Blick in die Presse

Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.

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Die Anschläge von Paris –

Einige Kommentare in den Mainstream-Medien der letzten Tage heben sich auffallend von der sonstigen Berichterstattung ab.

Auf sie sei hier kurz hingewiesen.

Handelsblatt – Morning Briefing

von Gabor Steingart, 16. November 2015 – 

(…) Die Attentäter vom vergangenen Freitag sind für ihre
menschenverachtenden Taten allein verantwortlich und müssen mit der
Härte des Rechtsstaats zur Rechenschaft gezogen werden. Aber für das
feindliche Klima zwischen den Kulturkreisen trägt der Westen eine
Mitschuld.

Von den 1,3 Millionen Menschenleben, die das Kriegsgeschehen von
Afghanistan bis Syrien mittlerweile gekostet hat, bringt es allein der
unter falschen Prämissen und damit völkerrechtswidrig geführte
Irak-Feldzug auf 800.000 Tote. Die Mehrzahl der Opfer waren
friedliebende Muslime, keine Terroristen. Saddam Hussein war ein
Diktator, aber am Anschlag auf das World Trade Center war er
nachweislich nicht beteiligt. „Diejenigen, die Saddam 2003 beseitigt
haben, tragen auch Verantwortung für die Situation im Jahr 2015“, sagt
mittlerweile selbst Tony Blair, einst der willige Krieger an der Seite
der USA. (…)

„Wir werden schonungslos sein“, versicherte auch jetzt wieder ein
versteinerter französischer Präsident und schickte in der Nacht von
Sonntag auf Montag seine Luftwaffe nach Syrien, um Stellungen des
Islamischen Staates zu bombardieren. (…)

Doch der Automatismus von Härte und Gnadenlosigkeit, das vorsätzliche
Nicht-Verstehen des anderen, die feurigen Reden an das jeweils
heimische Publikum, die schnell in Marsch gesetzten Bombergeschwader
haben uns in diesem Kampf der Kulturen dahin gebracht, wo wir heute
stehen. So beendet man den Terror nicht, sondern facht ihn weiter an.
So schafft man keinen Frieden, so züchtet man Selbstmordattentäter.

weiterlesen bei:  Handelsblatt


 

Spiegel – Wir sind der Gegner

Eine Kolumne von Jakob Augstein, 16. November 2015 –

Der Westen kommt im Kampf gegen den islamistischen Terror
nicht voran. Kein Wunder: Man kann einen Feind nicht
bekämpfen, indem man ihm ähnlich wird. Wer den Krieg gegen
den Terror aufnimmt, hat ihn bereits verloren. (…)

Mathias Döpfner, Chef des mächtigen Springer-Konzerns setzte
am Wochenende in der “Welt” die Verbrechen von Paris in den
Zusammenhang eines “Kulturkampfes, der seit Langem schwelt”.
Es gibt diesen Kulturkampf tatsächlich. Aber er wird nicht
zwischen Islam und Christentum geführt. Er findet statt zwischen
denen, die auf den Konflikt setzen und jenen, die an Versöhnung
glauben. Döpfner sieht den Westen vor der “schicksalhaften
Frage: Wie wollen wir unsere vielbeschworene Freiheit
verteidigen?” Und mit wohligem Schauder eröffnet er – “noch
archaischer” – die Alternative: “Unterwerfung oder Kampf? Und
wenn Kampf: wie?” (…)

“Europa ist geschwächt. Schlimmer: Europa ist schwach”, hat
Döpfner geschrieben. Er hat recht: Europa ist zu schwach für die
eigenen Werte.

Weiterlesen bei:  Spiegel-online


 

Süddeutsche Zeitung – Terror in Paris
Schutz für Flüchtlinge – jetzt erst recht

von Heribert Prantl, 16. November 2015 –

(…) Ein Attentat wird zum Vorwand, die Maske fallen zu lassen. Die
polnische Regierung etwa hat alsbald nach Paris erklärt, nun die
ohnehin mickrige Flüchtlingsquote, die ihr die EU zuwies, nicht mehr
erfüllen zu wollen. (…)

Noch schneller war nur das Internet. Dort hat es keine Stunde
gedauert, bis nach Paris die Verbindung hergestellt war zwischen den
Attentaten und der Aufnahme von Flüchtlingen – und daher das radikale
Ende der Aufnahmepolitik gefordert wurde. (…)

Die Elenden und Verdammten, die vor dem mörderischen IS aus Syrien fliehen
mussten, werden auf diese Weise mit diesem IS in einen
Mördertopf geworfen. Es gibt Publizisten, die das nicht ganz so
plump-brutal anstellen. Sie reden davon, dass mit den Attentaten quasi
die Geschäftsgrundlage für die bisherige Politik entfallen sei und
jetzt alles neu und hart gedacht werden müsse; sie propagieren die
polnisch-ungarische Linie. (…)

Noch verbietet es vielen die Pietät, einen Zusammenhang zwischen Paris
und der Flüchtlingskrise zu konstruieren und eine radikale
Flüchtlingsabwehr zu fordern. Wie lang wird die Pietät halten? (…) Warnend
wird darauf hingewiesen, dass unter Flüchtlingen Terroristen sein
können. Gewiss ist das möglich; unter den Attentätern von Paris sollen
zwei Verbrecher sein, die sich als Flüchtlinge getarnt hatten. Jedes
Recht kann hintergangen werden. Das darf aber nicht dazu führen, das
Recht zu streichen; und auch nicht dazu, den IS-Opfern Schutz zu
verweigern.  (…)

Ein starker Staat ist nicht einer, der ein hartes Gesicht macht. Ein
starkes Europa ist eines, das die Schwachen, das Recht und die
Freiheit schützt.

Weiterlesen bei: Süddeutsche Zeitung


Bayern2 – kulturWelt 19. November 2015

Christian Nürnberger über Alltags- und Medienhysterie

Warum bringen viele Medien die Anschläge von Paris mit der Flüchtlingswelle zusammen statt nach der Integration der Attentäter zu fragen, die in Frankreich aufwuchsen? Der Publizist Christian Nürnberger stellt im kulturWelt-Gespräch die Fragen, die viele aussparen.

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