Breiter Protest gegen Rösler-Reform

(21.09.2010/dpa)  

Selten waren Arbeitgeber, Gewerkschaften und Opposition so einig wie im Protest gegen die Gesundheitsreform. Das Beitragsplus für die Krankenkassen wird am Mittwoch im Kabinett beschlossen – ebenso wie die unbegrenzten Zusatzbeiträge.

Unmittelbar vor dem Kabinettsbeschluss haben Arbeitgeber und Gewerkschaften die Gesundheitsreform von Union und FDP heftig attackiert. „Das ist der falsche Weg“, sagte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt der Passauer Neuen Presse (Dienstag). Der DGB will den Protest im Herbst auf die Straße tragen. Lob kam vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI).

Hundt kritisierte: „Die Koalition hat stabile Beiträge und die Entkopplung der Gesundheitskosten vom Arbeitsverhältnis versprochen. Tatsächlich werden jetzt die Beiträge zulasten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern deutlich erhöht.“ 2011 soll der Beitragssatz von 14,9 auf 15,5 Prozent steigen. 7,3 Prozent davon zahlen die Arbeitgeber, 8,2 die Angestellten.

Dies treibe die Arbeitskosten nach oben, monierte Hundt. „Das belastet Wirtschaft und Beschäftigung beim Aufstieg aus dem tiefen Konjunkturtal.“ Positiv sei die Weiterentwicklung der Zusatzbeiträge. „Es ist zumindest ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, die Gesundheitskosten vom Arbeitseinkommen abzukoppeln.“

Die Vizechefin der FDP-Fraktion, Ulrike Flach, hielt Hundt entgegen, der Arbeitgeberbeitrag werde festgeschrieben, die Lohnzusatzkosten würden planbar. „Das sollte selbst Herrn Hundt klar sein.“

Der Beitragssatz soll in Zukunft fix bleiben. Künftige Mehrkosten sollen allein über nach oben offene Zusatzbeiträge von den 50 Millionen Kassenmitgliedern bezahlt werden. Übersteigt der im Schnitt von den Kassen gebrauchte Zusatzbeitrag zwei Prozent des Monatseinkommens, bekommen die Betroffenen den Rest aus Steuermitteln ausgeglichen.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte eine einseitige Belastung der Arbeitnehmer. Schon heute müssten die Versicherten 15 Milliarden Euro mehr tragen, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach dem Hamburger Abendblatt. „Wir wollen diese Schieflage korrigieren und fordern als ersten Schritt die vollen paritätischen Beiträge der Arbeitgeber.“ Schwarz-Gelb plane stattdessen eines der größten Umverteilungs- und Belastungsprogramme gegen die Bürger. Minister Philipp Rösler (FDP) könne das nicht verschleiern.

Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sagte der tageszeitung (Mittwoch): „Ich bin verwundert, dass die Bevölkerung keinen Widerstand leistet. (…) Da Rösler als Person belächelt wird, unterschätzt die Bevölkerung die Folgen der Reform.“ Linke-Politiker Harald Weinberg sagte: „Sie ist gut für die Lobbyisten von Pharmaindustrie und Privater Krankenversicherung, aber Gift für den sozialen Frieden in Deutschland.“

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