Ukraine-Krieg

Langjähriger OSZE-Beobachter wirft Organisation Ignoranz gegenüber ukrainischen Verbrechen vor

Französischer Militärbeobachter nach sieben Jahren in der Ukraine: Nationalisten verhinderten Frieden / OSZE ignorierte Kriegsverbrechen rechtsradikaler Bataillone / US-Botschafter: „Das interessiert mich nicht“

(Diese Meldung ist eine Übernahme von Multipolar)

Der frühere französische Mitarbeiter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) Benoît Paré übt schwerwiegende Kritik an ukrainischen Nationalisten und an der Rolle der OSZE im Ukraine-Konflikt. „Wir haben unser Mandat verraten“, sagte der langjährige Militärbeobachter in vorangegangenen Interviews mit dem französischen Online-Magazin „L’Eclaireur“ und mit dem US-Magazin „The Grayzone“, die nun vom Schweizer Online-Medium „Infosperber“ übersetzt und zusammengefasst wurden. (27. Oktober) Die Leitung der OSZE-Mission in der Ukraine sei zu keinem Zeitpunkt neutral gewesen, obwohl ihr Mandat auf Unparteilichkeit basierte, erklärte Paré. Zudem habe die OSZE Verbrechen ukrainischer Regierungstruppen und rechtsradikaler Freiwilligenbataillone an der ostukrainischen Zivilbevölkerung ignoriert.

Paré habe in seinen sieben Jahren Dienst von 2015 bis 2022 in der Ukraine zahlreiche Zeugenberichte von Einwohnern gehört, die über Plünderungen oder Zerstörungen durch die von Kiew entsandten Streitkräfte berichteten. „Doch in den Berichten der OSZE stand davon nie etwas.“ Die Aussagen der Bevölkerung seien von OSZE-Verantwortlichen nicht als „Fakten“ sondern lediglich als „Gerüchte“ betrachtet worden. In der Region Kramatorsk seien regelmäßig Einwohner von Freiwilligenbataillonen entführt, eingesperrt und zusammengeschlagen worden, erzählte er. Die Entführten hätten leere Papiere unterschreiben müssen, denen später erfundene „Geständnisse“ hinzugefügt wurden. Dann seien die Betroffenen erneut – nun offiziell – verhaftet worden, berichtete Paré, der vor seiner OSZE-Tätigkeit als Offizier in der französischen Armee diente.

In sämtlichen Regionen, in denen Paré eingesetzt war, seien die ukrainischen Streitkräfte von der Zivilbevölkerung mehrheitlich stark abgelehnt worden. Die Einheimischen hätten die von Kiew entsandten Soldaten als „Besatzungstruppen“ betrachtet. Die Soldaten wiederum hätten die Einwohner teilweise als „Terroristen“ gesehen und gedacht „sie könnten tun, was sie wollten“. Es habe viele Vorfälle und Informationen gegeben, die die OSZE-Beobachter dokumentierten, die aber höherrangige OSZE-Leute „einfach nicht hören wollten“, kritisierte Paré. Ein US-Botschafter, der die OSZE-Mission besuchte, habe sich nach „Menschenrechtsverletzungen“ erkundigt. Doch als Parés Kollegin dem westlichen Diplomaten von Verbrechen der ukrainischen Streitkräfte berichtete, da ihr keine anderen Verbrechen bekannt waren, habe dieser geantwortet: „Tut mir leid, das interessiert mich nicht.“

Rund drei Viertel aller zivilen Todesopfer und Sachschäden im Gebiet Lugansk seien Paré zufolge von der ukrainischen Armee verursacht worden. Er habe alle Daten zur Verfügung gehabt und die Statistiken selbst erstellt. Nur ein kleiner Teil dieser Daten sei von der OSZE überhaupt veröffentlicht worden und lediglich im Jahr 2016 habe die OSZE in einem Bericht einmal erwähnt, dass die ukrainische Armee für die meisten Opfer des Krieges verantwortlich sei. Daraufhin habe die ukrainische Regierung der OSZE vorgeworfen, von russischen Beobachtern „in die Irre geführt“ worden zu sein. Dabei sei tatsächlich kein einziger Russe an Sammlung und Analyse der Daten beteiligt gewesen, erläutert Paré. Aufgrund des Protests aus Kiew habe die OSZE von da an jedoch auf eine nähere Aufschlüsselung der Opferzahlen verzichtet.

Die OSZE habe auch rechtsradikale Exzesse des Asow-Bataillons ignoriert. Mehrere von der ukrainischen Freiwilligeneinheit besetzte Gebäude, die die OSZE bei Mariupol besichtigte, seien „praktisch überall mit Hakenkreuzen bemalt“ gewesen. Auch ein Porträt von Adolf Hitler habe Paré dort gefunden. In weiteren Asow-Stellungen habe es ähnlich ausgesehen. „Ich fand das unglaublich und machte Fotos, um diese Dinge zu dokumentieren und niemand behaupten kann, ich hätte mir das ausgedacht.“ Mitglieder von Asow erzählten ihm im Jahr 2018 demnach, sie hätten zwar immer noch „Nazis“ in ihren Reihen, diese aber gebeten, „diskreter“ zu sein. In örtlichen Gerichtsverhandlungen habe Paré zudem Zeugenaussagen über Folter und andere „Gräueltaten“ gehört, die von rechtsradikalen Einheiten wie „Asow“, „Aidar“ oder „Dnipro-1“ begangen worden seien.

Der französische Militärbeobachter machte die militanten ukrainischen Nationalisten auch für den Fortgang des Konflikts wesentlich verantwortlich. Diese hätten im Jahr 2015 die ukrainische Politik massiv unter Druck gesetzt, die Minsk-Abkommen, die den ostukrainischen Regionen mehr Autonomie eingeräumt hätten, nicht umzusetzen. Nationalistische Abgeordnete besetzten die Parlamentstribüne. Bei einer gewalttätigen Demonstration am 31. August vor dem Parlament in Kiew warf ein Nationalist eine Handgranate, die drei Polizisten und einen Journalisten tötete. Weitere Lesungen des Gesetzes seien im ukrainischen Parlament wegen Gewaltdrohungen nicht zustande gekommen. Die Umsetzung der Minsker Abkommen hätte den späteren russischen Einmarsch verhindern können, betonte Paré. Die Nationalisten seien bis heute ein entscheidendes Hindernis für Frieden.

Paré habe die OSZE letztlich verlassen, weil die Organisation im Widerspruch zu ihrem Mandat in der Ukraine nicht neutral agierte und daran auch nach interner Kritik nichts ändern wollte. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte im Dezember 2022 ebenfalls kritisiert, dass die OSZE in der Ukraine parteiisch agiere. Die Organisation habe nicht nur Verbrechen ukrainischer Regierungstruppen und rechtsradikaler Freiwilligenbataillone ignoriert, sondern diesen teilweise sogar bei der Identifizierung von Angriffszielen in Donezk und Lugansk geholfen. Die OSZE werde von westlichen Ländern dominiert, kritisierte Lawrow. „Geist und Wortlaut der Charta sind zerstört.“ Im April 2022 waren mehrere ukrainische OSZE-Mitarbeiter in Donezk festgenommen und zwei Jahre später wegen „Spionage“ in Industrieanlagen zu Haftstrafen verurteilt worden.

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