Zoll-Krieg

Wie viel 1930 steckt in Trumps Zollpolitik?

US-Präsident Donald Trump sorgt mit seiner Zollpolitik für Überraschung und Erschrecken. Beobachter fühlen sich an historische Ereignisse erinnert.

1755327934

Foto: pasja1000; Quelle: pixabay; Lizenz
Mehr Infos

„Zolldrama“, „Zollorgie“, „Zollkeule“, „Zollangst“, „Zolloffensive“ und „Monsterzölle“ – für Wortneuschöpfungen mit dem Wörtchen „Zoll“ gibt es in den Medien offenbar keine Grenzen mehr, seit US-Präsident Donald Trump den „Liberation Day“ ausgerufen hat, jenen 2. April, der Tag, an dem die USA für nahezu alle Länder der Erde hohe Importzölle ankündigten. Schnell kamen auch historische Vergleiche auf. „Die Zollpolitik der USA weckt Erinnerungen an die Weltwirtschaftskrise der Zwischenkriegszeit“, schrieb die Neue Zürcher Zeitung. „Der dunkle Schatten der Dreißigerjahre“, titelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Und die Berliner Morgenpost warnte: „Schon einmal setzten die USA auf Zölle – mit fatalen Folgen.“ Doch stimmt das überhaupt?

Der historische Vorläufer zu Trumps Zolldekret ist der Smoot-Hawley Tariff Act, der vor 95 Jahren in Kraft trat, genauer gesagt am 17. Juni 1930. Auf einen Schlag wurden damals die Zölle für über 20.000 Produkte angehoben, das durchschnittliche Zollniveau stieg auf über 50 Prozent. Das Smoot-Hawley-Zollgesetz gilt heute als der Startschuss in die unheilvolle Ära des Protektionismus, bis Anfang 1933 schrumpfte das globale Handelsvolumen real um knapp 30 Prozent, nominal waren es sogar über 60 Prozent, weil es in der „Großen Depression“ auch zu einem enormen Preisverfall kam. Georg Schild, Tübinger Professor für Nordamerikanische Geschichte, sprach kürzlich auch von „einer der katastrophalsten Zollerhöhungen der US-Geschichte“. 1

Wahlversprechen an die Farmer

Der Smoot-Hawley Tariff Act trat zwar 1930 in Kraft, die Planungen begannen jedoch schon deutlich früher. So hatte der damalige republikanische US-Präsident Herbert Hoover den amerikanischen Farmern bereits im Wahlkampf 1928 versprochen, sie vor ausländischer Konkurrenz zu schützen. Die Farmer machten damals noch rund ein Fünftel der amerikanischen Bevölkerung aus, repräsentierten also einen beträchtlichen Teil der Wählerschaft. Ihnen machte vor allem die wiedererstarkte Konkurrenz aus Europa zu schaffen, die nach dem Ersten Weltkrieg zurück auf den Weltmarkt drängte. Es kam zur Überproduktion, die Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse sanken, die Einkommen der US-Farmer blieben die kompletten 1920er Jahre hindurch niedrig, viele gerieten in finanzielle Schieflage.

Im Januar 1929, Präsident Hoover war noch nicht einmal offiziell im Amt, machte sich dann der US-Kongress unter seinem Vorsitzenden, dem Republikaner Willis Hawley, daran, das Gesetz auszuarbeiten. Ein erster Entwurf ging im Mai 1929 an den Finanzausschuss des US-Senats und dessen Vorsitzenden Reed Smoot, der ebenfalls den Republikanern angehörte. Auffällig war, dass bereits dieser erste Gesetzentwurf nicht nur Zölle auf Agrarprodukte enthielt, was Präsident Hoover ursprünglich beabsichtigte, sondern auch auf Industriegüter. Im weiteren Verlauf der Beratungen kam es dann, wie es kommen musste. Unter dem Druck von Lobbyverbänden wurde das Gesetz auf alle Sektoren der US-Wirtschaft ausgeweitet, heraus kam die massivste Zollanhebung in der Geschichte der USA.

Über 1.000 Ökonomen warnen

Das Smoot-Hawley-Zollgesetz stieß gleichwohl auf starken Widerstand. Über 30 ausländische Regierungen legten Protest ein, darunter auch einige der größten Handelspartner der USA, so etwa Deutschland, Großbritannien und Japan. Zudem machten exakt 1.028 US-Ökonomen gegen das Gesetz mobil. 2 In einer Petition forderten sie Präsident Hoover auf, Veto gegen das Gesetz einzulegen. Sie gaben zu bedenken, dass das Gesetz nicht nur Vergeltungsmaßnahmen auslösen und den internationalen Handel beeinträchtigen, sondern auch die Lebenshaltungskosten steigern und die heimischen Verbraucher schädigen würde. Auch war von einem „protektionistischen Overkill“ die Rede. Präsident Hoover unterzeichnete das Gesetz dennoch.

Bei den Handelspartnern der USA löste das Gesetz „Wut und Empörung“ aus. 3 Viele Länder reagierten mit Vergeltungsmaßnahmen. In Italien, das unter seinem faschistischen Diktator Benito Mussolini zum „patriotischen Boykott“ aufrief, hatten aufgebrachte Bürger gar amerikanische Autos demoliert. Andere Länder wiederum gingen gezielt gegen US-Produkte vor. Frankreich etwa änderte seine Zölle auf US-Autos von einer wert- auf eine gewichtsbezogene Bemessung und schottete damit seinen Markt de facto von den deutlich schwereren US-Autos ab. Wie der US-Ökonom Kris Mitchener, die Wiener Wirtschaftshistorikerin Kirsten Wandschneider und der irische Ökonom Kevin Hjortshoj O’Rourke in ihrer Studie „The Smoot-Hawley Trade War“ ausrechneten, gingen infolge der Zollerhöhungen die US-Exporte in Länder, die Gegenmaßnahmen ergriffen, um rund 30 Prozent zurück. 4

Den vollständigen Text lesen Sie in der aktuellen Ausgabe 7/8 2025 unseres Magazins, das im Bahnhofsbuchhandel, im gut sortierten Zeitungschriftenhandel und in ausgewählten Lebensmittelgeschäften erhältlich ist. Sie können das Heft auch auf dieser Website (Abo oder Einzelheft) bestellen.

1 https://www.swr.de/swraktuell/radio/trump-zoelle-2-april-lehren-aus-us- geschichte-100.htm
2 https://www.paecon.net/PAEReview/issue74/Beaudreau74.pdf
3 https://www.derstandard.at/story/3000000263818/niemand-gewinnt-einen-
handelskrieg
4 https://www.nber.org/system/files/working_papers/w28616/w28616.pdf 5 https://historyofthetwentiethcentury.com/232-uncle-shylock/

Der Hintergrund-Newsletter

Wir informieren künftig einmal in der Woche über neue Beiträge.

Wir senden keinen Spam! Erfahren Sie mehr in unserer Datenschutzerklärung.

Abo oder Einzelheft hier bestellen

Seit Juli 2023 erscheint das Nachrichtenmagazin Hintergrund nach dreijähriger Pause wieder als Print-Ausgabe. Und zwar alle zwei Monate.

Hintergrund abonnieren

Drucken

Drucken

Teilen

Voriger Artikel Weltpolitik Trumps Perspektiven
Nächster Artikel Weltpolitik Will Berlin „Rache für 1945“?