzählungen“ von Regierung und Presse gegenübergestellt werden könnten. Dies betreffe zum Beispiel die Behauptung einer vermeintlich großen Gefahr massiver Engpässe in Berliner Kliniken durch zahlreiche Corona-Patienten: „Relativ geringe Bettenbelegung und Überstundenabbau während der Pandemie stellen diese Behauptung in Frage.“ Mit seinem Schwarzbuch wolle er dazu animieren, in künftigen Debatten kritisch nachzufragen: „Und nicht alles zu glauben, was einem die Herrschenden erzählen.”

Die Berliner Senatskanzlei, von Multipolar um eine Stellungnahme zu Kings Schwarzbuch gebeten, verwies an die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege. Die dortige Pressestelle erklärt, dass veröffentlichte Inhalte von Mitgliedern des Abgeordnetenhauses nicht kommentiert würden. Kings Anliegen einer Aufarbeitung werde insofern geteilt, als die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege mit Blick auf künftige Pandemien unter Bezugnahme der nationalen Pandemie-Erfahrungen und jener des Landes Berlin aktuell einen Pandemieplan konzipiere.

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