BASF verlegt Tochter für grüne Gentechnik in die USA

(16.01.2012/dpa/hg)

Paukenschlag aus Ludwigshafen: BASF verlegt die Zentrale seiner Tochter für grüne Gentechnik in die USA. Begründet wird das mit der fehlenden Akzeptanz in Europa. Hierzulande war der Konzern wegen der Gen-Kartoffel Amflora in die Kritik geraten.

Der weltgrößte Chemiekonzern BASF gibt den europäischen Markt für Pflanzenbiotechnologie weitgehend auf. Der Sitz des Tochterunternehmens für grüne Gentechnik wird von Limburgerhof bei Ludwigshafen in die USA verlegt, wie das Unternehmen am Montag mitteilte. Zur Begründung hieß es, in weiten Teilen Europas fehle noch immer die Akzeptanz bei der Mehrheit der Verbraucher, Landwirte und Politiker für die Pflanzenbiotechnologie. Neuer Standort der BASF Plant Science wird das Forschungszentrum Research Triangle Park nahe Raleigh im US-Bundesstaat North Carolina. BASF war vor allem wegen der Gen-Kartoffel Amflora immer wieder in die Kritik geraten.

Plant Science hat nach eigenen Angaben weltweit rund 840 Mitarbeiter, 157 davon in Limburgerhof und 57 in Gatersleben in Sachsen-Anhalt. In Limburgerhof sollen es künftig nur noch elf sein, Gatersleben wird neben dem Standort im schwedischen Svalöv mit zurzeit sechs Mitarbeitern geschlossen. Der Großteil dieser Stellen wird nach Konzernangaben an andere Standorte verlegt – vor allem nach Raleigh, aber auch nach Berlin und ins belgische Gent. Insgesamt sollen binnen zwei Jahren 78 Stellen in Europa abgebaut werden.

Die Entwicklung aller ausschließlich auf den europäischen Markt ausgerichteten Produkte wird nach BASF-Angaben gestoppt. Die bereits laufenden Zulassungsprozesse würden weitergeführt. „Wir sind davon überzeugt, dass die Pflanzenbiotechnologie eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts ist“, sagte BASF-Vorstandsmitglied Stefan Marcinowski einer Mitteilung zufolge. BASF werde sich fortan auf die attraktiven Märkte in Nord- und Südamerika sowie die Wachstumsmärkte in Asien konzentrieren.

Die EU-Kommission hatte die Stärkekartoffel Amflora der BASF Anfang 2010 für den kommerziellen Anbau zugelassen. In Deutschland war sie 2010 erstmals kommerziell in Mecklenburg-Vorpommern gepflanzt worden. Dagegen hatte es heftige Proteste gegeben.

BASF-Schritt zeigt mangelnden Erfolg der Gentechnik

Der geplante Umzug der BASF-Tochter für grüne Gentechnik in die USA zeigt nach Ansicht der rheinland-pfälzischen Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne) den mangelnden Erfolg von Gentechnik-Produkten. Die Verbraucher in Deutschland und Europa lehnten genmanipulierte Lebens- und Futtermittel ab, sagte Höfken laut Mitteilung am Montag in Mainz. „Agrogentechnik ist keine Zukunftstechnologie, auf die es sich lohnt, zu setzen.“

Amflora-Anbau in Deutschland von Beginn an umstritten

Der Anbau der Gen-Kartoffel Amflora ist in Deutschland umstritten. Eine Chronologie:

2. März 2010: Die EU-Kommission gibt nach rund sechs Jahren Prüfung grünes Licht für den Anbau der Gen-Kartoffel. Die Produktion soll der Stärkegewinnung dienen, besonders für die Herstellung von Papier.

12. April 2010: Greenpeace-Aktivisten besetzen ein Lager in Mecklenburg-Vorpommern, um den Amflora-Anbau zu verhindern.

19. April 2010: Deutschland beginnt als erstes EU-Land mit dem kommerziellen Anbau. Bei Zepkow (Mecklenburg-Vorpommern) werden auf 15 Hektar Amflora-Kartoffeln gepflanzt. Polizisten bewachen das Feld.

5. Mai 2010: Rund 40 Verbände und Firmen klagen vor dem Europäischen Gerichtshof gegen den Amflora-Anbau. Sie wollen, dass die Zulassung der EU-Kommission für ungültig erklärt wird.

7./8. Juli 2010: In der Nacht reißen Unbekannte Pflanzen aus dem Acker bei Zepkow. BASF erstattet Strafanzeige.

6. September 2010: Auf Amflora-Feldern in Nordschweden wird die genveränderte BASF-Kartoffel Amadea entdeckt. Sie ist noch nicht zugelassen und soll eines Tages Nachfolgerin von Amflora werden.

7. September 2010: Mit Verweis auf die Vorfälle in Schweden stoppt Mecklenburg-Vorpommern vorerst die Nutzung der Amflora-Züchtung. Erst wenn der Verdacht von Verunreinigungen für Zepkower Kartoffeln ausgeräumt sei, werde die Sperre aufgehoben, heißt es.

8. September 2010: BASF will die Amflora-Ernte aus Zepkow einlagern und Proben nehmen.

24. September 2010: Grund für die Vermischung in Schweden war eine Verwechslung. Mitarbeiter hätten Amflora und Amadea versehentlich vertauscht, teilt BASF mit.

29. September 2010: Auf dem Feld bei Zepkow beginnt die Ernte. Sie soll bis 2011 als Pflanzgut eingelagert werden.

31. Januar 2011: BASF will Amflora in diesem Jahr nur in Üplingen (Sachsen-Anhalt) anbauen – auf einer Fläche von zwei Hektar.

28. Februar 2011: Die gesamte Ernte aus Mecklenburg-Vorpommern wird vernichtet, wie BASF bestätigt. Das Unternehmen habe sich für anderes Saatgut entschieden, sagt eine Sprecherin.

5. Juli 2011: Die EU-Staaten sollen den Anbau von Genpflanzen verbieten dürfen, auch wenn diese in der EU zugelassen sind. Das EU-Parlament stimmt für den entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission. Ob und wann das Gesetz in Kraft tritt, ist noch offen.

16. Januar 2012: BASF gibt den europäischen Markt für Pflanzenbiotechnologie weitgehend auf. Der Sitz des Tochterunternehmens für die sogenannte grüne Gentechnik soll von Limburgerhof bei Ludwigshafen in die USA verlegt werden.

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