Terrorismus

Brandanschlag auf belgische Moschee. Stecken islamistische Assad-Gegner dahinter?

Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.

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Von REDAKTION, 14. März 2012 –

Nach einem Brandanschlag auf die größte schiitische Moschee in Brüssel hat der mutmaßliche Täter behauptet, er habe den Schiiten in Syrien damit Angst machen wollen. Er gebe den Schiiten die Verantwortung für die Lage in Syrien, teilte die Staatsanwaltschaft am Dienstag in Brüssel nach Verhören des Täters mit. Bei dem Brandanschlag war am Montagabend ein 46 Jahre alter Imam der wichtigsten schiitischen Moschee Brüssels getötet worden. Zwei andere Männer wurden verletzt.

Die Identität des Mannes, der in der Moschee Feuer legte, blieb zunächst noch unklar. Er selbst soll sich als Marokkaner bezeichnet und angegeben haben, illegal in Belgien zu leben. Er legte drei verschiedene Ausweise vor. Der Verdächtige soll am Montagabend gegen 19 Uhr mit Beil und Messer bewaffnet in die Rida-Moschee im Stadtteil Anderlecht eingedrungen sein und dort unter „Syrien, Syrien“-Rufen an mehreren Stellen Benzin verschüttet und Feuer gelegt haben. (1)

Das Feuer zerstörte die Moschee innen völlig. Die Wände waren verrußt, Scherben und herausgebrochene Mauerstücke lagen auf dem Boden. Zwei Polizisten bewachten den Eingang. Angehörige der schiitischen Glaubensgemeinde stimmten ein Klagelied für den toten Imam an, dabei kämpften viele mit den Tränen. Sie konnten sich nicht erklären, warum der Anschlag verübt wurde. „Bisher gab es hier keine Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten“, sagte Boutinzine Layachi, Mitglied des muslimischen Kulturvereins, zu dem die Moschee gehört, vor Journalisten.

„Ich verurteile die Gewalt, die bei diesem Verbrechen angewendet wurde“, sagte der belgische Regierungschef Elio Di Rupo laut der belgischen Presseagentur Belga. Zunächst müsse klar sein, was wirklich passiert sei. Die Organisation der Muslime in Belgien forderte „zur Ruhe und zur Zurückhaltung“ auf. Die unterschiedlichen islamischen Glaubensrichtungen in ganz Belgien müssten zum Dialog und zum Zusammenleben bereit sein: „Nichts kann diese Gewalt rechtfertigen, wer auch immer die Täter sind“, heißt es in einer Erklärung.

Nach dem Brandanschlag kam es in den Straßen von Anderlecht zu einer Reihe von Auseinandersetzungen zwischen Muslimen. Am Sonntag ist in Brüssel ein Marsch geplant, um friedlich an den ums Leben gekommenen Imam zu erinnern. Der Vorbeter hinterlässt nach Angaben aus der Gemeinde vier Kinder im Alter zwischen fünf und 17 Jahren.

Salafistischer Hintergrund?

Falls die Angaben des Verdächtigen, einem nach Angaben der Ermittler etwa 30 Jahre alten Mannes, zutreffen, wäre zu untersuchen, ob der terroristische Anschlag in einem Zusammenhang mit der bewaffneten Opposition gegen Syriens Präsident Baschar al Assad steht. Denn dieser gehört zur Glaubensgemeinschaft der Alawiten, die wiederum vielen Syrern als eng verwandt mit der Minderheit der Schiiten gilt. Zudem hat Assad gute Beziehungen zum schiitisch dominierten Iran. Die große Mehrheit der Syrer sind Sunniten.

Die belgische Innenministerin Joelle Milquet sagte laut Rundfunksender RTBF, sie nehme an, dass der Verdächtige einen radikal-islamischen Hintergrund habe. „Es sieht so aus, als ob das jemand ist, der aus einer sehr radikalen Bewegung kommt.“ Ähnlich sehen es Vertreter der Schiiten in Belgien. Sie rechnen den Täter der ultrakonservativen sunnitischen Salafisten-Bewegung zu. (2) Die aber bildet einen wichtigen Teil der Opposition gegen die syrische Regierung.

Die Vorsitzende der französischsprachigen Muslim-Exekutive in Belgien, Isabelle Praile, sagte: „Die Rida-Moschee ist die größte schiitische Moschee in Brüssel. Sie muss schon seit fünf Jahren bewacht werden, weil wir immer wieder Drohungen von militanten Salafisten erhalten“. (3) Sie bedauerte, dass „internationale Konflikte“ nun offenbar auch in Belgien ausgetragen würden. (4)

Zur Rolle der Salafisten im regionalen Machtpoker Saudi-Arabiens hat Peter Scholl-Latour vor einigen Tagen folgendes gesagt: „Regionalstrategisch wollen die Saudis eine schiitische Achse vom Iran über die schiitisch dominierten Provinzen des Irak bis zur Hisbollah im Libanon zerschlagen – und dem Iran so den Zugang zum Mittelmeer abschneiden. Diesem Ziel wären sie mit einem von ihnen gelenkten Salafisten-Regime in Damaskus sehr nahe. Letztlich geht es also gar nicht um Syrien selbst, sondern um den Konflikt mit dem Iran.“ (5)


(mit dpa)

(1) http://www.n-tv.de/politik/Mann-will-Schiiten-Angst-machen-article5753236.html, http://diepresse.com/home/panorama/religion/739964/Salafist-soll-hinter-Anschlag-auf-Moschee-stecken?_vl_backlink=/home/panorama/religion/index.do

(2) http://www.n-tv.de/politik/Mann-will-Schiiten-Angst-machen-article5753236.html

(3) http://diepresse.com/home/panorama/religion/739964/Salafist-soll-hinter-Anschlag-auf-Moschee-stecken?_vl_backlink=/home/panorama/religion/index.do

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(4) http://diepresse.com/home/panorama/religion/739964/Salafist-soll-hinter-Anschlag-auf-Moschee-stecken?_vl_backlink=/home/panorama/religion/index.do

(5) http://www.fr-online.de/aufruhr-in-arabien/peter-scholl-latour-assad-regime–ist-auch-nicht-schlimmer-als-andere-,7151782,11803188.html

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