HINTERGRUND, Heft 01.02-10 - Die Militarisierung der Katastrophenhilfe für Haiti

Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.

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Die Militarisierung der Katastrophenhilfe für Haiti: eine humanitäre Operation oder eine Invasion?

Von MICHEL CHOSSUDOVSKY

Ergänzender Text von Bob Brevin

Über die Tatsache, dass SOUTHCOM zufällig einen Tag vor dem Erdbeben eine Simulation wichtiger Kommunikationstechnologie im Zusammenhang mit einem möglichen Hurrikan auf Haiti geplant hatte, berichtet der „Berichterstatter für Verteidigungstechnologie“ auf der Website nextgov – Technology and the Business of Government, Bob Brevin, am 15. Januar 2010. Brevin trägt nüchtern Fakten zusammen, die die Verbindung militärischer mit sogenannter humanitärer Hilfe belegen. Sein Bericht macht die führende Rolle des Militärs bei der gesamten Haiti-„Hilfe“ einmal mehr deutlich:

Die Verteidigung lanciert ein online-System, um Hilfe für Haiti zu koordinieren

Während hunderte Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen Hilfspersonal aus der ganzen Welt in das vom Erdbeben zerstörte Haiti entsenden, hat die Defense Information Systems Agency (DISA) / Agentur für Verteidigungs-Informations-Systeme ein Webportal freigeschaltet, das vielfältige soziale Vernetzungsmöglichkeiten für die Hilfskoordination zur Verfügung stellt.

Am Montag war Jean Demay, DISA’s technischer Leiter des transnationalen Informationsaustausch-Projekts, gerade für einen Testlauf im Hauptquartier von US-SOUTHCOM in Miami. Das Testszenario simulierte die Bereitstellung von Rettungsmaßnahmen nach einem Hurrikan auf Haiti. Nach dem Erdbeben am Dienstag sagte Demay, dass SOUTHCOM beschlossen hätte, sofort mit dem System online zu gehen. Mittwoch öffnete DISA das Portal für alle Partner des transnationalen Koordinations-Netzwerks, die Haiti mit Hilfsleistungen unterstützen.

Das Informationsaustausch-Projekt, welches sowohl von SOUTHCOM als auch von der Europäischen Kommandozentrale des Verteidigungsministeriums vorangetrieben wurde, ist in den letzten drei Jahren entwickelt worden. Es wurde konzipiert, um eine multilaterale Kooperation zwischen staatlichen Strukturen und Nichtregierungsorganisationen zu vereinfachen.

Laut Demay haben sich schon fast 500 Organisationen und Einzelpersonen seit der Freischaltung des Haiti Humanitären Hilfs- und Katastrophenschutz Programms (APAN) am Mittwoch durch DISA angemeldet – darunter eine Reihe von Verteidigungseinheiten und verschiedenste NGOs sowie Hilfswerke.

APAN bietet eine Reihe von Funktionen an, die die Zusammenarbeit erleichtern – dazu gehören zum Beispiel geografische Informationssysteme, Wikis, YouTube und Seiten, die wie MySpace aufgebaut sind, sowie mehrsprachige Chatrooms. Inzwischen stellen sich auch andere Organisationen ähnlichen technologischen Herausforderungen. Gianluca Bruni, der in Dubai ansässige IT-Leiter für Nahrungsmittelbereitstellung und Krisenreaktion für das Welternährungsprogramm, ist ebenfalls mit dem Aufbau von Netzwerken beschäftigt, um sowohl die UNO als auch NGOs in Haiti zu unterstützen. Das Welternährungsprogramm hat bereits zwei Ausrüstungen für Fernmeldetechnik nach Haiti verbracht, die Satelliten-Systeme enthalten, die auf der Basis von 1 Megabit pro Sekunde arbeiten und bis zu 100 Nutzer gleichzeitig bewältigen können. Außerdem ist es für die Entsendung von Laptops, Wi-Fi-Zugängen und weitreichenden Punkt zu Punkt WLan Systemen verantwortlich, die es weit entfernten Nutzern ermöglichen, sich hier einzuloggen. Bruni sagte, dass das Welternährungsprogramm schließlich plane, in Haiti Cyber Cafés für alle Helfer einzurichten.

