EU-Bankenrettung: Zypern erhält zehn Milliarden Euro

(16.03.2013/dpa/hg)

Zur Rettung Zyperns vor der drohenden Staatspleite werden in einem beispiellosen Schritt auch Bankkunden kräftig zur Kasse gebeten. Bei Einlagen unter 100 000 Euro wird eine Abgabe von 6,75 Prozent fällig, bei höheren Summen sind es 9,9 Prozent. Das soll geschätzte 5,8 Milliarden Euro einbringen, kündigte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem nach der Einigung der Finanzminister auf das Hilfspaket am Samstagmorgen in Brüssel an.

„Wir haben die Lastenverteilung sehr sorgfältig geprüft“, versicherte der Niederländer. „Wir bestrafen Zypern nicht.“ Das Hilfspaket soll ein Volumen von bis zu zehn Milliarden Euro haben. Der Mittelmeerinsel droht ohne die Unterstützung der Euroländer und des Internationalen Währungsfonds (IWF) die Staatspleite. „Die Eurogruppe hat ihre Mission erfüllt“, verkündete der französische Ressortchef Pierre Moscovici beim Online-Dienst Twitter.

Die Geldgeber griffen ein, obwohl das Land nur 0,2 Prozent zur Wirtschaftsleistung der Eurozone beiträgt. „Zypern ist systemrelevant für die Eurozone“, resümierte EU-Währungskommissar Olli Rehn. Dies bedeutet, dass eine Staatspleite die gesamte Eurozone gefährden würde. Der Deutsche Bundestag und mehrere andere nationale Parlamente müssen dem Hilfspaket noch zustimmen. Der Bundestag sollte noch am Samstag unterrichtet werden. Das Paket soll in der zweiten April-Hälfte endgültig unter Dach und Fach gebracht werden.

Die einmalig Belastung der Bankkunden sei als außerordentliche Maßnahme nötig, weil das zyprische Banksystem gemessen an der gesamten Wirtschaft überdimensioniert sei, hieß es. Die Abgabe soll sowohl für in Zypern ansässige als auch für ausländische Bankkunden gelten. Sie können der sogenannten Solidaritätsabgabe nicht mehr entgehen: Der fällige Betrag werde ab sofort auf den Konten eingefroren, sagte EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen nach rund zehnstündigen Marathonverhandlungen.

„Bevor die Banken wieder öffnen, wird die Abgabe abgezogen. Der Rest des Geldes ist frei verfügbar“, sagte Asmussen. Verantwortlich für das Verfahren seien die Zyprer. Ein solches Vorgehen drohe in anderen Krisenländern des Kontinents nicht.

Zyperns Finanzminister Michalis Sarris sprach ohne konkrete Details die Möglichkeit eines Umtauschs der Gebühr in Aktien der betroffenen Institute an. Als Finanzminister sei er nicht glücklich über die Gebühr. „Aber die Aufgabe, den Wohlstand der Menschen und die Stabilität des Systems zu schützen, ließ uns keine andere Wahl.“

Rund ein Drittel der Einlagen in Zypern sind in der Hand ausländischer Kontoinhaber – vor allem reicher Russen und Briten. Seit längerem halten sich Vorwürfe, Zypern locke mit niedrigen Firmensteuern und einer lockeren Finanzaufsicht Schwarzgeld an. Zypern bestreitet dies. Die Mittelmeerinsel ist zweitgrößter Auslandsinvestor in Russland.

Zypern ist nach Griechenland, Portugal und Irland das vierte Land, das ein Vollprogramm aus dem europäischen Rettungsschirm bekommt. Spanien erhält Milliardenhilfen nur für seine maroden Banken.

Die von einer schweren Bankenkrise erschütterte Mittelmeerinsel hatte schon im vergangenen Juni ein Hilfsgesuch in Brüssel vorgelegt. Bis vor kurzem war ein Volumen von rund 17,5 Milliarden Euro genannt worden. Mit welchem Volumen sich der IWF beteiligt, ist noch offen, sagte die Chefin des Fonds, Christine Lagarde. Nach unbestätigten Informationen könnte es um eine Milliarde Euro gehen.

Drucken

Drucken

Teilen