Pressefreiheit

EU hält Sanktionen gegen deutschen Journalisten aufrecht

Journalist: Beweismaterial basiert auf Meinungsäußerungen auf „X“ / Keine Verbindungen zu Russland ersichtlich / Auswärtiges Amt nennt Journalist „Desinformationsakteur“

(Diese Meldung ist eine Übernahme von Multipolar)

Der EU-Ministerrat hat den Antrag abgelehnt, die EU-Sanktionen gegen den deutschen Journalisten Hüseyin Dogru aufzuheben. Obwohl Dogru, der Chefredakteur des inzwischen eingestellten Onlinemediums „red.“ war, die Veröffentlichung der „Beweise“ gegen ihn untersagt worden sei, stellte er diese zusammen mit dem Ablehnungsschreiben Anfang September auf der Plattform „X“ online. Demnach wird die Aufrechterhaltung der Sanktionen damit begründet, dass Dogru weiterhin „Falschinformationen“ mittels „AFA Medya“, dem Mutterkonzern von „red.“, und durch seine „eigenen Social Media Kanäle“ verbreite.

Im Ablehnungsschreiben werden die ursprünglichen Anschuldigungen gegen Dogru wiederholt. Dazu gehört der Vorwurf, „red.“ unterhalte „enge finanzielle und organisatorische Verbindungen“ zu Akteuren „der russischen Staatspropaganda“. In den „Beweispaketen“ der EU finden sich laut Medienberichten und Dogrus eigener Darstellung dafür jedoch keine Belege.

Stattdessen würden Dogru zur Aufrechterhaltung der Sanktionen insgesamt sechs Tweets auf „X“ zur Last gelegt. Im ersten Tweet konstatiert er, dass die großen etablierten Medien bislang kein Interesse an seinem Fall gezeigt hätten und die Berichterstattung über „diese außergerichtliche Bestrafung“ verweigerten. Im zweiten und dritten Tweet kommentiert Dogru Aussagen von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Dieser würde damit „prahlen“, dass die USA der Ukraine mehr Waffen liefern, wenn Europa dafür zahle. Dogru kritisiert die Ausgaben für „den inter-imperialistischen Krieg der USA mit Russland“ und weist darauf hin, dass „die USA auf Kosten Europas von höheren LNG- und Waffenverkäufen profitieren. Deutschland begrüße Krieg, seine „Kapitalistenklasse“ sehe keinen anderen Weg, um zu überleben.

In einem weiteren Post, der als „Desinformation“ klassifiziert worden sei, nimmt Dogru Bezug auf einen bei „red.“ erschienenen Text und fragt seine Follower, ob sie wüssten, dass in der Anfangszeit der Nato Nazis deren „Ränge füllten“. Die beiden letzten „Beweise“ sollen sich auf Tweets von „red.“ beziehen. Einer der Posts zeige ein Foto, über dem steht, es handele sich um eine Aufnahme von den „Straßen Londons während der laufenden anti-faschistischen Massenmobilisierung gegen Großbritanniens rasende rechtsextreme Pogrome“. Auf dem Foto hält eine schwarze Frau ein Schild mit der Aufschrift: „Wir kamen nicht nach Großbritannien, Großbritannien kam zu uns“. Im letzten angeführten Tweet heißt es: „Deutschland hat eine neue Resolution verabschiedet, die Kritik an Israel mit dem Entzug der Staatsbürgerschaft ahnden soll.“ Dazu wird ein verlinkter Text von „red.“ empfohlen.

Die „NachDenkSeiten“ schreiben in einem Bericht, es sei ihnen „durch eine Quelle in der EU-Administration gelungen“, das „Beweispaket“ des Ministerrates einzusehen. Das Online-Magazin könne bestätigen, dass es sich bei den von Dogru aufgeführten Tweets tatsächlich um die einzigen „Belege“ handele, mit denen die EU und „die Bundesregierung die Aufrechterhaltung der Sanktionierung eines Journalisten und deutschen Staatsbürgers rechtfertigen“. Neben diesen jüngsten „Beweisen“ erläuterte Dogru Anfang September auch, welche ursprünglichen Belege die EU gesammelt habe, um die Sanktionen gegen ihn zu rechtfertigen. Laut Dogrus eigenen Darstellungen auf „X“ enthalte auch das ursprüngliche „Beweispaket“ der EU keine Belege für eine Finanzierung aus Russland.

Das Auswärtige Amt hielt auf einer Bundespressekonferenz Ende September gleichwohl am Vorwurf fest, Dogru habe „im Auftrag mutmaßlicher russischer Stellen Desinformation verbreitet“. In einer Antwort an den Journalisten Florian Warweg von den „Nachdenkseiten“ sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes: „Insofern betrachten wir das, was Sie hier öfter als Kollegen bezeichnen, als Desinformationsakteur.“ Dogru reagierte nicht auf eine Multipolar-Anfrage zum Thema.

Hüseyin Dogru war Ende Mai im Rahmen des 17. Sanktionspakets der EU zusammen mit den beiden in Russland lebenden deutschen Journalisten Thomas Röper und Alina Lipp gelistet worden. Auf Anfrage von Multipolar hatte eine Sprecherin der EU-Kommission für Außen- und Sicherheitspolitik Anfang Juli erklärt, die „Bewertung der Aktivitäten von Herrn Dogru“ seien „gründlich und wohlbegründet“. Man weise die „Behauptung“ zurück, dass seine Aufnahme in die Sanktionsliste auf „Spekulation“ beruhe. Für eine solche Entscheidung würden „Beweispakete“ zusammengestellt, für die eine „substantielle Menge an Informationen“ analysiert werde.

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