Weltpolitik

Venezuela: Eine gefährliche Illusion

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Von CAMILO MEJIA, 7. März 2014 –  

Die internationale Gemeinschaft sollte das Unterlassen jeglicher ausländischer Intervention in die venezolanischen Angelegenheiten fordern und die Bemühungen der demokratisch gewählten Regierung von Nicolás Maduro nach einer friedlichen Lösung unterstützen. Es müssen Schritte unternommen werden, die das Recht Venezuelas auf Selbstbestimmung gewährleisten.  

Es ist nicht so, als gäbe es in Venezuela keine Inflation, als gäbe es keine alarmierende Kriminalitätsrate und als würden venezolanische Studenten keine legitimen Beschwerden vortragen. Die Warenknappheit ist zweifellos eine spürbare Realität für die Bevölkerung. Auch wenn all diese Probleme vorhanden sind, liefern sie keineswegs eine Rechtfertigung für andere Länder, insbesondere die USA, in Venezuela Gewalt und Chaos zu schüren, um eine demokratisch gewählte Regierung zu stürzen.

Vergleichen wir die dortige Lage mit der in den Vereinigten Staaten: Studenten in den USA müssen extrem hohe Hochschulgebühren bezahlen, um dann auf einem miserablen Arbeitsmarkt um oftmals unterqualifizierte Jobs zu konkurrieren, während sie in ihren Ausbildungsschulden ertrinken. Der Unterschied zwischen ihnen und den Studenten in Venezuela ist der, dass es keine mächtige ausländische Regierung gibt, die ihnen Training und Millionen von US-Dollar zukommen lässt, damit sie auf der Straße im Rahmen eines Plans zum gewaltsamen Sturz der Regierung ihren Unmut zum Ausdruck bringen. Man stelle sich vor, wie die US-Regierung in einem solchen Fall reagieren würde!

Man nehme deren Behauptung, die Regierung von Nicolás Maduro sei undemokratisch und verfassungswidrig. Spielt es denn keine Rolle, dass es gerade erst drei Monate her ist, als die regierende Partei die Opposition bei den Kommunalwahlen eindeutig geschlagen hat? Spielt es keine Rolle, dass Maduros Vereinigte Sozialistische Partei in den letzten fünfzehn Jahren achtzehn Wahlen gewonnen hat, aber nur eine verloren? Spielt es auch keine Rolle, dass der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter, der als Wahlbeobachter in 92 verschiedenen Ländern Erfahrungen sammeln konnte, das venezolanische Wahlsystem als das „beste auf der Welt“ bezeichnete?

Die gewaltsamen Proteste in Venezuela repräsentieren nicht die Verteidigung der Demokratie, sondern sind ein Angriff auf diese. Es klingt hohl und zynisch, wenn US-Außenminister John Kerry Präsident Maduro aufruft, alle politischen Häftlinge freizulassen und den Dialog zu führen. Hat Minister Kerry jemals von Mumia Abu-Jamal gehört, oder von Leonard Peltier, Chelsea (Bradley, Anm. Red.) Manning, oder irgendeinem derjenigen, die im „Krieg gegen den Terror“ gefangen genommen wurden und nun illegalerweise  in Guantánamo oder irgendeinem anderen Ort des obskuren Netzwerks des US-Gulag ihr Dasein fristen?

Mittels Twitter-Bildern, Facebook-Einträgen und Youtube-Videos wird das Narrativ der brutalen und hemmungslosen Repression der venezolanischen Regierung stetig verstärkt, um schließlich ungeprüft in den Massenmedien als grausame und verzweifelte Realität des venezolanischen Volkes dargestellt zu werden. Die Berichterstattung dieser vermeintlichen Realität gipfelt dann in Aufrufen an die internationale Gemeinschaft, einzugreifen.

Der US-finanzierte Aufstand, die anhaltende Gewalt, die trügerische Berichterstattung der kommerziellen und sozialen Medien, die offiziellen Verlautbarungen der USA, das „Volk“ schreie nach Hilfe sowie eine eventuelle „humanitäre Intervention“ sind alle Teil eines größeren Eroberungsplanes der USA. Letztlich soll ein US-freundlicher Präsident installiert werden – was das Ende der Demokratie in Venezuela bedeuten würde.

Der beste Weg, Venezuela zu helfen, besteht darin, von unserer (Mejia meint hier die USA, Anm. Red.) Regierung zu verlangen, sich nicht weiter in die Angelegenheiten des Landes einzumischen. Solch ein Standpunkt ist nicht gleichbedeutend mit einer Unterstützung der venezolanischen Regierung, noch ist er gleichgültig gegenüber den realen Problemen der Venezolaner. Es ist vielmehr ein Standpunkt, der das Recht anderer Nationen auf Selbstbestimmung versteht und respektiert.


 

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Überarbeitete Übersetzung: Hintergrund
Im Original erschien der Text unter dem Titel Venezuela: A Dangerous Mirage bei venezuelalysis.com.

Über den Autor:
Camilo Mejia wurde in Nicaragua geboren, studierte in den USA und ist ein Veteran der US-Armee. Er war der erste Soldat, der im Jahr 2004 seinen weiteren Einsatz im Irakkrieg verweigerte, den er als illegal bezeichnete. Nach seiner Verurteilung durch ein Militärgericht initiierte Amnesty International eine Kampagne zu seiner Freilassung und erklärte ihn zu einem politischen Gefangenen. Seit der Verbüßung einer neunmonatigen Haftstrafe engagiert sich Mejia bei den Iraq Veterans Against the War, deren Präsident er schließlich wurde.

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