Sprachpolitik

Neue Wörter, neue Gesellschaft?

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Teile der Linken setzen auf problematische Formen von Sprachpolitik –

„Er ist an den Rollstuhl gefesselt.“ Dieser Satz gehört zu den peinlichen Floskeln, auf die man in den Medien bisweilen stößt, wenn es um das Thema Behinderung geht. Andere Phrasen lauten etwa: „Sie ist geistig behindert.“ Oder: „Er führt ein Leben in absoluter Dunkelheit.“ Das Berliner Projekt „Leidmedien“, das sich speziell an Journalistinnen und Journalisten wendet, verfolgt das Ziel, die oft stereotype Berichterstattung über Behinderung zu verändern. Auf der Webseite der „Leidmedien“ wird erklärt, was an solchen Aussagen einseitig und fragwürdig ist: Ein Rollstuhl ist ein Fortbewegungsmittel und damit das Gegenteil einer Fessel. Nur wenige Blinde sehen „nichts“, und dieses „Nichts“ ist keine „absolute Dunkelheit“. Der pauschalisierende Ausdruck „geistig behindert“ suggeriert, ein Mensch sei „dumm“ und könne nichts lernen. „Wir wollen Bewusstsein schaffen für falsche Darstellungen, Klischees, Abwertungen und Reduzierungen“, schreiben die Macherinnen der „Leidmedien“. „Dies verwechseln manche Leute mit dem Ruf nach Political Correctness. Wir wissen nicht, was ‚korrekt‘ ist – weil sich das ständig verändert.“(1) Ein Beispiel ist die Verwendung des Begriffes „behindert“: Heute ist häufig von „Menschen mit Behinderung“ zu lesen. Damit soll ausgedrückt werden, dass eine Behinderung nur ein Teilaspekt ist und nicht – wie es die Rede von „dem Behinderten“ vermuten lassen könnte – das ganze Individuum ausmacht. Andere nennen sich selbst ganz bewusst „behinderte Menschen“, weil sie unter „behindert“ das „Behindertwerden“ durch die Gesellschaft verstehen.
Als Aktivist der Behindertenbewegung und als Hochschullehrer, zu dessen Fachgebieten die „Disability Studies“ gehören, interessieren mich neue und realistische Darstellungen von Rollstuhlfahrern, Blinden oder Psychiatrieerfahrenen. Allerdings lösen öffentliche Diskussionen darüber, wie „richtig“ zu sprechen sei, bei mir gemischte Gefühle aus, und ich werde schnell ungeduldig. Im Grunde ist es nicht schlecht, wenn Menschen guten Willens sind und sich Gedanken machen. Aber warum muss eigentlich ständig sprachlich betont werden, dass jemand wie ich ein Mensch ist? Versteht sich das etwa nicht von selbst? Ist die Unsicherheit der Diskutierenden, die den alltäglichen Umgang miteinander oft eher erschwert denn erleichtert, nicht problematischer als ein schiefer Begriff? Und müssten wir bei dem Thema nicht über wichtigere Dinge reden, etwa Armut, Ausgrenzung und schlechte Arbeitsbedingungen in sogenannten Behindertenwerkstätten? Wenn schließlich Nichtbehinderte anderen Nichtbehinderten erklären, dass der Ausdruck „behindert“ diskriminierend und deshalb gänzlich zu vermeiden sei, dann bin ich sicher, dass die Sprachkritik problematische Züge angenommen hat. Aber was genau ist das Problematische? Dieser Frage möchte ich hier nachgehen, weil Teile der akademischen Welt und der politischen Linken heute wieder intensiv über „linguistische“ Argumentationen streiten.
Deutsche Feuilletondebatten
Sprachkritik, die auf Emanzipation zielt, hat Tradition. Friedrich Engels enttarnte einst die ideologische Verkehrung, mit der diejenigen, die anderen ihre Arbeit zur Verfügung stellen müssen, begrifflich zu „Arbeitnehmern“ gemacht werden; Bertolt Brecht stellte den Unternehmern die „Unternommenen“ und den Vorgesetzten die „Zurückgesetzten“ gegenüber; Viktor Klemperer nahm die „Lingua Tertii Imperii“, die „Sprache des Dritten Reiches“, auseinander; die Sprachwissenschaftlerin Senta Trömel-Plötz demontierte unter anderem das „Fräulein“ und die „berufstätige Frau“ als Ausnahmeerscheinung, die sie in Westdeutschland lange Zeit auch tatsächlich war.
