Ukraine-Krieg

Bundesregierung sieht keine Gefahr wegen US-Kriegsplanung in Wiesbaden

Antwort auf Kleine Anfrage: Bundesregierung lässt USA bei Militäroperationen in Wiesbaden freie Hand / Regierung lässt offen, ob sie von dortigen US-Planungen zum Ukraine-Krieg wusste / AfD-Abgeordneter: Deutschland muss „im eigenen Sicherheitsinteresse“ auf „Diplomatie“ und „Souveränität“ bestehen

(Diese Meldung ist eine Übernahme von Multipolar)

Die Bundesregierung fühlt sich nicht für US-Aktivitäten im Ukraine-Krieg verantwortlich, die von deutschem Boden aus geplant und unterstützt werden. Auch überwacht die Bundesregierung entsprechende Militäroperationen nicht oder schränkt sie anderweitig ein. Das geht aus der noch nicht veröffentlichten Antwort auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion hervor, die Multipolar vorliegt. Die AfD-Anfrage basiert auf den Erkenntnissen eines Beitrags der „New York Times“, der Ende März veröffentlicht wurde. Darin wurde die maßgebliche Beteiligung der Nato an der strategischen Einsatzplanung ukrainischer Streitkräfte unter dem Codenamen „Task Force Dragon“ im europäischen Hauptquartier der US-Armee in Wiesbaden durch US-Generäle bestätigt. Multipolar berichtete hierzu ausführlich.

Zur rechtlichen Möglichkeit Deutschlands, die US-Aktivitäten in Wiesbaden einzuschränken, heißt es in der Antwort der Bundesregierung: „Das Stationierungsrecht sieht keine Beteiligung an der Planung oder Durchführung einzelner militärischer Aktivitäten vor“. Zur Möglichkeit, die US-Aktivitäten ihrerseits zumindest zu überwachen, teilt die Bundesregierung mit: „Deutsche Behörden überwachen verbündete Staaten weder im Inland noch im Ausland“. Die Bundesregierung sieht ferner keine Erfordernis für rechtliche Änderungen und „keine Veranlassung“, sich juristischen Rat einzuholen, um zu prüfen, ob die US-Aktivitäten in Wiesbaden einen Verstoß gegen das internationale Neutralitätsrecht darstellen. Ein solcher Verstoß könne aus Sicht der AfD „insbesondere bei direkter Steuerung von Angriffen rechtlich zur Kriegsbeteiligung führen“.

Aus Sicht der Bundesregierung, ist die Schwelle zur Kriegsbeteiligung jedoch erst dann überschritten, „wenn Streitkräfte eines Staates oder diesem Staat zurechenbare Personen in dessen Auftrag auf Seiten einer Konfliktpartei unmittelbar in den Konflikt eingreifen und dabei unmittelbar einer anderen Konfliktpartei militärischen Schaden zufügen“. Die Frage, ob „deutsche Offiziere, zivile Beamte oder Mitarbeiter deutscher Sicherheitsdienste“ in die Arbeit der „Task Force Dragon“ involviert waren, antwortet die Bundesregierung mit „nein“. Ob allerdings Bundesbehörden Infrastruktur, Logistik oder Kommunikationsnetze für die Aktivitäten in Wiesbaden bereitstellen, lässt die Bundesregierung offen.

Ebenso offen bleibt die Frage, ob die Bundesregierung vorab oder nachträglich über die Einrichtung der „Task Force Dragon“ informiert wurde. Sie versichert lediglich, dass die Aktivitäten auf der US-Militärbasis vom Nato-Truppenstatut geregelt und „nicht an eine Zustimmung oder Begleitung durch den Bundessicherheitsrat gebunden“ seien. Die AfD wollte auch wissen, ob eine „Beschränkung“, „Verlegung“ oder „Schließung“ der entsprechenden Einrichtungen in Wiesbaden geplant seien, „auch um das Risiko einer konventionellen oder nuklearen Eskalation zu senken“. Die Bundesregierung teilt knapp mit, sie führe hierzu „keine Verhandlungen“. Sie widerspricht darüber hinaus in ihrer Antwort nicht den Aussagen von US-Außenminister Marco Rubio und des US-Sondergesandten Keith Kellogg, wonach es sich beim Krieg in der Ukraine um einen „Stellvertreterkrieg“ handele, sondern bekräftigt lediglich, die Ukraine verteidige sich „auch mithilfe internationaler Unterstützung“ „gegen den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg“.

In Bezug auf die dürftige Informationslage zu den Vorgängen in Wiesbaden, weist die Bundesregierung darauf hin, dass der „parlamentarische Informationsanspruch“ durch „das Interesse der Bundesregierung an funktionsgerechter und organadäquater Aufgabenwahrnehmung“ eingeschränkt sei. Zu den Inhalten „vertraulicher Gespräche“ mit den USA und anderen Staaten könne sie sich nicht äußern – „zum Schutz der auswärtigen Beziehungen“. Ähnliches gelte in verschärfter Form für Fragen mit Bezug zu den Nachrichtendiensten des Bundes: Das „Staatswohl“ überwiege „gegenüber dem parlamentarischen Informationsrecht“.

Für den AfD-Bundestagsabgeordneten Stefan Keuter, Obmann im Auswärtigen Ausschuss und Hauptautor der Anfrage, zeugt die Antwort der Bundesregierung von „Verantwortungslosigkeit“ gegenüber der deutschen Bevölkerung. Die Sicherheit der Deutschen spiele für diese Bundesregierung offenbar keine Rolle. Schon die Waffenlieferungen hätten das Risiko einer Eskalation „stetig erhöht“. Deutschland dürfe sich „im eigenen Sicherheitsinteresse“ nicht am Krieg in der Ukraine beteiligen, sondern müsse zurückkehren zu „Diplomatie, Souveränität und vor allem Selbstschutz“.

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