Brandenburgs Gesundheitsministerin will sich mit Corona-Impfgeschädigten treffen
Treffen soll Zeichen setzen für Ende der „Stigmatisierung von Impfgeschädigten“ / Anerkennungsquote von Impfschäden in Brandenburg bei 2,5 Prozent / AfD fordert Verbesserung der Unterstützung, unabhängige Untersuchung aller Todesfälle und öffentliche Entschuldigung der Regierung
(Diese Meldung ist eine Übernahme von Multipolar)
In Brandenburg soll es Ende Mai ein Gespräch von fünf Corona-Impfgeschädigten mit Gesundheitsministerin Britta Müller (parteilos, für BSW) geben. Auf Anfrage von Multipolar bestätigte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums den Termin am 26. Mai. Ziel des „vertraulichen Gesprächs“ sei ein Austausch der Betroffenen mit der Ministerin „im geschützten Raum“. Es gehe um „das Zuhören, um die Beachtung der wahrgenommenen Probleme“. Man wolle ein „Zeichen“ setzen, „dass die Stigmatisierung von Impfgeschädigten aufhören muss.“ Im Anschluss soll es eine gemeinsame Pressekonferenz geben.
Der Sprecher von Ministerin Müller erklärte weiter, die Landesregierung habe im Doppelhaushalt 2025/2026 Mittel in Höhe von zusammen rund 13 Millionen Euro für die Impfgeschädigten vorgesehen, davon 6,2 Millionen Euro im laufenden Jahr. Diese und weitere Entschädigungsausgaben sind jedoch keine freiwilligen oder zusätzlichen Leistungen, wie aus der Antwort des Gesundheitsministeriums hervorgeht: „Es handelt sich bei sämtlichen Ausgaben um Mittel, die aufgrund gesetzlicher Verpflichtung verausgabt werden.“ Auf weitere Multipolar-Nachfragen, etwa zum Aufbau eines spezialisierten Behandlungszentrums für Post-Vac-Betroffene, wird entweder auf die Zuständigkeit des Wissenschaftsministeriums oder auf den Koalitionsvertrag von SPD und BSW verwiesen. Dort heißt es, sowohl Long-Covid- als auch Post-Vac-Patienten sollen eine „angemessene Beachtung und medizinische Betreuung erfahren.“
In einer parlamentarischen Anfrage hatte die AfD-Fraktion im brandenburgischen Landtag die Landesregierung im April nach bewilligten Anträgen auf Anerkennung eines erlittenen Corona-Impfschadens gefragt. Nach Auskunft des Gesundheitsministeriums wurden bis Ende März 2025 in Brandenburg 414 entsprechende Anträge gestellt, über 312 davon wurde bislang entschieden – sieben Impfschäden wurden offiziell anerkannt: Die Anerkennungsquote liege bei 2,5 Prozent.
