Bundestag beschließt „Patriot“-Einsatz in Türkei – Nur Linke dagegen

(14.12.2012/dpa/hg)

Neuer Auslandseinsatz der Bundeswehr: Unter dem Vorwand, den NATO-Partner Türkei vor militärischen Angriffen aus Syrien zu schützen, beschloss der Bundestag heute die Stationierung von „Patriot“-Raketen. Mit Ausnahme der Linkspartei waren alle Fraktionen dafür.

Deutschland schickt bis zu 400 Soldaten in die Türkei. Der Bundestag beschloss am Freitag mit großer Mehrheit die Entsendung von zwei „Patriot“-Raketenabwehrstaffeln der Bundeswehr in den Süden des Landes. Der deutsche Stützpunkt wird in der Nähe der Großstadt Kahramanmaras sein, etwa 100 Kilometer von der Grenze zu Syrien entfernt. Bei der NATO-Mission sind auch die USA und die Niederlande dabei.

Der neue militärische Auslandseinsatz wurde im Parlament auch von SPD und Grünen getragen. Von 555 Abgeordneten waren in namentlicher Abstimmung 461 dafür. Nur die Linksfraktion stimmte geschlossen dagegen. Bei der SPD gab es 15 Nein-Stimmen, bei den Grünen lediglich 2. Insgesamt 8 Abgeordnete enthielten sich.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) bedankte sich anschließend für die „breite Unterstützung“. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) betonte nochmals, dass es sich um eine „rein defensive Maßnahme“ handele. „Wenn man selber in einem Bündnis ist, kann man nicht wegsehen, wenn ein anderer Partner um Hilfe bittet.“ Auch die Türkei sprach von einem „defensiven Charakter“.

Der Einsatz soll Anfang nächsten Jahres beginnen. Die USA und die Niederlande wollen dann ebenfalls je zwei Staffeln im Süden der Türkei stationieren. Mit der Wahl des deutschen Standorts wird sichergestellt, dass die deutschen Raketen nicht bis nach Syrien hineinreichen. Ihre Reichweite liegt bei 68 Kilometern. Mit diesem Taschenspielertrick argumentierten Grüne und SPD und machten ihre Zustimmung von der Distanz zur Grenze abhängig. In dem beschlossenen Mandat ist auch geregelt, dass der Einsatz nicht zum Aufbau einer Flugverbotszone dienen darf.

Die „Patriots“ sollen demnach vor allem der Abschreckung dienen. Bislang gab es aus Syrien noch keinen einzigen Raketen-Angriff auf das Nachbarland. Durch Granaten wurden allerdings mehrere Menschen getötet, mit Sicherheit konnte deren Ursprung nicht verifiziert werden. So können sie durchaus auch von der oppositionellen Freien Syrien Armee oder ihnen nahestehenden islamistischen Dschihad-Gruppierungen abgefeuert worden sein. Die Bundesregierung macht sich in dem Mandat die von der US-Regierung aufgestellte Behauptung zu eigen, Syriens Machthaber Baschar al-Assad verfüge über Chemiewaffen. Beweise dafür liegen nicht vor. So argumentiert die Regierung, wenn das Regime in die „Endphase“ komme, könne deren Einsatz auch gegen die Türkei nicht ausgeschlossen werden. Experten halten dies für wenig wahrscheinlich.

Das Mandat umfasst auch den Einsatz von deutschen Soldaten, die bei der Überwachung des türkischen Luftraums mit Awacs-Aufklärungsflugzeugen helfen. Begrenzt ist es zunächst bis Februar 2014. Spekuliert wird darüber, dass die „Patriots“ länger in der Türkei bleiben, um in einem möglichen Konflikt mit dem Iran eingesetzt werden zu können. Die Kosten beziffert die Bundesregierung auf etwa 25 Millionen Euro. Mit der neuen Mission wird die Bundeswehr künftig annähernd 7 000 Soldaten im Ausland haben.

Im Bundestag wurde der Einsatz überwiegend als Ausdruck der Bündnissolidarität mit der Türkei gerechtfertigt. Linksfraktionschef Gregor Gysi nannte Deutschland hingegen eine „Kriegspartei“ im  Syrien-Konflikt. An die Adresse der schwarz-gelben Koalition sagte er: „Sie marschieren mit der Bundeswehr in den Nahen Osten ein.“ Bei den anderen Parteien stieß dies auf wütenden Protest.

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