Afghanistan: Kein Ende des Tötens in Sicht

(28.06.2010/dpa)

Ein zeitnaher Abzug der internationalen Besatzungstruppen aus Afghanistan wird immer unwahrscheinlicher. Zu dem von Präsident Barack Obama angepeilten Termin Juli 2011 werde es wahrscheinlich keinen größeren Rückzug geben, sagte Obamas ehemaliger Afghanistan-Berater Bruce Riedel dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel.

Nach der Absetzung von Stanley McChrystal als obersten Kommandeur der ISAF hatte Obama zunächst erklärt, die Afghanistan-Strategie und der Abzugstermin blieben auch nach dem Personalwechsel unverändert. Später konkretisierte er, dass der Juli 2011 den Beginn einer Übergangsphase markiere. Es sei niemals gesagt geworden, dass „wir dann das Licht ausmachen und die Tür hinter uns schließen“.

In einem Bericht der britischen Zeitung The Independent hieß es indessen unter Berufung auf „Militärkreise“, dass  General McChrystal auch wegen seiner pessimistischen Einschätzung der Lage in der Konfliktregion gehen musste.  

So habe McChrystal nur wenige Tage vorher in einem Hintergrund-Gespräch mit NATO-Verteidigungsministern gesagt, eine Besserung der Lage am Hindukusch in den kommenden sechs Monaten sei unwahrscheinlich. Der General soll auch ernsthafte Bedenken über die Effektivität und die Korruption innerhalb der afghanischen Verwaltung geäußert haben.

Unterdessen haben Soldaten der ISAF nach Polizeiangaben bei einer Militäroperation in der südafghanischen Provinz Kandahar acht Zivilisten getötet. Wie der stellvertretende Polizeichef der Provinz, Mohammad Shah Farooqi, am Montag mitteilte, starben die Männer, als NATO-Soldaten am Morgen (Ortszeit) zwei Gebäude in einem Vorort der Millionenstadt Kandahar stürmten.

Aber auch die Besatzungstruppen erlitten am Wochenende schwere Verluste. Insgesamt zwölf ISAF-Soldaten verloren bei Kämpfen im Süden und Osten des Landes ihr Leben.

Seit Jahresbeginn verloren nach Informationen des unabhängigen Internetdienstes icasualties.org bereits 315 ausländische Soldaten am Hindukusch ihr Leben. Der Monat Juni ist mit nun mindestens 95 Toten der bislang verlustreichste für die Truppen seit Beginn des  Afghanistaneinsatzes Ende 2001.

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