De Maizière verkündet Sicherheitspaket

Als Reaktion auf die jüngsten Anschläge in Bayern plant Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ein prall gefülltes Sicherheitspaket. Einiges darin ist schon länger in der Diskussion und bereits eingeleitet. Anderes wurde vorher schon mal diskutiert – ergebnislos, weil Union und SPD sich nicht einig wurden. Hier droht neuer Streit. Einige Ideen sind auch komplett neu.

Die Bundespolizei und die anderen Sicherheitsbehörden sollen zusätzlich zum bereits beschlossenen Personalplus weitere Stellen bekommen. Die Größenordnung nach de Maizières Willen: eine „mittlere vierstellige Zahl“ über mehrere Jahre. Die SPD fordert ebenfalls mehr Personal.

Der öffentliche Raum, vor allem Bahnhöfe, soll mit mehr Kameras bestückt werden. Dabei soll auch „intelligente Technik“ zum Einsatz kommen – etwa Software, die erkennt, wenn ein Gepäckstück länger nicht bewegt wird. Ein Pilotprojekt dazu gibt es in Berlin. Angedacht ist auch Software zur Gesichtserkennung für Fahndungszwecke, ebenso Lesegeräte für Auto-Kennzeichen, um gesuchte Fahrzeuge aufzuspüren.

Polizei und Bundeswehr sollen zusammen für Anti-Terror-Einsätze im Inland üben. Ende August wollen de Maizière und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die erste Übung für den Terrorfall vorbereiten. Die „Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich“ – kurz Zitis – soll Techniken zur Überwachung von Kommunikation im Internet und über Messenger-Dienste entwickeln, um verschlüsselte Kommunikation zu knacken.

Die schärfere Überwachung von Flugreisenden ist EU-weit bereits beschlossene Sache. Deutschland muss die EU-Vorgabe nun in nationales Recht umsetzen. De Maizière will dabei durchsetzen, dass alle Sicherheitsbehörden in Deutschland Zugriff auf die Daten bekommen. Das neue europäische Waffenrecht soll schnellstmöglich umgesetzt werden. Ziel ist unter anderem, den Waffenhandel im Netz einzudämmen. Die Arbeit an der entsprechenden EU-Richtlinie ist aber noch nicht abgeschlossen.

De Maizière will zudem Werbung und Sympathiebekundungen für Terrorgruppen wieder unter Strafe stellen. Eine solche Regelung gab es bereits einmal vor Jahren. Die Union plädiert seit langem für eine Wiedereinführung. Die SPD stellte sich bislang klar dagegen. Wer im Ausland für eine Terrormiliz gekämpft hat, soll die deutsche Staatsbürgerschaft verlieren – sofern er bislang zwei Pässe hat. Auch das hat die Union vielfach gefordert, sie konnte die SPD bisher aber nicht überzeugen.

De Maizière will außerdem, dass Mediziner häufiger den Sicherheitsbehörden Bescheid geben, wenn sie auffällige Patienten haben, die gefährlich werden und eine Straftat begehen könnten. Am Mittwoch war durchgesickert, der Minister wolle die ärztliche Schweigepflicht aufweichen. Die Empörung war allerdings groß. Schon heute können sich Mediziner in Ausnahmen über ihre Schweigepflicht hinwegsetzen. De Maizière betont nun, er wolle die Schweigepflicht nicht antasten, sondern gemeinsam mit der Ärzteschaft nach Lösungen suchen.

Für Ausländer, die straffällig geworden sind oder als gefährlich gelten, will de Maizière Schnellverfahren, um sie eilig aus dem Land zu schicken. Dazu ist ein Pilotprojekt in NRW vereinbart. Allerdings gibt es bei Abschiebungen eine ganze Reihe von Hindernissen, die bislang ungelöst sind. De Maizière will auch einen neuen Haftgrund ins Gesetz schreiben: Wer eine „Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ darstellt, soll vor seiner Abschiebung inhaftiert werden können. Das bietet einigen Interpretationsspielraum und könnte für Streit sorgen.

Geduldete – also Menschen, deren Asylantrag keinen Erfolg hatte, aber trotzdem im Land bleiben dürfen – sollen nicht mehr alle gleich behandelt werden. Wer etwa nur deshalb nicht heimgeschickt werden kann, weil er seinen Pass weggeworfen hat, soll nach de Maizières Plänen schlechter gestellt werden als jemand, der wegen einer schweren Erkrankung nicht abgeschoben wird. Er soll nur einen kurzen Abschiebeaufschub und weniger Sozialleistungen bekommen. Diese bewusste Ungleichbehandlung könnte auf Widerstand stoßen.

Der Staat soll bestimmte Flüchtlinge vorab genauer durchleuchten. Geplant ist ein Pilotverfahren zunächst bei Resettlement-Flüchtlingen, also jenen, die gezielt ins Land geholt werden. Bei ihnen sollen Facebook-Konten oder andere Social-Media-Accounts zum Beispiel auf Kontakte zu Extremisten gecheckt werden. Auch das ist eine heikle Angelegenheit.

Wie in der analogen Welt sollen künftig auch im Cyberraum verdeckte Ermittler zum Einsatz kommen, so eine weitere Idee. Integrationskurs-Lehrer sollen mehr sozialpädagogisch geschult werden. Für Flüchtlinge soll es Anlaufstellen geben, an die sie sich in ihrer Sprache wenden können, wenn sie bei einem Bekannten eine Radikalisierung beobachten. Außerdem plädiert de Maizière für ein europäisches Zentrum für Prävention und De-Radikalisierung.

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