Energielieferanten Katar und USA fordern Änderung der EU-Nachhaltigkeitsrichtlinie
Wegen möglicher Strafen: Gas-Exportländer fordern Rücknahme von EU-Regelung / EU-Parlament stimmt vorerst gegen Abschwächung / Europäischer Rat beschließt Ende des Flüssiggas-Imports aus Russland
(Diese Meldung ist eine Übernahme von Multipolar)
In einem gemeinsamen Offenen Brief vom 22. Oktober warnen die Energieminister der USA und Katars die EU-Regierungen vor der Durchsetzung der EU-Nachhaltigkeitsrichtlinie und fordern Änderungen bis hin zur vollständigen Rücknahme. Die Richtlinie zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht und Nachhaltigkeit (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) verpflichtet Konzerne auch außerhalb der EU zum Nachweis der Einhaltung von Umwelt- und Menschenrechtsstandards in der gesamten Lieferkette. Sie soll ab 2027 in Kraft treten und sieht bei Verstößen eine Strafe bis zu fünf Prozent des weltweiten Umsatzes vor.
In dem offenen Brief von US-Energieminister Chris Wright und Katars Energieminister Saad Sherida Al-Kaabi heißt es, die Richtlinie werde „unbeabsichtigte Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit“ des Exports von Flüssigerdgas (LNG) nach sich ziehen. Sie stelle „ein erhebliches Risiko für die Bezahlbarkeit und Zuverlässigkeit der kritischen Energieversorgung für Haushalte und Unternehmen in ganz Europa“ dar. Die EU-Regelung beeinträchtige Investitionen und Handel und sei eine „existenzielle Bedrohung“ für das künftige Wirtschaftswachstum der EU.
Die Minister fordern insbesondere die „Überprüfung“ von Artikeln der Richtlinie zu deren „extraterritorialen Anwendung“, zu den Plänen zur Eindämmung des Klimawandels, zu Strafen sowie zur „zivilrechtlichen Haftung von Unternehmen“. Angesichts der vorgesehenen Auflagen und Strafzahlungen droht Katar mit einem kompletten Rückzug vom EU-Markt. Eine Abstimmung am 22. Oktober im EU-Parlament zur Abschwächung der Richtlinie fand keine Mehrheit. Die Abstimmung soll im November wiederholt werden.
Die Tageszeitung „Merkur“ schreibt, nach der Abkehr von russischen Energielieferungen sehe die EU sich nun „der Erpressbarkeit globaler Handelspartner ausgesetzt“. Das Schreiben der USA und Katars hole die EU-Verordnung aus der „Welt moralischer Absichtserklärungen in die harte Realität von Versorgungssicherheit, Standort-Qualität und geopolitischer Abhängigkeit“, heißt es weiter. Die Debatte um Gasimporte und internationale Wirtschaftsinteressen sei zu einem „Machtspiel“ geworden.
Der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs hatte am 23. Oktober das 19. Sanktionspaket gegen Russland beschlossen. Die neuen Regelungen sehen unter anderem das Ende des Imports von LNG aus Russland ab dem 25. April 2026 vor. Lieferungen aufgrund von Verträgen mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr sollen ab 1. Januar 2027 verboten sein. Der Anteil Russlands am LNG-Import der EU betrug laut Eurostat im Jahr 2024 rund 17,5 Prozent. Die USA waren demnach mit rund 45 Prozent der größte LNG-Lieferant der EU, während Katar mit mehr als zehn Prozent auf Platz vier lag.
Das Ende der russischen Gaslieferungen durch Sanktionen des Europäischen Rates zu verfügen, anstatt dies durch eine EU-Gesetzgebung zu regeln, soll Schadenersatzforderungen verhindern. Europäische Energiekonzerne könnten ihre laufenden Verträge mit Gazprom auf diese Weise unter Berufung auf „höhere Gewalt“ kündigen, heißt es in einem Reuters-Bericht vom Mai.