Corona-Aufarbeitung

Trotz Drosten-Eingeständnis: Verbände äußern sich nicht zu einrichtungsbezogener Impfpflicht

Virologe nannte Befürwortung der Impfpflicht „größte Fehleinschätzung“ / Kritische Mediziner fordern Aufarbeitung / Bundesärztekammer und große Verbände möchten sich nicht äußern

(Diese Meldung ist eine Übernahme von Multipolar)

Kritische Mediziner fordern Konsequenzen aus dem öffentlichen Fehlereingeständnis Christian Drostens zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Größere Ärzte- und Pflegeverbände weichen dem Thema hingegen aus. Drosten hatte am 16. Mai im sächsischen Corona-Untersuchungsausschuss eingeräumt, dass seine Befürwortung einer einrichtungsbezogenen und allgemeinen Impfpflicht die „größte Fehleinschätzung“ sei, an der er beteiligt war. Er bezog sich auf eine Stellungnahme der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina vom 27. November 2021, die von dem Virologen mitverfasst worden war. Die Autoren hatten darin eine Impfpflicht empfohlen.

Zu den kritischen Stimmen gehört der ostfriesische Zahnarzt Ulrich Keck, auf dessen Analysen der Corona-Politik hin die Zahnärztekammer Niedersachsen am 8. November 2024 eine politische Aufarbeitung der Corona-Krise gefordert hatte. „Leute wie Drosten haben die Menschen so in Panik versetzt, dass sie glaubten, ihre Rettung würde in einem Impfstoff liegen, von dem die Verantwortlichen schnell wussten, dass er unwirksam und toxisch war“, erklärte er auf Anfrage von Multipolar. Sie hätten den Tod von Menschen zumindest billigend in Kauf genommen.

Der Immunologe Kay Klapproth von der „Initiative Demokratie und Aufklärung” sagte auf Anfrage von Multipolar, spätestens im Sommer 2021 sei klar gewesen, dass die Impfstoffe die Übertragung des Virus nicht in relevantem Ausmaß verhindern konnten: „Nur dann wäre ein Schutz Dritter gegeben gewesen.“ Drosten selbst habe am 15. November 2021 erklärt, man müsse damit rechnen, dass Geimpfte ein „substanzielles Risiko“ tragen, unerkannt infiziert zu sein. Drosten und seine Kollegen hätten dennoch den politischen Rückhalt für eine Maßnahme geliefert, die fachlich längst nicht mehr haltbar gewesen sei, kritisierte Klapproth. In Kliniken und Universitäten habe zu jener Zeit „ein Klima der Angst und Einschüchterung“ geherrscht: „Eine offene, inhaltliche Diskussion fand nicht statt.“ Die einrichtungsbezogene Impfpflicht sei mit aller Härte durchgesetzt worden. Dies müsse aufgearbeitet werden, „auch juristisch“.

Obwohl die einrichtungsbezogene Impfpflicht für große Konflikte gesorgt hatte, wollten sich Einrichtungsleiter und Berufsvertreter auf Anfrage von Multipolar nicht zu Drostens Eingeständnis äußern. Die Pressestelle der Bundesärztekammer erklärte lediglich: „Wir möchten Sie bitten, sich an das Bundesgesundheitsministerium zu wenden.“ Angefragt wurde unter anderem der Bundesverband für akademische Sprachtherapie. Auch Sprachtherapeuten waren gezwungen gewesen, sich impfen zu lassen. „Uns erreichen viele Anfragen“, hatte der Verband im Februar 2022, einen guten Monat vor Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht, in einem Anschreiben an die Mitglieder erklärt. Wie Drostens Eingeständnis vor dem Hintergrund der damaligen, massiven Turbulenzen heute auf den Verband wirkt, wollte die Geschäftsstelle nicht mitteilen.

Georg Sigl-Lehner, ehemaliger Präsident der Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB), reagierte ebenfalls nicht auf die Anfrage von Multipolar. Der VdPB hatte sich im Herbst 2021 gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht ausgesprochen. Zwar sah Sigl-Lehner im August 2022 die mRNA-Corona-Präparate noch als „medizinischen Meilenstein“ und „absoluten Gamechanger“ zur Bewältigung „dieser verheerenden Pandemie“ an. Er beklagte allerdings auch zunehmenden Druck auf das Personal durch die Androhung von Betretungsverboten und Bußgeldern bei mangelhaftem Immunitätsnachweis. Die ohnehin „untragbar angespannte Personalnot“ habe sich verschärft.

Im März dieses Jahres forderte die „Deutsche Stiftung Patientenschutz“ eine Aufarbeitung der Corona-Politik und kritisierte in diesem Zuge auch die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Diese habe dem Berufsklima geschadet, ohne das Virus zu stoppen. Laut Multipolar-Recherchen stieß der Vorstoß der Patientenschützer in der Pflegebranche jedoch auf wenig Resonanz.

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