Doktortitel entzogen: Schavan tritt nicht als Bildungsministerin zurück

(06.02.2013/dpa)

Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) will nicht zurücktreten. Sie werde gegen den Entzug ihres Doktortitels durch die Uni Düsseldorf juristisch vorgehen, sagte sie am Mittwochmorgen in Johannesburg. Schavan befindet sich derzeit auf einer fünftägigen Südafrikareise.

Die Universität Düsseldorf hatte Schavan am Dienstag nach neun Monaten Prüfung wegen „vorsätzlicher Täuschung“ in ihrer Promotionsarbeit den vor 33 Jahren erworbenen Doktortitel mit deutlicher Mehrheit entzogen. Im zuständigen Fakultätsrat hatten 12 von 15 stimmberechtigten Mitgliedern für die Aberkennung des Titels votiert. Es gab zwei Nein-Stimmen und eine Enthaltung. Das Gremium sah es als erwiesen an, „dass die damalige Doktorandin systematisch und vorsätzlich über die gesamte Dissertation verteilt gedankliche Leistungen vorgab, die sie in Wirklichkeit nicht selbst erbracht hatte“.

Nach der Entscheidung der Uni Düsseldorf steigt der Druck auf Schavan, als Bundesbildungsministerin zurückzutreten. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte der Welt: „Frau Schavan ist als Wissenschaftsministerin nicht mehr glaubwürdig. Sie muss daraus ihre Konsequenzen ziehen. Die Maßstäbe müssen für alle gelten – ohne Ansehen der Person.“ Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sagte dem Tagesspiegel (Mittwoch), eine Wissenschaftsministerin, der eine grobe Missachtung wissenschaftlicher Regeln nachgewiesen wurde, sei nicht länger tragbar. „Ich gehe davon aus, dass Frau Schavan sich und der Wissenschaft die Verlängerung dieser Affäre erspart und ihren Rücktritt erklärt.“

Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Ernst Dieter Rossmann, erklärte, Schavan könne nicht mehr glaubwürdig und überzeugend die hohen Ansprüche von Wissenschaft und Forschung in Deutschland vertreten. „Nach diesem Votum der Universität Düsseldorf kann Frau Schavan nicht mehr Ministerin sein. Sie muss jetzt selbst die Konsequenzen ziehen oder Frau Merkel muss das für sie tun.“ Die forschungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Petra Sitte, forderte Schavan auf, den Schaden für ihr Amt zu begrenzen: „Ihre Handlungsfähigkeit in ihrem Amt wäre nach der Aberkennung des Doktorgrades und damit auch ihres ersten Studienabschlusses kaum noch gegeben. Ein Rücktritt ist aus meiner Sicht wohl nicht vermeidbar.“

Der politische Geschäftsführer der Piratenpartei, Johannes Ponader, sagte ebenfalls: „Der Rücktritt von Frau Schavan ist überfällig.“ Die Grundlage von aufrichtiger Politik sei Glaubwürdigkeit. „Diese Glaubwürdigkeit kann Frau Schavan nicht länger verkörpern.“

Unionsfraktionsvize Michael Kretschmer hatte dagegen unmittelbar nach der Entscheidung das Vorgehen der Uni Düsseldorf als „Farce“ und „unfaires Verfahren“ bezeichnet. „Das Procedere ist keine wissenschaftliche Überprüfung, sondern eine politisch motivierte Kampagne gegen eine sehr erfolgreiche Bundesforschungsministerin“, sagte der CDU-Politiker.

Unterstützung erhielt Schavan auch von der Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Cornelia Pieper. Sie könne verstehen, dass Schavan gegen den Entzug des Doktortitels klagt, sagte die FDP-Politikerin der Mitteldeutschen Zeitung (Mittwoch). „Im Übrigen ist sie nicht Ministerin wegen ihres Doktortitels, sondern weil sie den Job gut macht.“

Schavan hatte schon am Vorabend über ihre Anwälte erklären lassen, sie werde gegen die Entscheidung klagen. Sie hat für ihre Klage vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf einen Monat Zeit. Der Prozess könnte sich über Monate hinziehen und durch weitere Instanzen gehen. Die Uni-Entscheidung ist somit noch nicht rechtskräftig.

Schavan ist nach dem ehemaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) das zweite Regierungsmitglied im Kabinett Merkel, dem wegen Plagiatsvorwürfen der Doktorgrad entzogen wird.

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