US-Politik

US-Sanktionen erschweren Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs

Chefankläger verliert Microsoft-E-Mail-Konto und Zugang zu Bankkonten in Großbritannien / Gerichtsmitarbeitern droht Verhaftung bei Einreise in die USA / Vorwurf der US-Regierung: „unbegründete Haftbefehle“ gegen israelischen Premierminister und ehemaligen Verteidigungsminister

(Diese Meldung ist eine Übernahme von Multipolar)

Sanktionen der US-Regierung erschweren zunehmend die Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH). Dies berichtet die US-Nachrichtenagentur Associated Press (AP) unter Berufung auf Aussagen von Mitarbeitern des Gerichtshofs. So habe Microsoft dem Chefankläger des IStGH, Karim Khan, das E-Mail-Postfach gekündigt. Zudem seien seine Bankkonten in Großbritannien gesperrt worden. US-amerikanische Mitarbeiter des IStGH müssten befürchten, bei Reisen in ihr Heimatland verhaftet zu werden. Den Gerichtshof unterstützende Organisationen haben ihre Zusammenarbeit eingestellt, erläuterte die Nachrichtenagentur.

Die im Februar von US-Präsident Donald Trump verhängten Sanktionen richten sich vornehmlich gegen Khan. Betroffen sind jedoch auch sämtliche IStGH-Mitarbeiter, deren unmittelbare Familienangehörigen sowie alle Personen, die „direkt an den Bemühungen des IStGH“ mitwirken oder sanktionierte Personen unterstützen. Alle Vermögensgegenstände dieser Personen in den Vereinigten Staaten sollen eingefroren werden. Begründet werden die Sanktionen mit dem Argument, der Gerichtshof habe „ohne rechtmäßige Grundlage“ die Zuständigkeit für Mitarbeiter der Vereinigten Staaten und einiger ihrer Verbündeten, einschließlich Israels, beansprucht und Vorermittlungen gegen sie eingeleitet. Darüber hinaus habe er seine Macht missbraucht, indem er „unbegründete Haftbefehle“ gegen den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu und den ehemaligen Verteidigungsminister Joaw Galant erlassen hat.

AP berichtet, dass die Sanktionen die Arbeit an einer ganzen Reihe von Untersuchungen behindern – nicht nur die gegen die israelische Führung. So seien die Ermittlungen gegen den ehemaligen sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir wegen des Vorwurfs des Völkermords zum Stillstand gekommen. Sechs hochrangige Beamte hätten den Gerichtshof bereits aufgrund von Bedenken wegen der Sanktionen verlassen. Die kumulative Wirkung der Maßnahmen habe dazu geführt, dass sich IStGH-Mitarbeiter offen fragen, ob die Organisation die Trump-Administration überleben kann. Im letzten Jahr hätten sich drei Länder – darunter zwei in der Europäischen Union – geweigert, vom Gericht ausgestellte Haftbefehle zu vollstrecken, erklärt die Nachrichtenagentur.

Unabhängig von den derzeitigen Sanktionen der Trump-Administration gilt in den USA ein spezielles Gesetz („American Service-Members’ Protection Act“), das die US-Regierung zur militärischen Intervention gegen den IStGH berechtigt. Das Gesetz erlaubt „Human Rights Watch“ zufolge „die Anwendung militärischer Gewalt, um jeden Amerikaner oder Bürger eines mit den USA verbündeten Landes zu befreien, der von dem in Den Haag ansässigen Gerichtshof festgehalten wird“. Die Regelung, die auch als „Den-Haag-Invasionsgesetz“ bekannt ist, wurde bereits im Jahr 2002 unter US-Präsident George W. Bush eingeführt.

Der in Den Haag angesiedelte IStGH wird von 125 Ländern unterstützt – darunter sämtliche EU-Mitgliedsländer – und verfolgt seit 2002 nach eigenen Angaben weltweit Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Verbrechen der Aggression sowie Kriegsverbrechen. Unter anderem China, Indien, die Vereinigten Staaten, Russland, die Türkei und Israel haben das dem Gerichtshof zugrunde liegende Römische Statut entweder nicht unterzeichnet, das Abkommen nach der Unterzeichnung nicht ratifiziert oder ihre Unterschrift zurückgezogen. Bereits in seiner ersten Amtszeit hatte Trump Sanktionen gegen die damalige Chefanklägerin des IStGH, Fatou Bensouda, sowie einen weiteren Mitarbeiter des Gerichts verhängt. Damals erklärte Trump als Begründung, der Gerichtshof habe unrechtmäßige Ermittlungen zu Handlungen, „die angeblich von Militär-, Geheimdienst- und anderem Personal der Vereinigten Staaten in oder im Zusammenhang mit Afghanistan begangen wurden“, durchgeführt.

Neben den gegen ihn persönlich gerichteten US-Sanktionen sieht sich Chefankläger Karim Khan Vorwürfen sexueller Belästigung ausgesetzt. Die Anschuldigungen wurden bekannt, nachdem Khan im Mai 2024 Haftbefehle unter anderem gegen Netanjahu und Galant aufgrund von im Gazastreifen begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit beantragt hat. Khan, der die Vorwürfe stets zurückgewiesen hat, hat aufgrund der Untersuchungen gegen ihn vor kurzem sein Amt vorübergehend niedergelegt, ein Stellvertreter soll bis zum Abschluss der Untersuchungen seine Aufgaben übernehmen.

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