Drohende Eskalation im Nahen Osten
US-Denkfabrik: Iran hat kaum andere Wahl, als Konflikt zu eskalieren / Russland liefert Waffen an Iran, USA entsenden Kriegsschiffe für Israel / Netanjahu: Sicherheitsbeamte, die Waffenstillstand mit Hamas wollen, sind „Schwächlinge“
(Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar)
Nach der Ermordung des politischen Hamas-Chefs Ismail Haniyya Ende Juli in Teheran hat Ajatollah Ali Chamenei, Oberster Führer des Iran, einen Vergeltungsschlag gegen Israel angekündigt. Offenbar sei die Antwort auf die Ermordung zweier Brigadegeneräle bei einem Anschlag auf das iranische Konsulat in Damaskus im April „nicht ausreichend genug“ gewesen, um Israel abzuschrecken, erklärte Mohammad Marandi, politischer Analyst und Berater der iranischen Regierung. Der aktuell angekündigte Gegenschlag werde „viel schwerer“ sein und mit mehr Raketen und Drohnen ausgeführt werden, „die echten Schaden anrichten“, sagte Marandi in einem Interview mit dem arabischen Nachrichtensender Al Mayadeen.
US-Präsident Biden erwartet, dass der Iran von einem Angriff auf Israel absehen könnte, sollte es bei Verhandlungen am 15. August zu einem Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas kommen. Laut einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters haben drei hohe iranische Beamte diese Hoffnung bestätigt. Allerdings hat die Hamas angekündigt, nicht an den von den USA, Ägypten und Katar initiierten Gesprächen teilzunehmen. Israels Handlungen inklusive der Ermordung des wichtigsten Unterhändlers der Hamas, Ismail Haniyya, würde zeigen, dass das Land eine Waffenruhe nicht ernsthaft verfolge, so die Begründung der Hamas.
Dem geopolitischen Analysten Alexander Mercouris zufolge verschaffen die Verhandlungsbemühungen dem Iran Zeit, sich Rückendeckung bei seinen Verbündeten zu holen und sich auf den Angriff auf Israel sowie auf die Abwehr eines möglicherweise darauf folgenden Vergeltungsschlags vorzubereiten. In einem Kommuniqué haben die Außenminister der Organisation für Islamische Zusammenarbeit nach einem außerordentlichen Treffen in Saudi-Arabien die Ermordung Haniyyas als Verletzung des Völkerrechts und der UN-Charta sowie als „schwere Verletzung der Souveränität, der territorialen Integrität und der nationalen Sicherheit der Islamischen Republik Iran“ scharf verurteilt und Israel dafür verantwortlich gemacht. Zudem forderten sie „ein sofortiges und wirksames Eingreifen des UN-Sicherheitsrates“. Dieser hat zwar über eine „ernste und gefährliche Eskalation“ im Nahen Osten debattiert, jedoch keine weiteren Maßnahmen eingeleitet.
Laut Informationen der Deutschen Presse-Agentur hat Russland damit begonnen, moderne Radaranlagen zur Luftraumverteidigung sowie Iskander-Raketensysteme und Murmansk-BN-Systeme für die elektronische Kriegsführung an den Irak zu liefern. Dem ukrainischen Magazin Defense Express zufolge unterstützt Russland den Iran auch mit dem Flugabwehrraketensystem S-400 sowie entsprechenden Spezialisten, um dessen nukleare Einrichtungen zu schützen. Im Gegenzug haben die Vereinigten Staaten damit begonnen, einen Flugzeugträger, mehrere Kriegsschiffe und ein Atom-U-Boot zur Raketenabwehr sowie 4.000 Marines ins Mittelmeer zur Unterstützung Israels zu entsenden. Zudem hat die US-Regierung einen weiteren Waffenhandel über 20 Milliarden Dollar mit Israel abgesegnet.
Die Washingtoner Denkfabrik Center for Strategic and International Studies geht davon aus, dass der Iran zwar eine Ausweitung des Konflikts im Nahen Osten vermeiden wolle. Doch nach der Ermordung Haniyyas habe Teheran aus internationalen und innenpolitischen Gründen „kaum eine andere Wahl, als den Konflikt zu eskalieren, wie es dies mit seinem Angriff auf Israel im April getan hat“. Laut Informationen der Financial Times unterstützen viele ranghohe Sicherheitsbeamte Israels einen Waffenstillstand mit der Hamas, um einen größeren Krieg im Nahen Osten zu vermeiden. Darunter befinden sich neben dem Verteidigungsminister auch der Chef der israelischen Armee und der Chef des Geheimdienstes Mossad. Der Financial Times zufolge soll Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sie deshalb als „Schwächlinge“ bezeichnet haben, die nicht wissen würden, „wie man eine Verhandlung führt“.