Dem jetzt angekündigten Treffen mit den Impfgeschädigten war im Februar eine kontroverse Diskussion im Potsdamer Landtag vorausgegangen, bei der es um Hilfen für Post-Vac-Betroffene ging. Ein CDU-Antrag zur „Einrichtung spezialisierter Anlaufstellen für Menschen mit Impfschäden durch einen Covid-19-Impfstoff“ sowie ähnliche Forderungen der AfD wurden von der Regierungsmehrheit abgelehnt. Der Landtag stimmte stattdessen für einen Entschließungsantrag von SPD und BSW. In ihrer Rede verwies die Ärztin und gesundheitspolitische Sprecherin der BSW-Fraktion Jouleen Gruhn – wie nach ihr auch Gesundheitsministerin Britta Müller – mehrfach auf die Webseite des Landes-Netzwerks „Diagnostik – Rehabiliation – Nachsorge“ (DiReNa) mit dem Titel „Was tun bei Long-COVID?“ Dort findet sich auf der Startseite allerdings kein expliziter Hinweis auf „Post-Vac“ sowie auf Hilfsangebote für Betroffene von Corona-Impfschäden. Die CDU-Abgeordnete Saskia Ludwig, die mittlerweile für die Union im Bundestag sitzt, kritisierte die Landesregierung: Dass die Impfgeschädigten „hören müssen, dass es um Long Covid geht und nicht um ihr Leiden, das ist wirklich mehr als ärgerlich.“
In einer aktuellen Stellungnahme für Multipolar wirft die gesundheitspolitische Sprecherin der AfD-Fraktion im brandenburgischen Landtag, Daniela Oeynhausen, der Landesregierung vor, sich „weiter wegzuducken“. Die Impfgeschädigten auf „Long Covid“-Netzwerke zu verweisen sei „ein Schlag ins Gesicht für die Betroffenen.“ Oeynhausen kritisiert die niedrige Anerkennungsquote, die langen Bearbeitungszeiten, die unzureichende Datenlage und die Verweigerung, Post-Vac-Syndrome angemessen anzuerkennen. Das zeuge „von einem klaren Versagen der Landesregierung. Da nutzen auch sechs Millionen Euro nichts.“ Oeynhausen fordert eine umfassende Aufarbeitung der Impfkampagne, eine deutliche Verbesserung der Unterstützung für Impfgeschädigte, eine unabhängige Untersuchung aller Todesfälle und eine öffentliche Entschuldigung der Regierung. Nur so könne das Vertrauen der Bürger in die Politik zurückgewonnen werden und den Betroffenen Gerechtigkeit widerfahren.
Die BSW-Abgeordnete Jouleen Gruhn schreibt in einer Stellungnahme gegenüber Multipolar, das Treffen der Gesundheitsministerin Britta Müller mit den Impfgeschädigten sei „ein starkes Zeichen an alle Betroffenen“. Die Impfgeschädigten würden mit ihren Problemen noch immer „zu oft allein gelassen“. Das wolle man nun ändern. „Wir als BSW setzen uns für eine bessere Corona-Aufarbeitung ein und auch dafür, dass endlich mehr reale Folgeschäden durch Impfungen als solche anerkannt und entsprechend entschädigt werden.“
Die Landtagsdebatte im Februar hatte auch BSW-intern für Kritik gesorgt. Vom Bundesparteivorstand hieß es im April etwa, man müsse daran arbeiten, dass auch Landespolitiker die BSW-Programmatik vertreten, insbesondere in Bezug auf die Corona-Aufarbeitung. Im BSW-Wahlprogramm vom Januar heißt es: „Die Erfassung und Entschädigung von Impfschäden muss entbürokratisiert und enttabuisiert werden. Es braucht endlich flächendeckende medizinische Hilfsangebote für Impfgeschädigte, sowie eine großangelegte Studie, die anhand anonymisierter Krankenkassendaten untersucht, ob bestimmte Krankheiten bei Geimpften signifikant häufiger aufgetreten sind als bei Ungeimpften.“
Um Hinweise zu bekommen, wie viele Schäden nach Corona-Impfung es tatsächlich gibt, fordern Impfgeschädigte und Politiker, dass der im Infektionsschutzgesetz (Paragraf 13, Absatz 5) vorgeschriebene Abgleich des Impfschaden-Selbstmeldesystems des Paul-Ehrlich-Instituts mit den Abrechnungsdaten (ICD-Codes) der Krankenkassen mehr als vier Jahre nach Start der Impfkampagne endlich durchgeführt wird. So ließe sich ein möglicher Anstieg etwa von neurologischen Erkrankungen, Myokarditis, Thrombosen oder Krebs zwischen dem ersten Corona-Jahr 2020 und den folgenden Jahren, in denen geimpft wurde, feststellen. Von der Bundesregierung eingeräumt wurde bereits: Bei Corona-Impfungen ist die Rate der Verdachtsfallmeldungen 21 Mal mal höher als bei allen anderen Impfungen. Das hatte eine Anfrage der BSW-Abgeordneten Jessica Tatti im Oktober 2024 ergeben.