Film / Fernsehen

Antisemitismusvorwurf: Türkischer Action-Film zum Mavi-Marmara-Blutbad kommt nicht ins Kino

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Von REDAKTION, 26. Januar 2011 –

Der Action-Film Tal der Wölfe – Palästina wird nicht, wie zunächst geplant, am 27. Januar in den deutschen Kinos anlaufen. Das sagte eine Sprecherin der Kölner Verleihfirma Pera Film der Nachrichtenagentur dpa am Dienstag. Die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) in Wiesbaden hat dem Spielfilm zunächst keine Jugendfreigabe erteilt. Am Donnerstag entscheidet ein FSK-Ausschuss in zweiter Instanz.

Der Film kreist um den israelischen Angriff auf das türkische Hilfsschiff Mavi Marmara vom Mai 2010. Israelische Soldaten hatten bei dem Einsatz gegen die Flotte, die die Gaza-Blockade aufbrechen wollte, neun türkische Aktivisten getötet. In dem Film macht sich der Geheimagent Polat Alemdar auf, um die Verantwortlichen für die Angriffe zur Strecke zu bringen.

„Der aufsehenerregende Film Tal der Wölfe – Palästina ist der gnadenlosen und dramatischen Unterdrückung Palästinas gewidmet“, bewirbt die Verleihfirma eine mit rund 10-Millionen Dollar (rund 7,4 Millionen Euro) teuersten türkischen Filmproduktionen. (1) Der Action-Reißer soll in achtzig Ländern vermarktet werden.

Die fehlende Jugendfreigabe („nur für Erwachsene“) bedeute, dass für den Film keine Werbung gemacht werden dürfe, sagte FSK-Geschäftsführer Helmut Poßmann in Wiesbaden. Darunter fielen beispielsweise auch Ankündigungsplakate am Kino oder Zeitungsanzeigen. „Dann können Sie ihn faktisch im Kino nicht aufführen“, sagte Poßmann. Die FSK entscheide aufgrund gesetzlicher Vorgaben über eine Altersfreigabe.

Bleibt es am Donnerstag bei der bisherigen Entscheidung, gibt es noch eine dritte und letzte Instanz, den Appellationsausschuss. Der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien in Bonn ist der Film nach eigenen Angaben bisher nicht vorgelegt worden.

Der Kölner Verleihfirma liegt das offizielle Schreiben der FSK noch nicht vor, „aber wir werden uns erst mal an die Entscheidung halten. Der Film wird definitiv nicht am Donnerstag starten“, sagte die Sprecherin. Pera Film wolle nun zunächst die Gründe der FSK genau prüfen. „Wir sehen dann weiter“, sagte sie. Pera sei die einzige Verleihfirma für Tal der Wölfe in Deutschland.

In den Fokus der Jugendschützer war der Film deshalb geraten, weil der „Koordinierungsrat deutscher Nicht-Regierungsorganisationen gegen Antisemitismus“ am Dienstag eine Indizierung des Films durch die Bundesprüfstelle gefordert hatte. Auch der integrationspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Serkan Tören, hatte antisemitisches Gedankengut kritisiert.

Tal der Wölfe läuft seit 2003 äußerst erfolgreich als Serie im türkischen Fernsehen, mehrere Kinofilme waren ein Kassenschlager. „Wir sprechen Dinge an, die keiner hören will. So machen wir denen Angst, die schuldig sind“, meinte Hauptdarsteller Necati Sasmaz, der den Geheimdienstler Alemdar in Kino und TV verkörpert. In dem Kinofilm Tal der Wölfe – Irak aus dem Jahr 2006 wurde etwa ein amerikanischer Überfall auf eine türkische Einheit im kurdischen Nordirak zum Aufhänger genommen. Türkische Truppen entlarvten daraufhin im Film das Schreckensregime der US-Amerikaner im Irak, in dem etwa ein jüdischer Arzt noch lebenden muslimischen Gefangenen Organe entnimmt.

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Im Januar 2010 bestellte das israelische Außenministerium aus Protest gegen eine als verunglimpfend bezeichnete Darstellung des Landes den türkischen Botschafter Ahmet Oguz Celikkol ein. Der musste vor laufenden Kameras symbolträchtig auf einer niedrigeren Couch Platz nehmen und erhielt bei der Begrüßung keinen Händedruck. Die daraufhin folgende türkische Drohung, den Botschafter aus dem Land abzuziehen, konnte durch eine offizielle Entschuldigung Tel Avivs verhindert werden.

(1) http://www.perafilm.com/default.asp?d=de&s=2&f=5

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