Medienkritik

Streit um Konkret

(Redaktion/2.7.22) Mehr als 20 Autoren wollen nicht mehr für die Monatszeitschrift Konkret schreiben. In einer am Donnerstag im Internet veröffentlichten Erklärung schreiben sie, dass mit dem redaktionellen Kurs zum russischen Angriffskrieg eine rote Linie überschritten sei und erklären ihre Mitarbeit für beendet. Die Redaktion hingegen sieht in der Erklärung einen Akt von Hochstapelei. Auf der Homepage hat sie am gestrigen Freitag eine „Richtigstellung“ veröffentlicht: „Beenden kann man nur, was es gibt. Ein großer Teil der Unterzeichner/innen aber sind keine ,Autorinnen und Autoren von konkret; sie sind es nicht mehr, seit konkret bereits vor Jahren die Zusammenarbeit mit ihnen aus inhaltlichen Gründen eingestellt hat, und sie standen nicht in Gefahr, von konkret künftig um einen Beitrag gebeten zu werden.“

Die Unterzeichner der Erklärung – zu Beginn waren es 17, einige weitere sind später hinzugekommen – schreiben in ihrer Erklärung zur Position der Zeitschrift im Ukraine-Krieg: „Wir wollen und können nicht weiter in einer Zeitschrift publizieren, die sich in dieser Frage in die Nachbarschaft der AfD, des völkischen Flügels der Linkspartei oder Jürgen Elsässers Compact, von Henry Kissinger, Klaus von Dohnanyi oder den Lobbyverbänden der deutschen Industrie begibt.“ Der März-Titel „Nato-Aggression gegen Russland“ der Zeitschrift hätte zum Umdenken führen müssen, heißt es. „Durch das russische Vorgehen wurde der Titel, ob nolens oder volens, zu noch Schlimmerem: einem Stück Kriegspropaganda.“ Aus einem Organ der Kritik werde eine monatliche „Junge Welt“. „Für die schreiben wir aus guten Gründen nicht. Für die Kopie dann halt auch nicht.“

Die Redaktion der Zeitschrift wirft den Unterstützern der Erklärung vor, mit Halbwarheiten und „ganzen Lügen“ zu arbeiten. Der Text sei strukturiert von einer „Logik“, nach der ein Nazi sei, wer sich gegen Hartz IV stelle, weil schließlich auch die NPD eine Anti-Hartz-IV-Kampagne gestartet habe. Sie sei geprägt vom Willen zu einer politischen Hetze und verdiene keine Antwort. „Wer konkret in die Nachbarschaft von AfD und ,Compact‘ rückt, mit dem lohnt keine Debatte – die konkret im übrigen natürlich auch bezogen auf den Ukraine-Krieg weiter führen wird.“

Das NDR-Medienmagazin Zapp hat auf Twitter ein Interview mit Lars Quadfasel, einem der Unterstützer der Erklärung gegen Konkret veröffentlicht. „In der Einschätzung von Russland und Putins Politik, gibt es seit Jahren auch innerhalb der Redaktion Dissense“, sagt er. „Die Gewichtung dieser Dissense verschiebt sich natürlich, wenn plötzlich ein Angriffskrieg stattfindet.“ Er habe noch im März einen kritischen Beitrag zum Thema veröffentlichen können, danach sei dies nicht mehr möglich gewesen. „Wir haben lange auf verschiedenen Wegen und verschiedenen Kanälen versucht, intern klarzumachen: Wir erwarten jetzt nicht, dass alle unserer Meinung sind, aber wir erwarten, dass sich in irgendeiner Form damit auseinandergesetzt wird.“

Die Zeitschrift Konkret bezeichnet sich als einzige linke Publikumszeitschrift Deutschlands. Ihre Geschichte reicht zurück ins Jahr 1957. In den 1960er Jahren hatte sie eine große Bedeutung für die Studendenbewegung und wurde finanziell von der DDR unterstützt. Nach dem Konkurs im Jahr 1973 stellte sie zunächst das Erscheinen ein, ab Oktober 1974 erschien die Zeitschrift dann unter der Herausgeberschaft von Hermann L. Gremliza, nach seinem Tod 2019 übernahm seine Tochter Friederike Gremliza die Herausgeberschaft.

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