Dominique Strauss-Kahn tritt zurück. Streit um Nachfolge im IWF

(19.05.2011/dpa)

Nur kurz nachdem der in New York inhaftierte Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) wegen der gegen ihn erhobenen Vergewaltigungs-Vorwürfe seinen Rücktritt erklärt hat, tobt schon der Streit um seine Nachfolge zwischen europäischen Staaten und sogenannten Schwellenländern.

Der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler hat sich für Ex-Bundesbankchef Axel Weber ausgesprochen. „Axel Weber wäre als ‚Falke’ in dieser schwierigen Zeit der richtige Kandidat“, sagte das FDP-Bundesvorstandsmitglied am Donnerstag Handelsblatt Online. „Geradlinig, ordnungspolitisch sauber und international anerkannt, wäre er ein Glücksfall für dieses wichtige Amt.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte, dass erneut ein Europäer den Vorsitz beim Währungsfonds übernehmen sollte. „Ich vertrete die Meinung, dass wir einen europäischen Kandidaten vorschlagen sollten“, sagte Merkel in Berlin. Zu möglichen Kandidaten äußerte sie sich nicht. Dazu werde es Gespräche in der Europäischen Union geben.

Merkel begründete den europäischen Anspruch unter anderem mit den anhaltenden Problemen in der Euro-Zone. Außerdem sei der Franzose Strauss-Kahn vor Ablauf seiner regulären Amtszeit zurückgetreten. Möglicherweise seien die Schwellenländer für dieses Argument zugänglich.

Allerdings pochen aufstrebende Volkswirtschaften wie China, Indien und Brasilien darauf, dass erstmals ein Vertreter eines Schwellenlandes die Führung des IWF übernimmt. Seit der IWF-Reform im vergangenen Herbst haben Schwellenländer aufgrund ihres gestiegenen Gewichts in der Weltwirtschaft mehr Einfluss beim Währungsfonds.

Die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums in Peking sagte mit Blick auf den IWF-Chefposten, es sollten die Grundsätze der „Gerechtigkeit, Transparenz und Leistung“ gelten. „Grundsätzlich glauben wir, dass die Schwellen- und Entwicklungsländer in den Spitzenpositionen vertreten sein sollten.“

Ein möglicher Nachfolger für Strauss-Kahn muss nach Worten von Brasiliens Finanzminister Guido Mantega nicht zwingend ein Europäer sein. „Die Zeit ist längst vorbei, in der es auch nur entfernt hätte angemessen sein können, diesen wichtigen Posten für einen Europäer zu reservieren“, schrieb Mantega in einem Brief an seine Amtskollegen der Gruppe der 20 wichtigsten Schwellen- und Industrieländer (G20).

Falls die Europäer dennoch zum Zuge kommen sollten, gilt derzeit die französische Finanzministerin Christine Lagarde als aussichtsreichste Kandidatin. Seit Jahrzehnten gibt es eine Machtteilung zwischen Europäern und US-Amerikanern: Der Chef des IWF kommt aus Europa, die Weltbank-Spitze wird von einem US-Amerikaner besetzt.

Offensichtlich sah sich Strauss-Kahn zum Rücktritt gezwungen, nachdem die USA als wichtigstes IWF-Geberland offen eine Übergangsregelung an der Spitze der mächtigen Finanzorganisation gefordert hatten. Strauss-Kahn sei „offensichtlich nicht in der Lage“ den Währungsfonds zu lenken, sagte US-Finanzminister Timothy Geithner.

Der IWF teilte  mit, dass Strauss-Kahns-Vize John Lipsky die Geschäfte des Fonds führen wird, bis ein neuer Direktor ernannt ist.

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