Innenpolitik

Die Bundeswehr und die Killerkommandos in Afghanistan. Ein deutscher Brigadegeneral packt aus

Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.

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Von REDAKTION, 18. August 2010 –

In einem Punkt sind sich eine große liberale Wochenzeitung und eine kleine linke Tageszeitung in diesen Tagen überraschend einig: Deutsche Soldaten sind, entgegen allen Vertuschungsversuchen der politisch Verantwortlichen, doch an Killerkommandos der USA in Afghanistan beteiligt.

„Deutsche Soldaten sind in Afghanistan eingesetzt worden, um Taliban zu töten“, schreibt Zeit-online, (1) „Bundeswehr an gezielten Tötungen in Afghanistan beteiligt“, meldet die junge Welt. (2) 

Beide Presseorgane berufen sich auf ein Interview des Tagesspiegel mit dem Sprecher der Internationalen Besatzungstruppe ISAF, Josef Dieter Blotz*. Angesprochen auf die Praxis gezielter Tötungen in Gefolge von US-Spezialoperationen hatte der Brigadegeneral der Bundeswehr gesagt:

„Gezielte Tötungen durch Spezialkräfte der Bundeswehr hat das Verteidigungsministerium definitiv ausgeschlossen. Das Kommando Spezialkräfte, KSK, der Bundeswehr ist jedoch auch dafür eingesetzt worden, Netzwerke von Extremisten auszuschalten. Abgesehen davon sollte man dieses etwas reißerisch dargestellte Thema nüchterner betrachten. Es ist völlig klar und völlig verständlich, dass Extremisten, deren Hauptbeschäftigung darin besteht, unsere Soldaten zu erschießen und in die Luft zu sprengen, verfolgt und bekämpft werden müssen. Wenn man über Informationen verfügt, wo solche Extremisten zu finden sind, muss versucht werden, diese auszuschalten noch bevor sie unsere Soldaten angreifen können. Genau darum geht es. Das ist im Wesentlichen die Aufgabe von Kräften, die speziell dafür ausgebildet, ausgerüstet und trainiert sind. Die Spezialkräftekapazität ist in Afghanistan in den letzten anderthalb Jahren ganz erheblich erhöht worden. Das ist absolut notwendig. Wir brauchen genau diese Spezialkräfte, um Talibannetzwerke effektiv ausschalten zu können. Es dürfte Ihre Leser auch interessieren, dass bei 80 Prozent unserer Spezialkräfteeinsätze kein einziger Schuss fällt. Und das gibt eine gute Vorstellung davon, wie gut es gelingt, Extremistenführer aus dem Verkehr zu ziehen und diese dann zu verhören.“ (3)

Was es mit den übrigen 20 Prozent auf sich hat, erfahren die Leser des Interviews freilich nicht. Wie viele mutmaßliche Aufständische oder Talibankämpfer dabei durch die Kugeln deutscher Soldaten vom Leben zum Tode befördert oder schwer verletzt worden sind, bleibt offen. Anzunehmen ist, dass es solche Fälle gegeben hat.

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Christine Buchholz, Mitglied im Vorstand der Partei die Linke, zieht aus den Äußerungen des Brigadegenerals zumindest den Schluss, dass das Kommando Spezialkräfte (KSK) an Liquidierungsaktionen in Afghanistan beteiligt ist: „Die Beteiligung an gezielten Tötungen und die Zuarbeit zu „Joint Priority Effects Lists“, sogenannten Todeslisten, sind bisher immer dementiert worden. Offensichtlich ist das eine weitere Kriegslüge. Das KSK ist seit 2001 am Krieg in Afghanistan beteiligt. Selbst Abgeordnete des Bundestages werden über ihre Einsätze nicht informiert. Die Operationen der Spezialkräfte sind nicht wegzudenkender Teil des Krieges in Afghanistan, dessen Ziel die Aufstandsbekämpfung ist. Deshalb muss die Bundeswehr samt ihrer Spezialkräfte unverzüglich abgezogen werden.“ (4)


* http://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Blotz
(1) http://www.zeit.de/politik/2010-08/afghanistan-ksk
(2) http://www.jungewelt.de/2010/08-18/062.php
(3) http://www.tagesspiegel.de/politik/wir-haben-auch-fehler-gemacht/1904594.html
(4) http://die-linke.de/nc/die_linke/nachrichten/detail/artikel/bundeswehr-an-gezielten-toetungen-beteiligt/

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