In jüngerer Zeit sorgten Thesen von Lann Hornscheidt für hitzige Debatten im deutschen Feuilleton. Hornscheidt, die als Person keinem Geschlecht zugeordnet werden möchte und im Fach Gender Studies an der Humboldt-Universität zu Berlin lehrt, verwendet die von ihr neu geschaffene Wortendung „x“, um die herkömmliche grammatische Zweigeschlechtlichkeit zu umgehen. In einem Beitrag für die Zeit (20.12.2014) erläuterte Hornscheidt die eigene Absicht und schilderte aggressive Reaktionen darauf. „Wenn Sie mit mir in meiner Profession Kontakt aufnehmen wollen“, stand damals auf Hornscheidts Homepage, „sprechen Sie mich bitte nicht mit ‚Sehr geehrte Frau Professorin‘ oder ‚Sehr geehrter Herr Professor‘ an. Eine mögliche Ansprache wäre ‚Sehr geehrtx Professx‘“. Es folgten „Facebook-Diskriminierungen ohne Ende, Hass-Mails (…), Vergewaltigungsandrohungen zur ‚Umerziehung‘ und Anrufungen staatlicher Institutionen“ (ebd.).
Obwohl insbesondere der Rechtspopulismus gegen Feminismus und angeblichen „Genderwahnsinn“ hetzt, waren viele Medienreaktionen positiv. Wohlwollende Artikel erschienen beispielsweise in der Zeit und in der FAZ. Springers Welt (01.05.2014) nannte die Gender Studies zwar „großen pseudowissenschaftlichen Humbug“, forderte aber, Hornscheidts „Gedankenexperimente“ ernst zu nehmen und „gegen allzu wohlfeile Kritik“ zu verteidigen. Fänden sich politische Mehrheiten, seien „Eingriffe in die Baupläne der Sprache (…) absolut vorstellbar“. Gegenüber Spiegel online (24.04.2014) betonte Hornscheidt: „Wir wollen niemandem etwas vorschreiben, keine neuen Regeln aufstellen. Wir sagen nicht: So soll es sein. Wir sagen: So kann es sein.“
Die erwähnten Angriffe von rechts haben die sachlich-kritische Auseinandersetzung mit Hornscheidts Ansatz erschwert. Dieser steht stellvertretend für einen Diskurs in der Wissenschaft und in der politischen Linken und scheint davon auszugehen, Sprache sei die Basis gesellschaftlicher Praxis und individuellen Denkens. Und genau hier liegt das Problem.
„Unendlich viele Möglichkeiten“?
Besonders konsequent wird diese Auffassung in einem „Sprachleitfaden“ der Arbeitsgruppe „Feministisch Sprachhandeln“ der Humboldt-Universität vertreten, an dem Hornscheidt mitgeschrieben hat.(2) In der Sprache kommen den Autorinnen zufolge Machtverhältnisse zum Ausdruck, die Menschen im Alltag „immer wieder“ reproduzieren. Über „Sprachhandlungen“ werde „Wirklichkeit geschaffen“, indem „Zuschreibungen erzeugt“ würden. Die damit angesprochenen „sozialen Normen“ bilden die „Grundlagen für eine Gesellschaft und beeinflussen alltägliches Denken und Handeln“, heißt es. Das sprachliche „Benennen, Klassifizieren, Ein- und Zuordnen, Bewerten, Einlesen und Ausschließen von Personen“ sei „macht- und gewaltvoll“. Den Autorinnen geht es dabei nicht nur um Geschlechterverhältnisse, sondern unter anderem auch um Behinderung. Dabei bedienen sie sich eigentümlicher Neologismen und sprechen zum Beispiel von „(dis-)ableisierten“ statt von (nicht-)behinderten Menschen. Sie problematisieren die Rede von einem „blinden Mitarbeiter“ und vermissen das Pendant der „sehenden Mitarbeiter“; sie halten es für diskriminierend, darüber zu sprechen, dass jemand Gebärdensprache nutzt, ohne gleichzeitig Lautsprache explizit zu nennen. Und sie stören sich an der Aufforderung: „Alle lesen bitte diesen Text bis zum nächsten Mal.“ Denn damit werde vorausgesetzt, „dass ‚alle‘ lesen können“.
