RKI-Protokolle

Lauterbach will RKI-Protokolle freigeben

Gesundheitsminister kündigt Entschwärzung in „vielleicht vier Wochen“ an / Rechtsanwalt widerspricht angekündigten Einschränkungen / Multipolar-Mitherausgeber zur weiter dementierten politischen Einflussnahme: „Lauterbach lügt“

Karl Lauterbach (Archivfoto).
© Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons), Mehr Infos

(Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar)

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat angekündigt, die Protokolle des Krisenstabs im Robert Koch-Institut (RKI) aus der Zeit der Corona-Krise offenzulegen. „Ich habe gestern veranlasst, dass die Protokolle weitestgehend entschwärzt werden“, sagte er am heutigen Donnerstag (28. März) in einem Interview mit dem Radiosender „Deutschlandfunk“. Es solle „nicht der Hauch eines Eindrucks entstehen“, das RKI verberge hier bewusst etwas, erklärte Lauterbach.

Multipolar hatte die Dokumente des Zeitraums Januar 2020 bis April 2021 in einem rund zwei Jahre andauernden Rechtsstreit mit dem RKI freigeklagt, aber nur mit umfangreichen Schwärzungen erhalten. Vor der Herausgabe der entschwärzten Protokolle werde geprüft, was „unbedingt“ geschwärzt bleiben soll, erläuterte der Gesundheitsminister weiter. Das RKI müsse nun „jeden um Erlaubnis bitten, der in den Protokollen genannt wird oder dessen Interessen genannt werden“, damit die Entschwärzung stattfinden könne. Dieser Vorgang könne „vielleicht vier Wochen“ dauern.

Rechtsanwalt Christoph Partsch, der Multipolar vor Gericht vertritt, widerspricht. Laut Informationsfreiheitsgesetz (IFG) brauche keineswegs jeder Betroffene um Erlaubnis für die Entschwärzung gefragt werden. Es genüge, wenn das öffentliche Interesse überwiegt, so Partsch, dessen Kanzlei auf IFG-Verfahren spezialisiert ist. „Das ist sicher bei den Ministerpräsidenten, Staatssekretären und auch den führenden und ja sehr medienaffinen Professoren der Fall.“ Bei einfachen Mitarbeitern seien unter anderem Name und Dienstbezeichnung zu nennen.

Partsch betrachtet Lauterbachs einschränkende Ankündigungen zu den Schwärzungen als unzutreffend. „Angesichts der abgeschlossenen Beratungen gibt es außer überwiegenden Persönlichkeitsrechten und vielleicht noch Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen privater Dritter keine Ausnahmegründe mehr, die eine Schwärzung rechtfertigen“, erläutert der Jurist. Bei beiden Ausnahmegründen sei darüber hinaus das „überragende öffentliche Interesse“ an der Offenlegung zu berücksichtigen. Dieses führe fast immer zu einem Überwiegen der Transparenzinteressen.

Zur Frage, wer die Schwärzungen veranlasste, betonte Lauterbach, er habe mit der ursprünglichen Entscheidung darüber „nichts zu tun“ gehabt. Allerdings kann die Entscheidung erst nach dem 30. Dezember 2021 getroffen worden sein. An diesem Tag wurde der IFG-Antrag, den Multipolar am 5. Mai 2021 beim RKI gestellt hatte, von der Behörde abgelehnt und der intensive Schriftwechsel der gegnerischen Anwaltskanzleien, der zur Freigabe führte, begann. Lauterbach ist seit dem 8. Dezember 2021 im Amt des Bundesgesundheitsministers und dem RKI gegenüber weisungsbefugt.

„Ich habe die entschwärzten Protokolle auch selbst noch nicht gesehen“, betonte Lauterbach im Interview mit dem Deutschlandfunk. Unklar bleibt bei entsprechender Unkenntnis, auf welcher Grundlage er erklärte, es habe keine politische Einflussnahme auf RKI-Entscheidungen gegeben. Multipolar-Mitherausgeber Paul Schreyer weist darauf hin, dass Lauterbachs Dementi durch die Protokolle selbst widerlegt werde. So sei im Protokoll vom 29. Juni 2020 wörtlich von einer „Vorgabe des BMG“ (Bundesministerium für Gesundheit) die Rede, das Corona-Risiko weiterhin als „hoch“ einzustufen. Dass es keine politische Einflussnahme gab, sei erwiesen unwahr: „Lauterbach lügt“.

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