EU beschließt Kennzeichnungspflicht für israelische Siedlerprodukte

(11.11.2015/dpa)

Die EU-Kommission hat gegen den Widerstand Israels eine Kennzeichnungspflicht für sogenannte Siedlerprodukte beschlossen. Verbraucher können damit künftig entscheiden, ob sie Obst, Gemüse und Kosmetika aus den illegalen jüdischen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten kaufen wollen. Für andere Produkte bleibt die Kennzeichnung freiwillig. In der Kommission wurde betont, dass mit der am Mittwoch getroffenen Entscheidung nur bestehendes Recht umgesetzt werde – die auf besetztem Territorium errichteten jüdischen Siedlungen verstoßen gegen das Völkerrecht.

Israels Regierung kritisierte die Kennzeichnungspflicht scharf. Der EU-Botschafter sei einberufen worden, teilte ein Sprecher des Außenministeriums am Mittwoch in Jerusalem mit. „Wir bedauern, dass die Europäische Union aus politischen Beweggründen so einen extremen und diskriminierenden Schritt unternimmt, der einem Boykott ähnelt“, sagte der Sprecher. „Und dies ausgerechnet zu einer Zeit, in der Israel einer Terrorwelle ausgesetzt ist, die gegen alle seine Bürger gerichtet ist.“

Das israelische Außenministerium sprach von einem „merkwürdigen und empörenden Schritt“, der eine Doppelmoral der Europäischen Union aufdecke: „Warum beschließt die Europäische Union diese Maßnahme ausgerechnet gegen Israel, während sie 200 andere territoriale Konflikte auf der Welt ignoriert?“

Die Kennzeichnung von Siedlerprodukten werde dem Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern nicht dienen, meinte der Ministeriumssprecher. Die Entscheidung werfe auch Fragen darüber auf, welche Rolle die EU künftig in der Region spielen wolle und könne „Konsequenzen“ hinsichtlich der Beziehungen zwischen Israel und der EU haben.

Der frühere rechtsradikale israelische Außenminister Avigdor Lieberman verstieg sich gar zu dem Vergleich, die geplante Vorschrift erinnere an den gelben Stern, den Juden zur Zwangskennzeichnung während der Nazizeit  tragen mussten.

Auch der Präsident der israelisch-palästinensischen Handelskammer kritisierte die neuen EU-Richtlinien als kontraproduktiv. „Ich glaube nicht, dass es größere Auswirkungen auf die israelische Wirtschaft haben wird“, sagte David Simcha am Mittwoch. Der Export aus den Siedlungen stelle nur einen winzigen Bruchteil des israelischen Exportvolumens dar.

Die 2008 gegründete Handelskammer ist eine Nichtregierungsorganisation, die sich für eine Förderung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Israel und der Palästinenserbehörde einsetzt.

Die EU-Entscheidung werde sich eher negativ auf die palästinensische Wirtschaft auswirken, sagte Simcha. „Tausende von Palästinensern arbeiten in den Unternehmen in den israelischen Siedlungen, und wenn es keine Aufträge mehr gibt, dann werden sie gefeuert, das wäre schade.“

Die Entscheidung der Europäischen Union spiele vor allem Extremisten auf beiden Seiten in die Hände, meint er. Europa hätte die Energie lieber darin investieren sollen, eine Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen zu bewirken, sagte Simcha. „Stattdessen werden wir jetzt kostbare Zeit verlieren, weil alle sich mit diesen Kleinigkeiten beschäftigen.“

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