Verdacht auf westliche Einflussnahme bei wiederholter Präsidentschaftswahl
EU-freundlicher Kandidat siegt nach 20 Prozent Rückstand im ersten Wahlgang / Telegram-Chef wirft französischem Geheimdienst Einmischung vor / Verfassungsgericht lehnt Antrag auf Annullierung der Wahl ab
(Diese Meldung ist eine Übernahme von Multipolar)
Im Zusammenhang mit dem Sieg des EU-freundlichen Kandidaten Nicusor Dan im zweiten Wahlgang der rumänischen Präsidentschaftswahl am 18. Mai sind Hinweise auf westliche Einflussnahme öffentlich geworden. Wahlsieger Dan, der seit dem Jahr 2000 Bürgermeister der Hauptstadt Bukarest ist, hatte seinen Stimmanteil im Vergleich zum ersten Wahlgang von 20,1 Prozent auf 53,6 Prozent verbessert. Den ersten Wahlgang zwei Wochen zuvor hatte George Simion von der national-konservativen „Allianz für die Vereinigung der Rumänen“ (AUR) mit rund 41 Prozent gewonnen und erhielt in der Stichwahl 46,4 Prozent.
Der Gründer des Messenger-Dienstes „Telegram“, Pavel Durow, schrieb auf „X“, er sei vom Chef des französischen Geheimdienstes, Nicolas Lerner, aufgefordert worden, konservative Stimmen im rumänischen Wahlkampf zu unterdrücken. Bei mehreren Treffen mit dem französischen Geheimdienst habe „das Hauptaugenmerk“ „immer auf der Geopolitik gelegen“, bezogen auf „Rumänien, Moldawien, die Ukraine“. Er sei bereit, als Zeuge hierfür vor einem rumänischen Gericht auszusagen, bot Durow an.
Wahlsieger Dan trat als unabhängiger Kandidat an, wurde jedoch unterstützt „von der zentristischen Partei „Union Rettet Rumänien“ (USR) die zur „Fraktion Renew Europe im Europäischen Parlament“ gehört, der auch die deutsche FDP und die Partei des französischen Präsidenten Emmanuel Macron angeschlossen ist. Auch Maia Sandu, die EU-nahe Präsidentin Moldawiens, unterstützte öffentlich den Kandidaten Dan. In einer Botschaft appellierte sie an Moldawier mit rumänischer Staatsbürgerschaft zur Wahl zu gehen, um den „Wert“ „Teil der europäischen Familie“ zu sein „zu schützen“.
Der in der Stichwahl unterlegene Simion beantragte beim Verfassungsgericht, die Wahl wegen Manipulationsvorwürfen zu annulieren. Frankreich, Moldawien und andere Akteure hätten Einfluss auf die Wahl genommen, erklärte er. Es gebe „unwiderlegbare Beweie“ hierfür. Simion bezog sich auf die Aussage des Telegram-Chefs sowie auf Belege, dass 1,5 Millionen Tote in den Wählerlisten enthalten gewesen seien. Die hohe Wahlbeteiligung lasse sich ihm zufolge statistisch nicht nachweisen.
Die rumänische Wahlbehörde bestreitet „Unregelmäßigkeiten bei den ständigen Wahllisten“. Auch die französische Regierung dementiert eine versuchte Einflussnahme. Am 22. Mai lehnte das rumänische Verfassungsgericht den Antrag Simions auf Annulierung der Wahl als „unbegründet“ ab. In seinem Statement nach der Entscheidung erklärte der designierte Präsident Dan, er wolle, „dass Rumänien sich intern stärkt“ und innerhalb von EU und NATO „aktiver wird“. Er werde die Ukraine weiter unterstützen sowie die „strategische Partnerschaft mit den USA fortsetzen“. Das sei „auch der Wunsch der amerikanischen Seite“.
Der Wahlkampf war zuletzt geprägt von Regierungswarnungen vor Desinformation. Die Wahlbehörde hatte eine 21-seitige Handreichung zur Erkennung von Desinformation und Fake-News vorgelegt. Bezogen auf den Wahlkampf berichten OSZE-Wahlbeobachter in ihrem Zwischenbericht über „Unsicherheit“ darüber, „welche Wahlkampfaktivitäten zur Unterstützung des Kandidaten rechtlich zulässig waren, was sich auf ihre politische Beteiligung auswirkte.“
Die ursprüngliche Präsidentschaftswahl Ende 2024 war vom rumänischen Verfassungsgericht annuliert worden. Der Sieger der regulären Wahl, Calin Georgescu, war im Februar 2025 verhaftet und im März durch das Gericht von der neuen Wahl ausgeschlossen worden. Wenige Tage vor dem Gerichtsurteil gab es Medienberichten zufolge ein Treffen des französischen Botschafters in Bukarest, Nicolas Warnery, mit dem Vorsitzenden des rumänischen Verfassungsgerichts Marian Enache und mehreren weiteren Richtern. Sieger Georgescu hatte sich für einen Ausgleich mit Russland, gegen Waffenlieferungen an die Ukraine, gegen die rumänische NATO-Mitgliedschaft sowie gegen den US-Raketenschild in Rumänien ausgesprochen. Der britische Journalist Neil Clark legte in einem Kommentar nahe, dass in der heutigen Zeit „in einem strategisch wichtigen Land in Europa“ kein Kandidat mehr Wahlen gewinnen darf, der „Anti-EU- und Anti-Nato-Positionen“ vertritt.