Afghanistan: Deutscher Staatsbürger in den Fängen des US-Militärs

(26.01.2011/dpa)

Die Bundesregierung bemüht sich bei den Behörden der USA um Zugang zu einem deutschen Staatsbürger, der in Afghanistan verhaftet wurde. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) bestätigte am Mittwoch in Berlin, dass sich der Bundesbürger in US-Gewahrsam befindet. Vermutet wird, dass der 23-Jährige im berüchtigten Militärgefängnis Bagram festgehalten wird.

Der Mann, der am 8. Januar im Haus seines Vaters in Kabul verhaftet worden sein soll, steht nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung offenbar unter Terrorismusverdacht. Gründe für die Festnahme seien den Angehörigen in Frankfurt jedoch nicht genannt worden. Der junge Mann soll an der Frankfurter Fachhochschule Bauingenieurswesen studiert haben.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt bestätigte, dass er vorübergehend auch im Visier der deutschen Justiz war. Sie ermittelte bis Mitte 2010 gegen den Mann. Dem 1987 in Frankfurt Geborenen sei der Pass abgenommen worden. Während dieser Zeit sei er an einer Ausreise nach Bahrain gehindert worden. Er hatte angegeben, auf dem Weg zu seinem Bruder nach Dubai zu sein, um dort Urlaub zu machen. Die Ermittlungen mussten jedoch eingestellt werden und gegen die Wegnahme seines Passes hat er später vor dem Verwaltungsgericht erfolgreich geklagt.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung reiste der Mann Mitte Dezember nach Afghanistan. Bis Mittwochnachmittag hatte die deutsche Botschaft in Kabul keinen Kontakt zu dem Festgenommenen. Westerwelle wollte zum Stand der Bemühungen keine nähere Auskunft geben. Die Bundesregierung bemühe sich intensiv um Zugang zu dem deutschen Staatsangehörigen, sagte ein Ministeriumssprecher auf Anfrage in Berlin.

Die Familie wirft den deutschen Sicherheitsbehörden dem Bericht zufolge vor, falsche Informationen über den jungen Mann nach Afghanistan weitergeleitet zu haben und so Mitverantwortung für die Verhaftung zu tragen.

Weitergeleitet worden seien unzutreffende Informationen über angebliche strafbare Bestrebungen, zitiert die Süddeutsche Zeitung die Schwester des Inhaftierten. Das Bundeskriminalamt in Wiesbaden widersprach dieser Darstellung jedoch, so das Blatt.

„Im Dunkeln bleibt, was dem Frankfurter vorgeworfen wird. Von der US-Botschaft in Kabul erhält die Familie auf Nachfrage per E-Mail die lapidare Auskunft, Haddid N. werde im Einklang mit dem Kriegsvölkerrecht festgehalten und gemäß der Genfer Konvention human behandelt. Man arbeite in dieser Frage eng mit der deutschen Regierung zusammen. So eng nun auch wieder nicht“, meint die Süddeutsche Zeitung (1): „Bislang versuchen Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Kabul vergeblich, Kontakt zu dem Bundesbürger aufzunehmen.“ Und weiter: „Grundsätzlich sind die Amerikaner nicht der Auffassung, dass ihre Gefangenen in Afghanistan Anspruch auf Betreuung durch die Botschaften ihrer Herkunftsländer haben.“

(1)  http://www.sueddeutsche.de/politik/deutscher-student-in-afghanisten-gefangen-zugriff-nach-mitternacht-1.1051061

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