Corona-Aufarbeitung

Übersterblichkeit bei jungen Erwachsenen in der Corona-Zeit: Todesursache Alkohol dominiert

Deutsche Forscher untersuchen Entwicklung der Todeszahlen in Gruppe der 25- bis 44-Jährigen / Erstmals Fokus auf Todesursachen bei unerwarteten Todesfällen / 1.400 Alkoholtote mehr als erwartet in dieser Altersgruppe

(Diese Meldung ist eine Übernahme von Multipolar)

Fast die Hälfte aller in der Corona-Krise unerwartet verstorbenen jungen Erwachsenen waren Alkoholtote. Das ist das Ergebnis eines per Peer-Review-Verfahren überprüften Forschungsartikels zur Entwicklung der Übersterblichkeit in der Gruppe der 25- bis 44-Jährigen im Zeitraum 2020 bis 2023 in Deutschland. Insgesamt 1.400 junge Erwachsene mehr als erwartet starben während dieser Jahre alkoholbedingt. Das entspricht einem Anteil von 44 Prozent. Insgesamt starben in dieser Altersgruppe über 3.200 Menschen mehr als erwartet, verglichen mit dem Zeitraum der Vor-Coronajahre 2016 bis 2019.

Verfasst wurde der am 14. Oktober im US-Fachjournal „JAMA Network Open“ veröffentlichte „Research Letter“ vom Statistikexperten und Psychologieprofessor Christof Kuhbandner (Universität Regensburg) und dem Mathematikprofessor Matthias Reitzner (Universität Osnabrück). Die absoluten Zahlen nannte Kuhbandner auf Nachfrage von Multipolar. Im Forschungsartikel selbst sind die Werte je 100.000 Menschen ausgewiesen, um die Zahlen vergleichbar zu machen mit einer US-Untersuchung, an deren Design die Studie sich anlehnt.

Gegenüber Multipolar erläuterte Kuhbandner zur dokumentierten Übersterblichkeit junger Erwachsener, dass es „bis einschließlich 2020 keine besonderen Auffälligkeiten“ gab, ab 2021 die Zahlen aber stark anstiegen, „mit nachhaltigem Effekt, weil selbst im Jahr 2023 noch immer eine substanzielle Übersterblichkeit zu beobachten ist“. Über 700 junge Erwachsene seien in jenem Jahr mehr verstorben, als zu erwarten gewesen wäre. Auf dem Höhepunkt 2022 waren es demnach über 1.300. Der Großteil der Übersterblichkeit lässt sich – neben Alkohol – auf „Erkrankungen des Kreislaufsystems, des Verdauungssystems“ sowie auf „Todesfälle mit unbekannter Ursache“ zurückverfolgen, erläuterte der Forscher.

Im Zeitraum der Impfungen, 2021 bis 2022, traten im Vergleich zu den Vor-Coronajahren 2016 bis 2019 in der Gruppe der jungen Erwachsenen 503 zusätzliche Todesfälle mit der Kodierung „Unbekannt“ auf, erklärte Kuhbandner gegenüber Multpolar. Diese Kodierung steht für die ICD-Codes R96 (Plötzlicher Tod mit unbekannter Ursache), R98 (Tod ohne Anwesenheit anderer Personen) und R99 (Sonstige ungenau oder nicht näher bezeichnete Todesursachen), wobei der Schwerpunkt auf die Kodierung R99 zurückgeht.

Kuhbandner betont, dass die Übersterblichkeit aus allen Ursachen zusammengenommen („all-cause“) von 2021 auf 2022 stark zunahm, die Todesursache COVID-19 im gleichen Zeitraum aber rückläufig war. „COVID-19 kann also den Anstieg der Übersterblichkeit im Jahr 2022 nicht erklären.“ Bei der COVID-19-Spitze im Jahr 2021 würden die Ergebnisse zudem nahelegen, dass sie durch Fehldiagnosen bedingt sei. So zeigten die Daten einen „unerwarteten Rückgang der Sterblichkeit bei mehreren anderen Ursachen wie zum Beispiel Krebs“. Todesfälle, die man bisher zum Beispiel als „krebsbedingt“ kodiert hatte, seien offenbar nun als „COVID-19-bedingt“ kodiert worden, so der Forscher.

Abschließend weist Kuhbandner auf die Zahlen bei den jungen Erwachsenen in den USA hin, die man jetzt mit den deutschen Werten vergleichen könne. Während im Jahr 2023 in dieser Altersgruppe in Deutschland 69 Todesfälle je 100.000 Menschen auftraten, waren es in den USA demnach 192 – fast dreimal so viele.

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