Umwelt

Bewusst Arbeiter gefährdet. Greenpeace wirft Fukushima-Betreiberfirma Tepco Täuschung über Kernschmelzen vor

Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.

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Von REDAKTION, 26. Mai 2011 –

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat am Freitag in Berlin eine bislang unveröffentlichte Studie vorgestellt, mit der sie die Informationspolitik des Nuklearkonzerns Tepco und der japanischen sowie internationalen Atombehörden als gefährlich und verantwortungslos entlarven will. „Schon wenige Stunden nach dem japanischen Erdbeben vom 11. März hat Tepco von den Kernschmelzen in Fukushima gewusst und die radioaktive Verseuchung seiner Angestellten, der umliegenden Region und des Meerwassers in Kauf genommen“, heißt es in der Presseerklärung von
Greenpeace. Die deutsche Gesellschaft für Anlagen und Reaktorsicherheit habe die verharmlosenden Darstellungen dann einfach übernommen.

„Die Ausflüchte und Verheimlichungen von Tepco sowie die andauernden Beschwichtigungen und Verharmlosungen der internationalen Atombehörden haben nur ein Ziel: Man will die Menschen glauben machen, dass die Atomkraft auch nach dem katastrophalen Unfall in Fukushima beherrschbar ist. Doch das ist der größte Irrtum“, sagt Heinz Smital, Atomexperte bei Greenpeace.

Die von dem britischen Nuklearingenieur Dr. John Large erstellte Studie zeige, dass Tepco bereits in den ersten Stunden nach dem Erdbeben von den Kernschmelzen gewusst und die japanische sowie die Weltöffentlichkeit seitdem bewusst getäuscht habe. „Innerhalb der ersten 24 Stunden des Unfalls hatte Tepco direkten Zugang zu Daten, welche die rasch ansteigenden Temperaturen im Druckbehälter sowie eine Kernschmelze offensichtlich machten.“

In dem Hintergrund vorliegenden Lagebericht, den Large erstellt hat, heißt es: „Schlimmstenfalls führten die zurückgehalten Informationen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu fehlerhaften Entscheidungen und Managementaktionen aufgrund des Informationsmangels hinsichtlich Fukushima Dai-ichi sowohl vor Ort als auch andernorts: Vor Ort wurde den Arbeitern, die wesentliche Korrekturarbeiten planten und durchführten, wichtige Informationen vorenthalten, die es ihnen ermöglicht hätten, die individuellen Strahlungswerte, denen sie ausgesetzt waren, zu minimieren und/oder optimieren. Die Konsequenzen und/oder Dominoeffekte hätten zuverlässiger prognostiziert werden können und die radiologische Lage hätte besser, schneller und mit größerer Sicherheit kontrolliert werden können. Vorausgesetzt, diese wesentlichen Informationen wären verfügbar gewesen.“

Unterdessen haben Umweltaktivisten in Meeresfrüchten in der Nähe des havarierten Atomkraftwerks Fukushima hohe Strahlenbelastungen nachgewiesen. Bei 14 von 21 untersuchten Proben seien Mengen an radioaktiven Partikeln gemessen worden, die über den gesetzlichen Grenzwerten für den Verzehr liegen, teilte die Umweltorganisation Greenpeace Japan am Donnerstag mit. Zu den analysierten Lebensmitteln gehörten Seetang und Krebstiere. Auch Fische, die in 22 bis 60 Kilometern Entfernung des Atomkraftwerks gefangen wurden, seien untersucht worden.

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Das Kraftwerk war am 11. März bei einem schweren Beben und einem anschließenden Tsunami stark beschädigt worden. Seither tritt Radioaktivität aus. Fukushima-Betreiber Tepco hatte Anfang April damit begonnen, schwach radioaktives Wasser aus dem Kraftwerk in den Pazifik zu pumpen. Tepco wollte so für höher belastetes Wasser Platz schaffen, das ins Meer sickerte.

Greenpeace fand erhöhte Werte für Jod 131, Cäsium 134 und Cäsium 137. Bei Seetang seien Werte für radioaktives Jod gemessen worden, die mehr als dem 60-fachen der Grenzwerte entsprechen. Greenpeace-Experte Jan van de Putte äußerte sich besorgt über die „sehr hohen Jod-Konzentrationen“ in einigen Algenproben. Er fordert die Regierung dazu auf, Informationen über die ins Meer gelangte Menge an Radioaktivität zu veröffentlichen. (mit dpa)

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