DDR-Atomkraftwerke sind bald Geschichte

(02.04.2013/dpa)

Die Anlage liegt versteckt im Wald und in Seenähe. Das erste Atomkraftwerk der DDR ging 1966 unweit der brandenburgischen Kleinstadt Rheinsberg ans Netz. Planmäßig wurde es im Juni 1990 mit Auslaufen der Genehmigung außer Betrieb genommen. Seitdem läuft der komplizierte Rückbau. „In ein bis zwei Jahren ist alles abgeschlossen und damit etwas früher als erwartet“, sagt Sprecher Jörg Möller.

Auch im Fall des größten DDR-Atommeilers an der Küste des Greifswalder Boddens in Lubmin wurde der letzte Dampferzeuger im Februar ins benachbarte Zwischenlager Nord gebracht. Dort lagern bereits die Reaktoren und alten Brennelemente aus Rheinsberg und Lubmin. In mehr als 20 Jahren konnten Erfahrungen gesammelt werden, die bundesweit und international gefragt seien, sind die Fachleute der Energiewerke Nord (EWN) überzeugt.

Nach der Katastrophe im japanischen Atomkraftwerk Fukushima 2011 hatte die Bundesregierung den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Acht Meiler wurden stillgelegt. Die letzten der neun noch laufenden Atomkraftwerke sollen Ende 2022 vom Netz gehen.

Alle Meiler haben unterschiedliche Ausgangsbedingungen in puncto Baureihe, Reaktortyp oder radiologischer Zustand, sagt der Sprecher des Bundesumweltministeriums, Jürgen Maaß. Derzeit würden mit Betroffenen die Möglichkeiten erörtert, das Stilllegungsverfahren zu beschleunigen.

In Rheinsberg und Lubmin sind noch immer rund 870 Mitarbeiter beschäftigt. Der Rückbau der beiden DDR-Atomkraftwerke wird vom Bund mit 4,2 Milliarden Euro finanziert. Heute müssen die Betreiber Rückbau und Entsorgung selbst bezahlen und ausreichend Vorsorge treffen.

Die Energiewerke Nord rechnen damit, dass die Hauptarbeiten 2015 abgeschlossen sein werden. Rohrleitungen und Kabelbäume müssen in den kommenden Jahren aus den Reaktorgebäuden entfernt werden. Parallel dazu beginnt die Dekontamination der Gebäude. In der großen Rheinsberger Maschinenhalle stehen dutzende gelbe Metalltonnen. Der Weg jedes Teiles sei lückenlos dokumentiert und nachverfolgbar, sagt Möller.

Nach Angaben des Deutschen Atomforums haben die Betreiber rund 30 Milliarden Euro zurückgestellt.  Vollständig abgerissen sind bisher nur die Atomkraftwerke Niederaichbach und Großwelzheim sowie der Versuchsmeiler Kahl in Bayern.

Die Erfahrungen aus Lubmin und Rheinsberg werden auch andernorts genutzt. Die Energiewerke Nord beteiligten sich unter anderem an der Ausschreibung zur Demontage des Atomkraftwerks Obrigheim in Baden-Württemberg, wo sie derzeit das Reaktordruckgefäß zerlegen. Sie waren auch beim Abwracken von mehr als 100 russischen Atom-U-Booten dabei, die vor Murmansk lagen. „Wir wollen uns als Dienstleister des Bundes aufstellen“, sagt Möller. Die Rückbautechnik sei zum Teil selbst entwickelt worden.

Doch was passiert künftig mit dem voll erschlossenen Rheinsberger Gelände, mit seiner modernen Infrastruktur? Der Förderverein Energie und Technologiestandort Rheinsberg versucht, potenzielle Investoren zu gewinnen. Gedacht ist an ein Innovationszentrum für Klimafolgenanpassung. Und in Lubmin, wo einst 8000 Mitarbeiter tätig waren, wird noch um eine Zukunft als Energiestandort gerungen. So gibt es zum Beispiel Pläne für den Bau eines Gaskraftwerks.

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