EU-Politik

Volksaufstand in Griechenland: Massenproteste und Streiks gegen Sparkurs der Regierung

Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.

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Von REDAKTION / dpa, 5. März 2010 –

Das rigide Sparprogramm der griechischen Regierung hat eine Welle von Streiks ausgelöst, die am Freitag den Verkehr in ganzen Land lahm gelegt haben. Sämtliche Busse in Athen sowie die Bahn haben seit 5.00 Uhr Ortszeit für 24 Stunden den Betrieb eingestellt.

Auch die Fluglotsen, Beamte und andere Staatsbedienstete haben angekündigt, am Freitag für mehrere Stunden die Arbeit nieder zu legen und im Zentrum Athens gegen die drastischen Lohnkürzungen und Steuererhöhungen der Regierung zu demonstrieren.

Ärzte in staatlichen Krankenhäusern behandeln vorübergehend nur Notfälle und viele Lehrer bleiben den Schulen fern. Auch Journalisten des Staatsradios und des Fernsehens sowie der staatlichen Nachrichtenagentur legten die Arbeit für 24 Stunden nieder.

Zu den Arbeitsniederlegungen und Protesten hatte der Gewerkschaftsdachverband ADEDY bereits am Donnerstag aufgerufen. Die kommunistische Gewerkschaft PAME forderte sogar den Generalstreik.

Ihre Aktivisten hatten am Donnerstag das Finanzministerium in Athen besetzt. 300 Gewerkschaftsmitglieder hinderten die Beamten daran, das Gebäude zu betreten. Über dem Eingang befestigten sie ein Transparent mit der Aufschrift: „Erhebt euch, damit die Maßnahmen nicht in Kraft treten“, berichtete die junge Welt am Freitag. (1)

Noch bevor Regierungssprecher Giorgos Petalotis am Mittwoch die jüngsten Kürzungsmaßnahmen und Steuererhöhungen verkündete, hatten sich mehrere hundert Rentner handgreifliche Auseinandersetzungen mit Sondereinheiten der Polizei geliefert, die den Sitz des Ministerpräsidenten abschirmten.

Die Regierung will den Staatshaushalt mit einem Bündel von Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen um 4,8 Milliarden Euro entlasten. Die Mehrwertsteuer steigt von 19 auf 21 Prozent, die ermäßigten Sätze werden von 4,5 auf 5 Prozent und von 9 auf 10 Prozent angehoben. Die Steuern auf Tabak und Spirituosen steigen um etwa 20 Prozent. Benzin wird um 8 Cent teurer, Diesel um 3 Cent. Luxusgüter wie Autos und Yachten werden erheblich höher besteuert. Eine Sondersteuer von einem Prozent müssen alle zahlen, die im vergangenen Jahr mehr als 100.000 Euro verdient haben. Auch die Besitzer von Immobilien im Wert von mehr als 5 Millionen Euro werden zur Kasse gebeten.

Zu den Steuererhöhungen treten drastische Ausgabenkürzungen des Staates: Alle Renten werden 2010 eingefroren. Die Staatsdiener erhalten künftig 12 Prozent weniger an Zulagen. Diese Zuschüsse machen in vielen Fällen mehr als die Hälfte des Monatseinkommens der rund 300.000 Beamten aus. Im öffentlichen Dienst werden das 13. Monatsgehalt (Weihnachtsgeld) und das 14. Gehalt (Ferien- und Ostergeld) um 30 Prozent gekürzt. Diese Zahlungen stehen den Haushalten in der Regel nicht für Geschenke oder Urlaub zur Verfügung, sondern werden für notwendige Ausgaben, zum Beispiel die Ratenzahlungen auf Darlehen, verwendet, berichtete die junge Welt. (2)

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Nur einer von fünf in Rente gegangenen Beamten wird künftig durch einen neuen ersetzt. Außerdem werden 500 Millionen Euro für Infrastrukturprojekte gestrichen. Nach einer repräsentativen Umfrage, die der größte griechische Nachrichtensender Skai am Freitag veröffentlichte, glauben 62 Prozent der Befragten, dass es in Griechenland wegen des Schock- Sparprogramms in den nächsten Monaten zu weiteren sozialen Unruhen kommen wird.

(1) http://www.jungewelt.de/2010/03-05/054.php
(2) ebd.

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