Frieden in Europa

Russland verneint Angriffspläne auf Europa nach möglichem Friedensabkommen mit Ukraine

Putin-Sprecher Peskow: „kein Konfliktpotenzial“ mit Finnland, Schweden oder baltischen Staaten / Europa mangelt es an Souveränität und Verhandlungsbereitschaft / Russland will sich „in Sachen Demokratie“ nicht mehr „belehren“ lassen

(Diese Meldung ist eine Übernahme von Multipolar)

Dimitri Peskow, der Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin, bestreitet russische Angriffspläne nach einem möglichen Friedensabkommen mit der Ukraine. In einem Interview mit dem französischen Magazin „Le Point“ in Moskau (23. April), antwortete Peskow auf die Frage, ob Russland plane die baltischen Staaten oder „wen auch immer“ anzugreifen: „Nein. Wir hatten und haben nicht das geringste Problem mit Finnland oder Schweden, die der NATO beigetreten sind.“ Russland sehe „kein Konfliktpotenzial“. Zwar würden auch in den baltischen Staaten Russen leben, deren Sprache und Interessen „ständig missachtet werden“. Weder in den baltischen Staaten noch in Finnland werde jedoch „von Panzern oder Kampfflugzeugen aus auf Russen geschossen“, wie das seit 2014 im Donbass der Fall gewesen sei. Zudem gebe es in den baltischen Staaten „keinen Bürgerkrieg, in dem die reguläre Armee Russen nur deshalb ausrottet, weil sie Russen sind“.

Peskow warf Europa während des Gesprächs mangelnde Souveränität und fehlende Verhandlungsbereitschaft vor. „Es ist, als würde ganz Europa für die Biden-Administration arbeiten“, sagte er. Mittlerweile spreche Washington zwar vom Frieden, die Europäer hielten hingegen am Kriegskurs fest, obwohl sie eigentlich zuständig wären „den künftigen Frieden auf ihrem Kontinent zu sichern“. Er verwies darauf, dass ein möglicher Friedensschluss im März 2022 in Istanbul durch Boris Johnson verhindert worden sei. Auch der französische Präsident Emanuel Macron habe damals die Ukraine nicht dazu gedrängt, das Dokument zu unterzeichnen, „damit wir Frieden in Europa schließen“. Zu jenem Zeitpunkt sei das möglich gewesen, seitdem habe sich die Realität vor Ort jedoch verändert, die Ukraine müsse die „neue Realität“ anerkennen. Das Geschehen an der Front entwickle sich außerdem zugunsten Russlands. Putin unterstütze zwar einen möglichen vollständigen Waffenstillstand. Allerdings müsse vorab geklärt werden, ob etwa Frankreich und das Vereinigte Königreich „dann ab morgen keine Munition, Kanonen, Raketen und Flugabwehrsysteme mehr nach Kiew liefern“.

Angesprochen auf Russlands Kriegsziele sagte Peskow, diese hätten sich seit Kriegsbeginn nicht geändert. Die Sicherheit einiger Länder dürfe nicht auf dem Rücken der Sicherheit anderer Länder erlangt werden. Wenn die Sicherheit der Ukraine gewährleistet werde, indem man sie in die Nato aufnehme, verletze das die Sicherheit Russlands. Es brauche daher einen neutralen Status für die Ukraine. Zudem müsse sich die ukrainische Armee aus Cherson, Donezk, Lugansk und Saporoschschje zurückziehen und die Waffen niederlegen.Wenn sie das tue, „werden die Militäroperationen sofort eingestellt“, erklärte Peskow im Interview. Aus russischer Sicht würden die vier angesprochenen Gebiete vom „aktuellen Kiewer Regime besetzt“, jedoch „aufgrund der Ergebnisse von Referenden“ eigentlich zu Russland gehören. Es handele sich dabei „sowohl um eine De-jure- als auch um eine De-facto-Situation“.

In Bezug auf die westliche „Koalition der Willigen“ betonte Peskow, diese berühre insofern Russlands Sicherheit, als dass „diese Soldaten sich in einem Land wiederfinden werden, dessen Führung ihre Streitkräfte nicht vollständig unter Kontrolle“ habe. Selenski kontrolliere nicht die Gesamtheit seiner Divisionen, einige nationalistische Bataillone würden nicht auf ihn hören. Es bestehe die Möglichkeit eines Vorfalls „außerhalb der Kontrolle des Kiewer Regimes“, in dessen Zentrum „ausgerechnet eine bewaffnete Gruppe aus einem Nato-Land“ stehen könnte. Peskow fragte, ob das nicht eine „Bedrohung für die ganze Welt“ darstelle.

Putins Sprecher machte deutlich, dass sich Russland „von den Europäern nicht mehr im Geringsten belehren lassen“ wolle. „Die Europäer wollten uns Demokratie beibringen“, sagte er und verwies gleichzeitig unter anderem auf den rumänischen Präsidentschaftskandidaten, der von der Wahl ausgeschlossen wurde. Wer sich „scheinheilig“ verhalte, brauche Russland keine Lektionen zu erteilen, schlussfolgerte Peskow. Trump und Putin eine, dass beide es für eine „Absurdität“ hielten, „den Dialog zu verweigern“. Beide brächten die Bereitschaft mit, auch kniffligste Fragen durch Gespräche zu lösen. Ohne normalisierte Beziehungen zwischen Washington und Moskau sei es unmöglich, den Konflikt in der Ukraine zu bewältigen. Unter Biden und Obama sei Russland hingegen ebenfalls in Sachen Demokratie belehrt worden.

Peskow wies außerdem darauf hin, dass die Sanktionen gegen Russland ein „zweischneidiges Schwert“ seien und auch den Europäern schaden würden. Russland habe inzwischen sehr viel Erfahrung im Umgang mit den Sanktionen gesammelt. Manche russischen Unternehmen hätten Nischen ausländischer Unternehmen besetzt und seien daher gar nicht an einer Aufhebung der Sanktionen interessiert. Für Europas Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit sei der Verzicht auf billige Energie aus Russland hingegen ein Problem. Russland sei bereit, über sein Gas zu verhandeln, es gebe einige Länder in Europa, die es weiterhin kaufen wollen würden.

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