Ukraine-Krieg

Mögliches Ende der US-Unterstützung für die Ukraine

Kriegsbeobachter: Ukrainische Armee könnte zusammenbrechen / Zugeständnisse Moskaus Erfolg der russischen „Öffentlichkeitsarbeit“ / Westen vor „strategischem Dilemma“

(Diese Meldung ist eine Übernahme von Multipolar)

Die Regierung der Vereinigten Staaten (USA) drängt auf einen schnellen Abschluss eines Friedensabkommen, um den Krieg in der Ukraine zu beenden. Ein konkreter Vorschlag der USA wurde sowohl der Ukraine als auch Russland unterbreitet. Darin wollen die USA offenbar die Krim als russisches Staatsgebiet und die besetzten Gebiete in der Ukraine als faktisch unter Russlands Kontrolle anerkennen. Während der Kreml angeboten haben soll, das russische Vorrücken an der Front zur Erfüllung des Vorschlags zu stoppen, hat der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski einen Verzicht der besetzten Gebiete kategorisch abgelehnt. Daraufhin platzte ein geplantes Treffen der Außenminister der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands in London.

US-Präsident Donald Trump schrieb auf „Truth Social“, Selenskis Aussage sei „sehr schädlich für die Friedensverhandlungen mit Russland“. Bei dem jüngsten US-Vorschlag soll es sich um ein „letztes Angebot“ handeln. Trump hatte bereits angekündigt, die USA könnten aus den Friedensgesprächen aussteigen, falls keine zeitnahe Lösung erzielt werde. Nach einem weiteren Zusammentreffen zwischen US-Unterhändler Steve Witkoff mit Wladimir Putin zeigte sich der russische Präsident zu direkten Verhandlungen mit der Ukraine ohne Vorbedingungen bereit. Am Montag kündigte Putin eine dreitägige Waffenruhe an. Anlass ist das Gedenken an den Sieg über Nazi-Deutschland vor 80 Jahren.

Experten beurteilen die mögliche Einstellung der US-Friedensbemühungen unterschiedlich. Der US-amerikanische Politikwissenschaftler John Mearsheimer geht davon aus, dass die USA die Waffenlieferungen in die Ukraine mit dem Scheitern ihres Vorschlages beenden würden. Auch die bisher bereitgestellten Geheimdienstinformationen würden „sicherlich“ eingeschränkt werden. Lediglich die vom ehemaligen US-Präsidenten Joe Biden beschlossene Unterstützung würde eventuell noch an die Ukraine gehen. Doch sobald der „Zustrom amerikanischer Waffen“ ernsthaft versiege, würde die russische Armee mehr Territorium einnehmen und die ukrainische Armee letztendlich zusammenbrechen, erläuterte der Professor der Universität von Chicago.

Der britische Politikwissenschaftler Anatol Lieven macht darauf aufmerksam, dass der Großteil des von der Trump-Administration skizzierten Friedensplans für die Ukraine nicht neu sei, auf „gesundem Menschenverstand“ beruhe und von Kiew bereits „stillschweigend“ akzeptiert werde. Auch die Bereitschaft der russischen Regierung, zugunsten eines Friedens auf die vollständige Einnahme der besetzten Regionen der Ukraine zu verzichten, entspräche dem gesunden Menschenverstand. Ein mögliches Ende der amerikanischen Unterstützung der Ukraine inklusive der Aussicht, dass Trump im Falle eines Scheiterns der Friedensbemühungen der Ukraine und den Europäern die Schuld zuschiebt, sei ein „wesentlicher Beweggrund“ für Moskaus Zustimmung zu dem Friedensvorschlag.

Der auf russische Geschichte spezialisierte Historiker Gilbert Doctorow stellt fest, dass den Russen mit dem Verzicht auf ihre maximalistischen Forderungen ein Erfolg bei der „Öffentlichkeitsarbeit“ gelungen sei. Damit habe die russische Führung gezeigt, dass es ihr nicht um Landraub gehe, sondern um „Sicherheit und die anderen Prinzipien, die zu Beginn der militärischen Sonderoperation angekündigt wurden“. Selenski würde hingegen weiterhin auf seine Forderungen – einer Kapitulation Russlands, Gerichtsverfahren gegen Putin sowie Reparationen – bestehen. Er könne nicht davon abrücken, da er sonst von seinen ukrainischen Unterstützern „am nächsten Tag gelyncht“ würde.

Sergej Strokan, Kolumnist der russischen Tageszeitung „Kommersant“, sieht die Absage der Außenministerkonferenz in London nicht allein in der „Sturheit“ Selenskis begründet. Mit seinem Vorschlag, die Krim als russisch anzuerkennen, habe Trump den Westen vor ein „strategisches Dilemma“ gestellt. Durch die Einigung Russlands mit Washington würden die restlichen Unterstützer der Ukraine gezwungen, das Fundament ihrer eigenen Politik „zum Einsturz“ zu bringen. Was sie denken, liege Selenski „auf der Zunge“. Angesichts dessen würde die gemeinsame ukrainische Agenda des Westens endgültig aufhören zu existieren, erklärt der russische Journalist.

Florian Rötzer, Mitherausgeber des „Overton-Magazins“ und ehemaliger Chefredakteur von „Telepolis“, erkennt in der Stärkung Selenskis durch die EU deren Hoffnung, die Einheit der Staatengemeinschaft zu zementieren und eine größere Unabhängigkeit von den USA vorantreiben zu können. Angesichts eines möglichen Waffenstillstands verbreiteten EU-Vertreter die Angst, Russland könnte noch in diesem Jahr das Nato-Bündnis militärisch testen. Die angenommene Bedrohung Europas legitimiere die schnelle Aufrüstung. Die eiserne Aufrechterhaltung des Völkerrechts im Ukraine-Krieg durch die EU stehe im Widerspruch zu eigenen Völkerrechtsverletzungen sowie zur Duldung von Völkerrechtsbrüchen durch Partner der EU.

Die ukrainische Tageszeitung „Kyiv Independant“ zitiert verschiedene internationale Experten, die bestätigten, dass die formale Anerkennung der Krim als russisches Territorium die Tür für weitere globale Konflikte öffnen würde. Die USA würden Russland für die Invasion sowie die Niederlage der Ukraine belohnen. Mit der Verhandlung der Kapitulation der Ukraine geben die Vereinigten Staaten der Kiewer Zeitung zufolge letztendlich ihre internationale Führungsrolle auf.

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