„Cap-Anamur-Prozess“: Freisprüche für Lebensretter

(07.09.2009/dpa/hg)

Mehr als fünf Jahre nach der Rettung von 37 schiffbrüchigen Afrikanern durch das deutsche Hilfsschiff „Cap Anamur II“ endete am Mittwoch vor einem Gericht in Sizilien der Prozess gegen die drei Angeklagten des Notärztekomitees (1) mit einem Freispruch. Die Urteilsbegründung wird erst in drei Monaten veröffentlicht

Ende 2006 war gegen den ehemaligen „Cap-Anamur“-Vorsitzenden Elias Bierdel, seinen Ex- Kapitän Stefan Schmidt und den Ersten Offizier Vladimir Daschkewitsch Anklage wegen „bandenmäßiger Schleuserei“erhoben worden. Im Falle einer Verurteilung hätten den Männern bis zu vier Jahren Haft gedroht.

Im Sommer 2004 hatten sie mit dem Schiff „Cap Anamur II“ 37 Afrikaner aus einem überfüllten Schlauchboot gerettet, das im Mittelmeer zu sinken drohte.

Erst nach einer dreiwöchigen Irrfahrt durchs Mittelmeer durften die Flüchtlinge in Sizilien an Land gehen. Die italienischen Behörden sagten, die Flüchtlinge hätten in Malta an Land gehen müssen, da sie in maltesischen Gewässern aufgegriffen worden seien. Dann gaben sie jedoch dem Druck der Weltöffentlichkeit nach und nahmen die Afrikaner auf, schoben sie aber schon wenige Tage später ab. Bierdel, Schmidt und Daschkewitsch wiederum wurden festgenommen.

Bierdel zeigte sich mit dem Urteil sehr zufrieden. Er sagte, der Freispruch sei eine „echte Sensation“. Schmidt erklärte:“Dieses Urteil ist wichtig für alle, die Gutes tun.“ Auch die Hilfsorganisation Cap Anamur reagierte mit großer Erleichterung. „Es ist ein wichtiger Tag für die humanitäre Arbeit und ein Erfolg für die Menschlichkeit“, sagt die Vorsitzende Dr. Edith Fischnaller nach dem Urteilsspruch. (2) „Rettung ohne Wenn und Aber in größter Not ist ein unumstößlicher Grundsatz von Cap Anamur. Wir werden da weiter machen, wo immer unsere Hilfe benötigt wird und Leben retten.“

Unterdessen spitzt sich die lebensbedrohliche Situation für Bootsflüchtlinge im Mittelmeer immer weiter zu. Seit Mitte Mai dieses Jahres nimmt Italien Abschiebungen direkt vom Meer aus vor. Menschen, die oft schon tagelang in überfüllten, seeuntüchtigen Fischerbooten unterwegs sind, werden von der Küstenwache oder der Finanzpolizei unmittelbar nach Libyen abgeschoben, ohne vorher einen Fuß auf italienischen Boden zu setzen, geschweige denn Antrag auf Asyl stellen zu können.

Das Flüchtlingshochkommissariat der UN (UNHCR) hat wiederholt scharf kritisiert, dass Italien auf diese Weise gegen die Genfer Flüchtlingskonvention verstoße.

(1) Die Organisation Cap Anamur wurde 1979 von dem Journalisten Rupert Neudeck gegründet. International bekannt wurde sie in den 80er Jahren durch die Rettung von vietnamesischen Flüchtlingen im Südchinesischen Meer.
(2) http://www.cap-anamur.org/index.php4?seite_id=5

Drucken

Drucken

Teilen