Anti-Atom-Proteste: Klatsche für Schwarz-Gelb

(26.04.2010/dpa)

Bei einer der größten Anti-Atom-Demonstrationen der vergangenen Jahre haben am Samstag rund 120.000 Atomkraftgegner eine 120 Kilometer lange Menschenkette zwischen den Meilern Brunsbüttel und Krümmel gebildet. Die Proteste richteten sich gegen die Atompolitik der Merkel-Regierung, die zur Zeit eine Verlängerung der Laufzeiten der 17 Atommeiler in Deutschland durchzusetzen versucht. Teilnehmer jeder Altersgruppe kamen nach Angaben der Veranstalter mit drei Sonderzügen und 240 Bussen aus ganz Deutschland zu 124 Sammelpunkten. Mit ihren Aktionen zwei Tage vor dem 24. Jahrestag des Reaktorunglücks von Tschernobyl an diesem Montag forderten die Atomkraftgegner zugleich, Krümmel und Brunsbüttel endgültig stillzulegen. Beide Kraftwerke stehen nach mehreren Pannen seit 2007 fast ununterbrochen still.

Weitere 20.000 Menschen demonstrierten vor dem Atommüllzwischenlager im nordrhein-westfälischen Ahaus und dem Atomkraftwerk Biblis in Hessen.

Jochen Stay, der Sprecher des Demo-Trägerkreises sagte: Die große Beteiligung zeige, dass die Mehrheit der Bevölkerung für den Ausstieg aus der Atomenergie ist. Für den Arzt Michael Wilk, der die Proteste in Biblis mit organisiert hat, ist der Betrieb von Atomanlagen nichts weiter als Körperverletzung – staatlich gesichert, gefördert und gesetzlich abgesichert. „Man könnte auch sagen, das einzige, was an einem AKW sicher ist, ist der Profit der Betreiber“, sagte er am Montag gegenüber junge Welt.

Diesen auch für die nächsten Jahrzehnte zu sichern, darum bemühen sich große Teile von FDP und CDU/CSU sowie die großen Energiekonzerne. Sie  fordern, die Atomkraftwerke in Deutschland deutlich länger am Netz zu lassen als im Atomkonsens festgelegt. Sollten die Proteste bei den verantwortlichen Politikern kein Umdenken in Gang setzen, kommt es daher möglicherweise statt wie bisher geplant bis 2022 erst bis zum Jahr 2050 zum kompletten Atomausstieg.

Mit Sigmar Gabriel, Cem Özdemir und Klaus Ernst reihten sich auch die Parteispitzen von SPD, Grünen und Linken in die Proteste ein. Dabei hatte die Nachgiebigkeit der SPD/Grünen-Regierung gegenüber der Atom-Lobby beim sogenannten Atom-Kompromiss für den derzeitigen Aufschwung der Pro-Atom-Kräfte in Politik und Wirtschaft erst die Voraussetzungen geschaffen.

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