Innenpolitik

Bundesländer verschärfen „Kampf gegen Desinformation“

Bayern sieht sich im „Kampf gegen Desinformation“ als „Vorreiter in Europa“ – weitere Bundesländer beschließen Maßnahmen / Neu-Ulmer Wirtschaftsinformatiker will Bürger gegen Desinformation „impfen“ / Rechtsprofessor befürchtet politische Einflussnahme

(Diese Meldung ist eine Übernahme von Multipolar)

Bayern sieht sich als „europaweiter Vorreiter im Kampf gegen digitale Desinformation“. Dies geht aus der Pressemitteilung „Nächstes Upgrade für Bayern-Allianz gegen Desinformation” hervor. Mit „Upgrade“ ist gemeint, dass sich weitere Organisationen dem Bündnis angeschlossen haben. Die Anfang 2024 gegründete „Bayern-Allianz” ist laut Freistaat das „bundesweit erstes Bündnis seiner Art”, 36 „Partner” aus der Tech-Branche, aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft schlossen sich bisher an. Dazu zählen Fujitsu, Google, Meta, Microsoft und TikTok. Dies geht aus einer SPD-Anfrage von Ende 2024 hervor.

Bayern ist nicht das einzige Bundesland, das gegen „Desinformation“ kämpft. In Hessen erörterte der Landtag kürzlich einen Grünen-Antrag, der „ein entschlossenes Vorgehen gegen Desinformation im Internet“ fordert. Unverzichtbar seien Meldestellen wie „Hessen gegen Hetze“, betont die SPD-Fraktion. In Nordrhein-Westfalen beschloss das Kabinett im Februar einen „Aktionsplan gegen Desinformation“. Im Hamburger Koalitionsvertrag von April 2025 heißt es: „Die Fähigkeiten des Verfassungsschutzes und insbesondere der Landesmedienanstalt Hamburg-Schleswig Holstein im Vorgehen gegen Desinformation und Manipulation im Netz wollen wir ausbauen.”

An der Hochschule Neu-Ulm in Schwaben ist der Wirtschaftsinformatiker Marten Risius im Kampf gegen „Fake-News“ aktiv. Was zu tun wäre, legte er im Januar in einem Interview mit dem SWR dar: Eine „vielversprechende Methode“ sei die „kognitive Immunisierung“, die nach der Logik des Impfens funktioniere. „Man versucht, Menschen beizubringen: Das sind die Narrative, die Strategien, mit denen Leute versuchen, Desinformation zu verbreiten. Und dann gibt man ihnen kleinere, ungefährliche Dosen von Desinformation, durch die sie lernen, sich damit auseinanderzusetzen.“

Der Rechtswissenschaftler Martin Schwab von der Universität Bielefeld schätzt , die bayerische Kampagne als problematisch ein, erklärte er auf Anfrage von Multipolar. Würde der Freistaat ernst nehmen, was er in seiner Pressemitteilung schreibt, gäbe es nur zwei Konsequenzen, erklärt der Jurist: „Abschaffung des gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks und sofortiger Rücktritt der Bayerischen Staatsregierung.“ Letztere habe zur Corona-Zeit eine „Pandemie-Erzählung“ propagiert, für die es niemals eine Faktengrundlage gegeben habe. Ungeklärt bleibt für den Rechtswissenschaftler zudem die Frage: Wer die Definitionshoheit über den Begriff „Desinformation” hat.

Der Bayerische Landes-Sportverband (BLSV), Neumitglied der Allianz, teilte auf Anfrage von Multipolar mit: „Die Allianz zielt nicht darauf ab, staatliche Positionen ungeprüft zu verbreiten, sondern transparente Aufklärung zu fördern.“ Hierzu brauche es „unabhängige Werkzeuge zur Quellenprüfung“. Das Engagement für die Allianz decke sich mit der BLSV-Satzung: „Wir sind unparteiisch und wollen Sportlerinnen und Sportler befähigen, sich in einer komplexen Medienwelt zu orientieren.“ Für Martin Schwab bleibt unklar, „ob der BLSV sich in vollem Umfang der Gefahr bewusst ist, dass er sich womöglich doch vor den Karren einer politischen Agenda spannen lässt“. Sollte sich der Sportverband tatsächlich vorbehalten, staatliche Positionen zu hinterfragen, wäre dies „zumindest ein Schritt in die richtige Richtung”. Doch es bleibe die Sorge, dass am Ende „das Lied der Bayerischen Staatsregierung gesungen” werde.

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