Wenn man Sprache so viel Bedeutung beimisst wie die AG, dann ist es plausibel, sich auf entsprechende Veränderungen zu konzentrieren. „Jeden Tag gibt es unendlich viele Möglichkeiten“, so die Autorinnen, durch „Schreiben und Sprechen antidiskriminierend zu handeln“. Selbst wenn man das Gefühl habe, dass „die Strukturen stark und starr sind“, könne man „in jedem Moment aktiv etwas verändern“. Neue „Sprachhandlungen“ trügen zu gesellschaftlichem Wandel bei.
Mit Blick auf geschlechtergerechte Formulierungen warnen die Verfasserinnen vor „pseudogenerischen Formen“, etwa der Verwendung von „Lehrkraft“ statt „Lehrer“. Diese seien „keine optimalen Lösungen, da sie ausschließende Assoziationen aufrufen und strukturelle Ungleichheitsverhältnisse entnennen“. Auch Partizipialformen – so zum Beispiel die Rede von Studierenden anstelle von Studenten – seien „nicht antidiskriminierend: Sie assoziieren (…) vor allem männliche Personen und Merkmale, was in zahlreichen Perzeptions- und Diskursuntersuchungen bestätigt wurde.“
Sprache, Denken, Praxis
Der Ansatz Hornscheidts und der AG darf, wie die obigen Ausführungen zeigen sollten, nicht auf Sprachpolitik reduziert werden. Vielmehr enthält er weitreichende linguistische, psychologische und gesellschaftswissenschaftliche Annahmen, die es kritisch zu hinterfragen gilt. Beginnen wir mit einer scheinbar einfachen Frage: Ist es tatsächlich belegt, dass Menschen mit dem Wort „Studierende“ vor allem Studenten und „männliche Merkmale“ verbinden? Die Verfasserinnen zitieren eine Untersuchung von Karin Kusterle.(3) Die Germanistin legte rund 400 Versuchspersonen verschiedene Geschichten vor mit der Bitte, sich Namen für die handelnden Personen auszudenken. Offiziell sollte die Beliebtheit von Vornamen getestet werden, in Wirklichkeit ging es jedoch um die Frage, von welchen Faktoren es abhängt, ob weibliche oder männliche Namen genannt werden. Tatsächlich macht es einen Unterschied, ob das generische Maskulinum, neutrale Formen oder das Binnen-I verwendet werden. Genderung scheinen die Teilnehmenden als Hinweis darauf zu verstehen, dass das Geschlecht von Relevanz ist. Kusterle identifizierte allerdings noch eine ganze Reihe weiterer Faktoren. So kann der Kontext der Geschichte eher männlich (Eishockey), weiblich (Gymnastik) oder neutral (Universität) konnotiert sein, Berufe werden nach Status eher Frauen oder Männern zugeordnet (zum Beispiel „Buffetkraft“ versus „Lehrkraft“). Außerdem spielen soziodemografische Merkmale eine große Rolle. Weibliche Namen werden eher von weiblichen, jüngeren und ideologisch weiter links stehenden Versuchspersonen genannt. Die Untersuchung relativiert also die Bedeutung von Sprache und verweist auf Situation und praktische Erfahrungen der Teilnehmenden. Es wird lediglich gezeigt, dass im experimentellen Setting die Wahrscheinlichkeit für die Nennung weiblicher Namen gesteigert werden kann.
