Griechenland

Kreditgeber drängen auf weitere Sozialkürzungen

(28.02.2017/hg/dpa)

Die griechische Finanzkrise hält die EU weiter in Atem: Vertreter der internationalen Geldgeber haben am Dienstag in Athen neue Kontrollen des griechischen Reformprogramms gestartet. Am Vormittag wurde über Privatisierungen und Energiethemen gesprochen. Am Abend sollten die nötigen Kürzungsmaßnahmen für die kommenden Monate und Jahre erörtert werden. Dies erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Kreisen des Finanzministeriums in Athen.

Mit den neuen Maßnahmen sollen rund 3,6 Milliarden Euro eingespart werden. Ziel sei es, dass Griechenland nach 2018 und für mehrere Jahre 3,5 Prozent primären Überschuss (ohne Schuldendienst) erreicht und damit aus eigener Kraft zumindest die Zinsen für seine Kredite zahlen kann. Die griechische Finanzpresse urteilte, die Latte sei zu hoch gelegt. Schaffe Griechenland das, wäre es ein Rekord in der Geschichte der Staatsfinanzen der Länder dieser Welt, hieß es.

Während das Land weiter in Armut versinkt und dank der verschiedenen „Rettungspakete“ mittlerweile auf das Niveau eines Entwicklungslands zurückgefallen ist, pressen die Gläubiger mithilfe des Damoklesschwerts der Staatspleite Athen dazu, den Lebensstandard der Bevölkerung noch weiter abzusenken, um die Kredite mitsamt Zinsen bedienen zu können.

So forderten die Gläubiger unter anderem die Senkung des Einkommensteuer-Freibetrags von heute 8636 Euro auf etwa 6000 Euro pro Jahr, was vor allem Niedriglohnempfänger betreffen würde. Bedingung für weitere Kredite sind darüber hinaus im Widerspruch zur EU-Sozialcharta stehende Aufweichungen des Arbeits- und Streikrechts. Zudem sind weitere Privatisierungen sowie Kürzungen von Renten, die oftmals die einzige Einkommensquelle für Familien bilden, vorgesehen.

Athen „kämpfe“ darum, dieses Kürzungsprogramm etwas zu entschärfen. Die Maßnahmen – besonders die neuen Rentenkürzungen und die Senkung des Steuerfreibetrags – sollen stufenweise von 2018 an bis 2020 in Kraft treten, hieß es aus gut informierten Kreisen des Finanzministeriums.

Es sei unklar, wie lange die Kontrolleure der EU-Kommission und Europäischen Zentralbank (EZB), des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) bleiben werden. Optimistische Finanzexperten in Athen hoffen auf einen Abschluss der Kontrollen binnen einer Woche und eine Einigung beim nächsten Treffen der Eurogruppe am 20. März. Andere Beobachter befürchten, das Tauziehen könnte bis zum Sommer andauern. Im Juli muss Griechenland mehr als sieben Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) und andere Gläubiger zahlen. Das Geld dafür gibt es in den Kassen in Athen nicht.

Die griechische Regierung hatte 2015, nachdem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mit einem Ausschluss aus der Euro-Zone gedroht hatte, im Gegenzug für neue Kredite von bis zu 86 Milliarden Euro umfangreiche Kürzungsmaßnahmen zugesagt. Der IWF nimmt vorerst nur als Berater an den Verhandlungen teil. Erst nach einer erfolgreichen Überprüfung können weitere Milliarden ausgezahlt werden. Dies ist auch Voraussetzung für eventuelle Schuldenerleichterungen, auf die Athen und der IWF dringen, und die von so gut wie allen Wirtschaftsexperten als notwendig betrachtet wird, damit das Land irgendwann wieder auf eigenen Füßen stehen kann. Berlin stemmt sich gegen Schuldenerleichterungen und drängt – begleitet von erneuten Drohungen – auf weitere „Reformen“, um sich das öffentliche Eigentum Griechenlands günstig einverleiben zu können.

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