Jon Anders, ein Sprecher von DISA, räumte ein, dass die Agentur 10 Megabit der Satellitenkapazität für Marine und Luftwaffe zur Verfügung stellt, die an Hilfsoperationen beteiligt sind. Viele der in Haiti engagierten Hilfsorganisationen bringen ihre eigenen Radiostationen mit ins Land. DISA hat dafür ein Drei-Mann-Team des Vermittlungsbüros eingesetzt, das helfen soll, das Spektrum an Radiofrequenzen zu verwalten.

Das Verbindungsbüro der Streitkräfte, die Support-Stelle für Kommunikationskoordination,  richtete zwei Teams ein, die mit Satellitensystemen ausgerüstet sind sowie mit Internet-Telefonie, um SOUTHCOM in Port-au-Prince letzten Mittwoch zu unterstützen. „Die Systeme waren innerhalb weniger Stunden in Betrieb“, sagte der Verantwortliche Chris Wilson. In den nächsten Tagen wird die Organisation ein weiteres Team nach Haiti schicken. Wilson meinte, dass die Support-Stelle darum so erfolgreich war, so schnell in Haiti Fuß zu fassen, weil die Systeme schon auf Paletten in Miami bereitstanden für die Übung, die dann abgesagt wurde.

Da so viele Staatsführungen und NGOs aus der ganzen Welt auf die Krise in Haiti reagierten, wurden die Kapazitäten in puncto Hilfsgüterflüge auf dem Flughafen in Port-au-Prince überfordert. Die Flugsicherungsbehörde (FAA) musste die meisten Flüge nach Haiti für zwei Tage unterbinden. FAA hat in einer Note am Freitag davor gewarnt, dass „wegen der begrenzten Kapazitäten auf dem Flughafen von Port-au-Prince“, die Haitianer außer den internationalen Hilfsgütertransporten keine anderen Flüge im Luftraum akzeptieren würden. Die Anweisung verfügte zusätzlich, dass die Flüge von US-Militär vor Ort sowie zivile Flüge nach Haiti zunächst von der Kommandozentrale abgewickelt werden müssen. Zollfreiheit wird nur auf der Basis von Landekapazitäten gewährt. Außerdem verkündete die Agentur abweisend, dass „kein Treibstoff“ auf dem Port-au-Prince-Flughafen erhältlich wäre.


Quellen und Anmerkungen zu M.Chossudovsky Text:

(1) Siehe USAID Speeches: On-The-Record Briefing on the Situation in Haiti, 01/13/10

(2) Siehe USAID Press Release: USAID to Provide Emergency Food Aid for Haiti Earthquake Victims, January 13, 2010

(3) Sprecher der Marines, Marines Embark on Haiti Response Mission, Army Forces Press Services / Pressedienst der Armee,  14. Januar 2010

(4) Our Mission – U.S. Southern Command (USSOUTHCOM

(5) Defense.gov News Transcript: DOD News Briefing with Gen. Fraser from the Pentagon, 13. Januar 2010

(6) James M. Roberts and Ray Walser, American Leadership Necessary to Assist Haiti After Devastating Earthquake, Heritage Foundation, 14. Januar 2010

(7) Laut Interview mit dem haitianischen Botschafter in den USA, R. Joseph, PBS News, 15. Januar 2010

(8) flightglobal.com, January 16, 2010

(9) Siehe Navy hospital ship with 1,000 beds readies for Haiti quake relief, Digital Journal, 14. Januar 2010

(10) MINUSTAH Facts and Figures – United Nations Stabilization Mission in Haiti

(11) Michel Chossudovsky, The Destabilization of Haiti, Global Research, 28. Februar 2004

(12) Ebd.

(13) Siehe Michel Chossudovsky,  The Destabilization of Haiti: Global Research. February 28, 2004

(14) US Takes Charge in Haiti _ With Troops, Rescue Aid – NYTimes.com, 14. Januar 2009

(15) James M. Roberts und Ray Walser, American Leadership Necessary to Assist Haiti After Devastating Earthquake, Heritage Foundation, 14. Januar 2010

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(16) Stellungnahme von Präsident Bush während einer Pressekonferenz, Bush Urges Shift in Relief Responsibilities – washingtonpost.com, 26. September 2005

(17) Michel Chossudovsky, US Northern Command and Hurrikan Rita, Global Research, 24. September 2005

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