Für sich genommen ist das kein wünschenswertes politisches Ziel. Dies scheinen auch die Autorinnen der AG-Broschüre so zu sehen. Sie warnen davor, generalisierende weibliche Formen zu benutzen, wenn etwa die Mehrzahl von Stelleninhabern männlich ist. Offensichtlich gibt es keinen eindeutigen Determinationszusammenhang von Sprache, Denken und gesellschaftlicher Praxis. Egal, ob es um Geschlecht oder Behinderung geht – heute besteht die Gefahr, dass die offiziellen Diskurse aufgehübscht und unangreifbar gemacht werden, ohne dass sich an den außersprachlichen Verhältnissen etwas ändern würde. Historische Erfahrungen zeigen, wie offizielle Terminologie und gesellschaftliche Verhältnisse auseinandergehen können. In der Spätphase der DDR etwa wurde der proklamierte Sozialismus kaum noch ernst genommen. Es gab aber auch den umgekehrten Fall, bei dem die gesellschaftlichen Verhältnisse weiter fortgeschritten waren als Sprache und Literatur. Senta Trömel-Plötz, deren Ansatz dem von Hornscheidt sonst recht ähnlich ist, sagt: „Unsere Sprache (…) ist ein bisschen konservativer als die Realität. Zum Beispiel hat sich gezeigt bei (…) Untersuchungen über Lehrbücher in der DDR, dass, obwohl gesellschaftlich schon sehr viele Änderungen, was das Berufsleben anbelangt, eingesetzt haben und die Frauen in den verschiedensten Berufen auftreten, die Schulbücher, die Lehrbücher die Frauen immer noch in den alten, stereotypen Rollen bringen, also gar nicht die ganze Vielfalt der konkreten Wirklichkeit in der DDR zeigen.“(4)
Sprache und soziale Normen sind nicht die Basis der Gesellschaft, denn Menschen können sich je nach Situation und Bedarf durchaus unterschiedlich darauf beziehen. Grundlegender sind Bedürfnisse und die Organisation ihrer Befriedigung. Spätestens hier stellen sich ökonomische Fragen. Doch statt von Kapitalismus oder sozialen Klassen ist in der Broschüre nur von „Klassismus“ die Rede, statt von Ausbeutung nur von Diskriminierung. Der Klassengegensatz ist der Unterschied zwischen „Schlecker-Frau“ und Frau Schlecker, zwischen Lohnabhängigkeit und Eigentum an Produktionsmitteln beziehungsweise Geldvermögen. Dass Menschen in subalterner Position diskriminiert werden, ist schlimm genug, aber der eigentliche Skandal sind die hierarchisch gegliederten Positionen selbst. Und die sind auf sprachlicher Ebene nicht aufzuheben.
Von der Umverteilung zur Anerkennung?
Sozialkonstruktivistische und vor allem auf Sprache konzentrierte Ansätze sind in der urbanen akademischen Linken derzeit bemerkenswert populär. Das bedarf einer Erklärung. Sprache ist das zentrale Arbeitsmittel von Studierenden der Kultur-, Geistes- und Sozialwissenschaften. Was einem persönlich wichtig ist, dem räumt man leicht auch gesellschaftliche Priorität ein. Dieser Schluss mag naheliegen, ist aber nicht notwendigerweise zutreffend. Der Ansatz der Arbeitsgruppe verspricht Handlungsfähigkeit insofern, als alle ihre eigene Sprache unmittelbar beeinflussen können. Angesichts der entscheidenden Bedeutung nichtsprachlicher Praxis und Strukturen ist das Versprechen letztlich jedoch nicht einzulösen. Statt auf die Veränderung von praktischen Machtverhältnissen und auf Zugang zu materiellen Ressourcen setzt die Broschüre auf symbolische Repräsentation: „Empowerment ist alles, was mich stark macht, anwesend macht, mich wertvoll und selbstakzeptierend macht.“ Die Stärkung des Individuums verträgt sich gut mit dem Mainstream, die Fokussierung auf Repräsentation passt ins Internetzeitalter der bürgerlichen Gesellschaft. Die Broschüre macht aber auch glauben, man müsse sich durch Wörter verletzbar fühlen beziehungsweise andere vor Verletzungen schützen. Die Sprache führt in der Argumentation ein merkwürdiges Eigenleben. Dies zeigt sich etwa an der Annahme, bestimmte Wörter seien an sich Ausdruck von „Macht“ oder gar „Gewalt“, unabhängig von der konkreten Situation oder den Beziehungen zwischen denen, die diese Wörter verwenden.
