Bonität: Frankreich verliert Spitzenrating

(20.11.2012/dpa)

Neuer Rückschlag in der Euro-Schuldenkrise: Die US-Ratingagentur Moody’s hat Frankreich die Topbonität entzogen und die Kreditwürdigkeit des Euro-Landes um eine Note von Aaa auf Aa1 gesenkt. Der Ausblick bleibt negativ. Damit droht eine weitere Herabstufung. Frankreich ist der wichtigste deutsche Handelspartner und die zweitgrößte Volkswirtschaft in Europa.

Moody’s begründete den Schritt am späten Montag damit, dass sich Frankreichs langfristige Wachstumsaussichten eingetrübt hätten. Das Land habe an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt und der finanzielle Ausblick sei unsicher, teilte die Ratingagentur in Frankfurt mit. Zudem sei immer schwieriger berechenbar, wie Frankreich künftige Krisen in der Eurozone verkrafte.

Bereits Anfang des Jahres hatte Moody’s-Konkurrent Standard & Poor’s dem französischen Staat  die Bestnote als Schuldner entzogen. Damit hält derzeit lediglich Fitch noch ein sogenanntes Triple-A aufrecht, wenngleich auch hier mit negativem Ausblick.

Eine schlechtere Kreditwürdigkeit ist mit einer höheren Zinslast verbunden, die ein Staat auf seine Anleihen zahlen muss. Die Folge ist eine entsprechend höhere Staatsverschuldung. Kritiker werfen Ratingagenturen deshalb vor, Abwärtsspiralen in Gang zu setzen.

Die französische Regierung unter Präsident François  Hollande sicherte nach dem Negativ-Urteil eine entschlossene Fortführung des begonnenen Reformkurses zu. Zugleich machte sie ihre konservativen Vorgänger für die Herabstufung verantwortlich. Die Moody’s-Entscheidung reflektiere, dass die Vorgängerregierungen zu wenig für die Haushaltssanierung und die Wettbewerbsfähigkeit der französischen Wirtschaft getan hätten, kommentierte Finanzminister Pierre Moscovici.

Vor einer Panikreaktion warnte Regierungssprecherin Najat Vallaud-Belkacem. „Frankreich bleibt eine sichere Anlage. Es kommt auf Platz zwei direkt hinter Deutschland“, sagte die Politikerin und verwies auf die äußerst niedrigen Zinssätze, die Paris derzeit für Kredite zahlen muss. Sie rechne nicht mit größeren Auswirkungen.

An den von manchen Experten als zu optimistisch dargestellten Wachstumszielen für 2013 werde Frankreich festhalten, so Finanzminister Pierre Moscovici.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sprach angesichts des Moody’s-Urteil von einer „kleinen Mahnung“, warnte aber ebenfalls vor einer Dramatisierung. „Noch immer ist das Rating für Frankreich sehr stabil“, sagte der deutsche Politiker.

Auch andere Euroländer haben in der Schuldenkrise bereits an Bonität eingebüßt. Deutschland besitzt bei allen drei Ratingagenturen weiterhin aber ein Spitzenrating; bei Moody’s ist allerdings der Ausblick ebenfalls negativ.

Moody’s betonte, dass Frankreich immer noch sehr hoch bewertet sei. Die Wirtschaft des Landes sei breit aufgestellt. Es gebe einen starken Reformwillen, listete die Ratingagentur auf der Positivseite auf. Auf der Negativseite verbuchte Moody’s dagegen das ihrer Meinung nach übermäßig große Bankensystem und die engen Handelsverflechtungen mit den Problemländern innerhalb der Eurozone.

Jüngsten Prognosen der EU-Kommission zufolge wird die französische Wirtschaft in den kommenden beiden Jahren kaum wachsen. Darunter dürfte auch die deutsche Wirtschaft leiden. Nach dem Wert der Exporte ist Frankreich der wichtigste Handelspartner Deutschlands. Das Volumen belief sich im vergangenen Jahr auf rund 101,51 Milliarden Euro.

Auch die deutsche Wirtschaft gerät bereits stärker in den Sog der Euro-Schuldenkrise. Unternehmen können weniger Waren in den rezessionsgeplagten Euroländern absetzen; die Verunsicherung steigt und Investitionen werden zurückgestellt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg im dritten Quartal preis-, saison- und kalenderbereinigt nur noch um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Die deutsche Wirtschaft war im ersten Quartal noch um 0,5 Prozent gewachsen, im zweiten um 0,3 Prozent.

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