Ukraine-Krieg

„Z“ allein nicht strafbar

(Redaktion/16.6.22) Das Amtsgericht Bautzen hat die Eröffnung eines Hauptverfahrens wegen des öffentlichen Zeigens des Buchstabens „Z“ auf einer Demonstration abgelehnt. Dies geht aus einem Beschluss des Gerichts hervor, der auf der Website der rechtsextremen Gruppierung „Freie Sachsen“ veröffentlicht wurde. Rechtsanwalt Martin Kohlmann, der Vorsitzende der Gruppierung, hatte eine Demonstrationsteilnehmerin vor Gericht vertreten, die auf einer Demonstration im März eine Weste mit dem Symbol „Z“ getragen hatte. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hatte strafrechtliche Konsequenzen angekündigt und sich auf den Paragrafen 140 Nr. 2 („Belohnung und Billigung von Straftaten“) des Strafgesetzbuches berufen. Die Staatsanwaltschaft kann gegen den Beschluss des Gerichts innerhalb einer Woche Beschwerde einlegen, so das Amtsgericht gegenüber unserer Redaktion.

Der zuständige Richter am Amtsgericht Bautzen sieht keinen hinreichenden Straftatverdacht gegeben. Zwar sei der russische Angriff nach dem Völkerstrafgesetzbuch verbrecherisch und der Buchstabe „Z“ sei zum Symbol geworden, hinter welchem die Regierung das Land einen wolle. Gleichzeitig mache sich gegen den Paragrafen 140 Nr. 2 des Strafgesetzbuches strafbar, wer russische Kriegsverbrechen in einer den öffentlichen Frieden störenden Weise billigt. Dieses Verhalten sei gerade in Bezug auf den Artikel 5 des Grundgesetzes restriktiv zu bestimmen, schreibt der Richter in dem Urteil.

Weiter heißt es: „Die Demokratie lebt von der Meinungsfreiheit und dem freien Diskurs. Dabei ist sicher viel Unsinn, Dummheit und Provokation zu ertragen. Das Strafrecht aber darf nicht missdeutet und missbraucht werden, Unliebsames und Unliebsame in die Schranken zu weisen.“ Die Einleitung eines Verfahrens und besonders die Anklageerhebung seien eine Drohgebärde. „Stellt sich eine solche Drohgebärde (erst) ein, nachdem sie medial öffentlichkeitswirksam eingefordert worden ist, besteht die Gefahr, dass der Eindruck einer Strafverfolgung auf Bestellung entsteht, wodurch das Ansehen der Staatsanwaltschaft und Gerichte nachhaltigen Schaden nehmen könnte.“

Auch das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat im Mai in einem Beschluss, bei dem es um Paragraf 140 Nr. 2 und die Verwendung des sogenannten Sankt-Georgs-Bandes ging, darauf hingewiesen, dass der Straftatbestand restriktiv auszulegen sei. Allein die Verwendung des Abzeichens, das in Russland das wichtigste Zeichen der Erinnerung an den Sieg im Deutsch-Sowjetischen Krieg ist, könnte nicht als der Billigung einer Straftat ausgelegt werden. Die Juristin Paula Fischer schrieb hingegen Ende April im Verfassungsblog, dass das Tragen des „Z“ als Symbol „während einer Versammlung unmissverständlich als Billigen der Aggression verstanden und untersagt werden kann.“

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