Dass sich Teile der Linken und des Feminismus ziemlich einseitig auf Sprache und Individualität konzentrieren, hat nicht zuletzt historische Gründe. Die US-Politologin Nancy Fraser analysiert, wie der zeitgenössische Kapitalismus feministische Strömungen geprägt hat: „Der Aufstieg des Neoliberalismus fiel zeitlich mit einem Wandel in der politischen Kultur der kapitalistischen Gesellschaften zusammen. Gerechtigkeitsforderungen kamen in dieser Periode immer häufiger als Forderungen nach Anerkennung von Identität und kultureller Differenz daher. Mit dieser Akzentverschiebung ‚von der Umverteilung zur Anerkennung‘ geriet die Neue Frauenbewegung unter massiven Druck, sich in eine ‚Identitätsbewegung‘ zu verwandeln. In der Praxis führte das zu einer Tendenz, sozialökonomische Kämpfe solchen um Anerkennung unterzuordnen, während im Wissenschaftsbetrieb feministische Kulturforschung die feministische Sozialforschung zu verdrängen begann. Was als notwendiges Korrektiv gegen einseitigen Ökonomismus begann, verkam (…) zu einem ebenso einseitigen Kulturalismus.“(5)
Obwohl Hornscheidt betont, keine neuen Vorschriften aufstellen zu wollen, hat dieser Kulturalismus in der Praxis durchaus ein repressives Potenzial. So liberal und antinormativ sprachzentrierte Ansätze erscheinen mögen, bieten sie doch Gelegenheit zu Rigidität und obrigkeitlichem Sektierertum. Ayşe K. Arslanoğlu kritisiert als Studentin der Gender Studies, wie in ihrem Fach über Forschungsthemen verhandelt werde: „Wer warum zu welchem Thema arbeitet, wird nicht über Interesse oder politisches Anliegen bestimmt, sondern über soziale respektive identitäre Positionierungen legitimiert oder delegitimiert. (…) Bei ‚fehlenden Voraussetzungen‘ (…) sollen (…) Auflagen erfüllt werden, wie ein (…) Vorfall im Kontext der Berliner Gender Studies zeigt. Unter Ausschluss aus den bisherigen Arbeitskontexten wurde eine als ‚Biomann‘ adressierte Person aufgefordert, mehrere Wochen über Privilegien zu reflektieren (…). Am Ende der Reflexionszeit sollte ein ‚selbstkritischer‘ Text stehen, der die Grundlage abgeben sollte, die geplante wissenschaftliche Arbeit überhaupt verfassen zu dürfen. Die Seminarleiterin war schließlich so frei, die Selbstkritik als nicht ausreichend zu beurteilen.“(6) Die Autorin erinnert in diesem Zusammenhang daran, wie die einst emanzipatorisch gemeinte Forderung nach Selbstkritik in der Geschichte der sozialistischen Staaten eine repressive Note erhielt.
Trotzdem steht am Ende eine gute Nachricht: Zwar kann das große Versprechen einer Gesellschaftsveränderung per Linguistik nicht eingelöst werden, doch das heißt auch, dass man Sprachkritik entspannter, solidarischer und gewitzter einsetzen kann, um herrschende Phrasen und Ideologien zu hinterfragen und als solche kenntlich zu machen. Auf diese Weise kann Sprachkritik das Instrument und Teil eines gesellschaftsverändernden Projektes sein, das sich für Behinderung, Geschlechter und Klassenverhältnisse interessiert.

Der Artikel erschien zuerst im Hintergrund-Magazin, Heft 2 – 2016.

(1) http://leidmedien.de/uber_uns/ein-politisch-korrektes-blog/
(2) http://feministisch-sprachhandeln.org/wp-content/uploads/2015/04/sprachleitfaden_zweite_auflage.pdf
(3) K. Kusterle (2011). Die Macht der Sprachformen. Der Zusammenhang von Sprache, Denken und Genderwahrnehmung. Frankfurt/M.
(4) http://www.gleichsatz.de/b-u-t/begin/troml2.html
(5) N. Fraser (2009). Feminismus, Kapitalismus und die List der Geschichte. Blätter für deutsche und internationale Politik 8/2009, S. 50
(6) A. Arslanoğlu (o.J.). Stolz und Vorurteil. Markierungspolitiken in den Gender Studies und anderswo. Outside the Box. Zeitschrift für feministische Gesellschaftskritik, Nr. 2. http://outside-mag.de/issues/2/posts/15

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