China: Gründung der asiatischen Infrastrukturbank wird gefeiert

(29.06.2015/dpa)  

Am Ende waren die Chinesen selbst überrascht vom Erfolg ihrer Asiatischen Infrastrukturbank (AIIB). Nicht einmal zwei Jahre hat es seit dem ersten Vorschlag von Staats- und Parteichef Xi Jinping gebraucht, um das internationale Finanzorgan aufzubauen. Der diplomatische Coup gelang, obwohl die USA anfänglich bei engen Verbündeten wie Großbritannien noch aktiv gegengesteuert hatten. (1) Bei der Zeremonie zur Gründung am Montag in der Großen Halle des Volkes in Peking waren dann aber sogar 57 Länder vertreten. „Besser, man ist dabei, als wenn man nicht dabei ist“, sagt ein Diplomat.

Die USA und ihr asiatischer Verbündeter Japan teilen diese Sicht nicht, und blieben außen vor. Als viertgrößter Anteilseigner will Deutschland eine wichtige Rolle spielen und macht sich auch Hoffnung, dass Frankfurt – und nicht London – als Standort für ein künftiges Regionalbüro in Europa ausgesucht werden könnte.

Deutschland und andere europäische Mitglieder sehen sich selbst als „Garanten“, dass die von China geführte Infrastrukturbank nicht zum Rivalen für Weltbank, Asiatische Entwicklungsbank (ADB) oder Währungsfonds (IWF) wird, sondern eher als sinnvolle Ergänzung operiert. „Wir wollen komplementäre, nicht alternativen Strukturen“, betont ein europäischer Diplomat.

Auch China wolle eine „saubere Bank“, die nach hohen internationalen Standards funktioniere und nicht die Kreditbedingungen der anderen Finanzorgane untergrabe. Das Prestigeprojekt von Präsident Xi Jinping soll aber Lücken schließen und setzt ein asiatisches Gegengewicht zu der von den USA dominierten globalen Finanzordnung mit Weltbank, ADB und IWF. Peking war frustriert, dass all seine Versuche gescheitert waren, mehr Mitsprache zu bekommen. „Als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt und einer der größten Kapitalexporteure nimmt China unweigerlich eine immer wichtigere Rolle in der internationalen Finanzarchitektur ein“, sagt die Finanzexpertin Sandra Heep vom Merics China-Institut.

Dass China einen Teil seines wachsenden Einflusses über eine multilaterale Bank ausüben wolle, werde deswegen von vielen Staaten begrüßt. „Denn Peking gibt ihnen dadurch die Möglichkeit, Einfluss auf die Kriterien der Kreditvergabe zu nehmen.“ Für den Aufbau der Bank holte sich China auch frisch pensionierte Experten der Weltbank und setzt das Management international zusammen.

Es gibt viel zu tun. Infrastrukturinvestitionen sind lange sträflich vernachlässigt worden. ADB-Experten schätzen den Bedarf bis 2020 auf jährlich 750 Milliarden US-Dollar. „Bestehende Entwicklungsbanken wie die Weltbank und ADB können diesen Bedarf alleine nicht decken“, sagt Merics-Expertin Heep. Die AIIB könne einen entscheidenden Beitrag leisten. „Wenn sie es schafft, durch den Ausbau von Straßen, Schienennetzen und Telekom-Netzwerken eine neue Wachstumsdynamik in Asien zu entfachen, wird auch der Rest der Welt davon profitieren.“

China will sich als verantwortungsbewusste Führungsmacht in der Region etablieren. Experten weisen darauf hin, dass sich die Größe der aufstrebenden asiatischen Volkswirtschaften in zwei Jahrzehnten verdoppeln wird und die Ausgaben für Transport rasant steigen müssen. Mit seiner „Infrastruktur-Außenpolitik“, wie es Diplomaten nennen, wolle China zudem seiner eigenen Wirtschaft unter die Arme greifen.

„Allerdings wird China in der AIIB nicht eigenmächtig schalten und walten können“, sagt Merics-Expertin Heep, obwohl China mit gut 26 Prozent praktisch ein Vetorecht hat. „Vielmehr ist Peking dazu gezwungen, sich gemeinsam mit den anderen 56 Gründungsmitgliedern auf tragfähige Standards für die Kreditvergabe zu einigen.“

Wie sinnvoll die neue Bank in der Region eingeschätzt wird, zeigt sich nach Angaben von Diplomaten allein schon daran, dass selbst Indien in das vom Nachbarn China dominierte Vorhaben als zweitgrößter Anteilseigner groß einsteigt.

Anmerkungen
(1) Siehe dazu: http://www.hintergrund.de/201504013483/wirtschaft/wirtschaft-welt/china-treibt-neuordnung-der-weltwirtschaft-voran.html

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