Weltwirtschaft

Fannie Mae und Freddie Mac – der amerikanische Albtraum

Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.

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Von REGINE NAECKEL, 09. September 2008:

Die beiden größten US-amerikanischen Hypothekenbanken, Fannie Mae (FNM) und Freddy Mac (FRE), sind zahlungsunfähig. Spätestens im Juli 2008 wurde öffentlich bekannt, worüber schon zuvor lange hinter vorgehaltener Hand gemunkelt wurde: Das faktische Aus für die Hypothekengiganten. Am Wochenende hatte die US-Regierung beschlossen, beide Hypothekeninstitute unter die sofortige Kontrolle der staatlichen Aufsichtsbehörde FHFA (Federal Housing Finance Agency) zu stellen.

Der alte Vorstand wurde abgesetzt und an seine Stelle traten zwei vom Staat eingesetzte Verwalter . Sie sollen nun „für eine Stabilisierung“ sorgen  und können dabei über Milliarden aus dem Staatshaushalt verfügen. So weit, so gut. Aber: Die Hypotheken-Banken werden weiterhin den alten Aktionären gehören. Das heißt: Zukünftig zahlt der Steuerzahler die Renditen direkt, sollte es zu einer Sanierung und einem Kursanstieg der Aktie kommen.

Doch noch sind die Titel der beiden Unternehmen – wie schon seit Monaten – weiter im freien Fall. Am gestrigen Montag brachen sie total ein: Beide Aktien sind inzwischen weniger als einen Dollar wert.

Eigentlich wollte US-Finanzminister Paulson mit seinem „Notfallplan“ einen Kollaps des Kreditmarktes verhindern. Immerhin garantieren die beiden Banken etwa die Hälfte aller US-Hypotheken. Käme es zu einem endgültigen Bankrott der Institute, würde das auch den Ruin für zahlreiche Kreditnehmer und immense Verluste für internationale Gläubigerbanken bedeuten.

Mit Paulsons Plan – würde der Staat die Verluste ausgleichen – kämen auf das ohnehin fast bankrotte Land weitere 1,6 Billionen Dollar Kosten zu. Allein bis Ende des dritten Quartals müssen unter der Kontrolle der FHFA 223 Milliarden Dollar refinanziert werden.

Fannie und Freddy gehören zu den sogenannten Government Sponsored Enterprises (GSEs), das sind vom Staat unterstützte Finanzdienstleister. Beide haben insgesamt 5,24 Billionen Dollar an Darlehen für Immobilien in den USA vergeben, bei einem Gesamtvolumen von 12 Billionen Dollar aller ausstehenden US-Hypothekenkredite. (…) Insgesamt steht diesem gigantischen Hypothekendarlehen nur ein Eigenkapital von zusammen 54,1 Mrd. Dollar -– Stand 30. Juni 2008 – gegenüber.

Die Sache ist ernst, denn die Halter der Schuldenpapiere sitzen nicht nur in den USA, sondern mehrheitlich in aller Welt. Allein China  finanzierte durch die Kreditierung seiner eigenen US-Exporte 376 Milliarden Dollar, insgesamt halten ausländische Investoren 1,3 Billionen Dollar Kreditverbriefungen.

Durch die Verstaatlichung scheint der weltweite Kollaps vorerst gebannt. Nachdem sich Spekulanten jahrelang am System des amerikanischen Hypothekenwesens bereichern konnten, soll nun der US-amerikansiche Steuerzahler die Zeche bezahlen.

Das aber wird bei sinkendem Staatseinkommen und steigender Arbeitslosigkeit zu einem immer größeren Problem. „Für jede anfallende Milliarde an Verlusten aus dem Geschäft der dicken Geschwister zahlt jeder US-Bürger 3,30 USD plus Zins und Zinseszins. Bei aktuell 9,7 Billionen Schulden, hat jeder im Durchschnitt 31.749 USD an Schulden zu tragen. Laut Statistik verdient ein US-Bürger 18,50 USD in der Stunde. Er müsste 1701 Stunden bzw. 50 Wochen kostenlos arbeiten und alles an die Staatskasse überweisen. In der Zwischenzeit dürfte er nichts ausgeben. Doch durch die weitere Verschuldung, z.B. weitere Kriegskosten und die auflaufenden Zinszahlungen vergrößert sich die US-Schuld um täglich 1,93 Mrd. USD. Nicht eingerechnet sind dabei die Zusagen an Leistungen für die kommenden Jahre. Eigentlich ist Amerika längst bankrott,“ analysierte Frank Meyer bei Zeitenwende.ch am vergangenen Sonntag den Paulson-Plan.

George W. Bush selbst spricht im Fall der Hypotheken-Giganten von einer „vorübergehenden Verstaatlichung“. Erstens klingt das nicht nach kommunistischer Staatswirtschaft und zweitens impliziert es, dass die Aktiengesellschaften, sobald sie mit Staatsmitteln saniert wurden, wieder an die Eigner übertragen werden können.

 

Quellen:

FAZnet, 08. September 2008

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